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0154 - Der Schädelberg

0154 - Der Schädelberg

Titel: 0154 - Der Schädelberg
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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mehr darüber, und Zamorra spürte erneut den Zorn über diesen Kollegen, der falsches Spiel mit ihm trieb.
    Zögernd ging er auf das Stadttor zu. Der Wind bewegte leicht die schweren Flügel. Es knarrte leise in den Angeln.
    Zamorra überwand sein Zaudern, beschleunigte seinen Schritt. Ja, die Stadt lockte, aber wohin sollte er sich auch sonst wenden? Auf der anderen Seite gab es nur karges Land. Bis zur Horizontlinie über den aufragenden Bergen!
    Zamorra brauchte Informationen. Es hatte keinen Zweck, wenn er sich auf den Boden hockte und über die Dinge nachgrübelte. Als ein Mann der Tat mußte er sich erweisen.
    Das Tor war erreicht. Der Meister des Übersinnlichen orientierte sich. Hinter dem Tor begann eine breite Prachtstraße, gesäumt von buntbemalten Häusern. Spitze Giebel und verspielte Verzierungen waren vorherrschend. Die Straße war gepflastert. Alles wirkte nahezu perfekt, wenn es auch nicht Zamorras Geschmack entsprach. Von einem solchen Baustil hatte er jedenfalls noch nie etwas gehört.
    Was war das für eine Stadt? Was für eine Rolle spielte sie einst? War sie denn schon immer Bestandteil jener Dimension?
    Zamorra unterbrach seine fruchtlosen Gedankengänge und trat ein. Die Torflügel schwangen hin und her. Zamorra fürchtete, daß sie sich hinter ihm schlossen. Dann war er ein Gefangener.
    Doch er wollte das Risiko eingehen und schritt weiter.
    Am Ende der Prachtstraße öffnete sich ein weiter Platz, der von einem mächtigen Gebäude beherrscht wurde. Protzig und irgendwie deplaciert stand es da. Eine Art Kirche oder der Stadtpalast?
    Ein Schrei wehte zu Zamorra herüber, ließ ihn zusammenzucken. Sein Kopf flog herum.
    Dann entspannte sich seine Haltung wieder. Nein, auch das war nur der Wind gewesen.
    »Meine Nerven sind auch nicht mehr die besten!« murmelte er halblaut vor sich hin. Seine Worte wurden vom Wind davongetragen und erzeugten ein verwehendes Echo.
    Zamorra blickte an sich hinab. Zum ersten Mal seit seinem Hierseîn. Er erschrak nicht, als er die leichte Lederrüstung sah, die er anhatte. Der Schlafanzug war verschwunden. Sein neuerlicher Aufzug bewies ihm, daß es Dufay gelungen war, ihn vollends dieser Welt anzupassen.
    Nur das Schwert fehlte. Zamorra war unbewaffnet.
    Die Ledersandalen patschten über das Pflaster. Zamorra ging mitten auf der Straße. Er sah keine Notwendigkeit, sich nach Sichtschutz umzusehen. Sichtschutz gegen wen denn?
    Die Hälfte der Strecke zum Palast hatte er geschafft, als ein Schatten auf ihn niederfiel. Abrupt blieb er stehen und legte den Kopf in den Nacken.
    Eine dunkle Wolke zog über die Stadt. Sie schien das allgegenwärtige Licht in sich aufzusaugen.
    Jetzt schwebte sie direkt über Zamorra, zog weiter, entschwand seinem Blickfeld. Alles war wieder wie zuvor.
    Wie zuvor? Nein, es war kühler geworden, und das Licht hatte an Intensität verloren.
    Zamorra schauderte es. Er setzte sich wieder in Bewegung - diesmal unwillkürlich schneller ausschreitend.
    Sein Ziel war der Palast, nach wie vor. Er wußte nicht, warum er diesen Weg nahm. Er erschien ihm nicht besser und nicht schlechter als jeder andere.
    Der weite Platz. Die ganze Stadt wirkte penibel sauber. Hier wohnte kein Mensch. Die Häuser waren leer.
    Zamorra eilte auf das riesige Portal des Palastes zu. Das protzige Gebäude wirkte erdrückend.
    Er griff nach den eisernen Türgriffen. Sie waren reichverziert mit unbekannten Motiven. Überhaupt wirkten die Verschnörkelungen, die Zamorra bisher gesehen hatte, willkürlich. Sie bedeuteten nichts. Das Portal ließ sich nicht öffnen.
    In diesem Augenblick krachte es hinter ihm laut.
    Das Stadttor! durchzuckte es ihn. Er fuhr herum.
    Ja, das Tor war geschlossen, und davor stand eine Gestalt: breitbeinig und drohend, mit erhobenem Schwert.
    »Zamorra!«
    Trotz der Entfernung erkannte Professor Zamorra den anderen sofort…
    ***
    Mit fahrigen Bewegungen öffnete Dufay den Kragen, als wäre ihm auf einmal heiß geworden. Er keuchte.
    »Du bist ein Narr, Zamorra«, murmelte er halblaut vor sich hin, »wenn du glaubst, daß ich hier alles wirklich im Griff habe. Zwar gelang es mir, Macht über dich zu bekommen, aber die Geister, die ich geweckt habe, beginnen zu rebellieren.«
    Mehr sagte er nicht. Er schnappte nach Luft. Ächzend stemmte er sich aus dem Sessel.
    Josquin Dufay war ein drahtiger Mittvierziger, groß, schlank. Kurzatmigkeit war ihm normalerweise fremd, doch jetzt hatte er das Gefühl, eine Hand würge ihn.
    Ein feiner Schleier
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