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0154 - Der Schädelberg

0154 - Der Schädelberg

Titel: 0154 - Der Schädelberg
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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gekommen war.
    Professor Zamorra wandte den Blick.
    Gor! Er hatte die Bergspitze erreicht, hockte sich oben hin, kämpfte gegen die Skelette, die von allen Seiten herankrochen. Wie ein Berserker gebrauchte er das Schwert, unermüdlich, mit purem Vernichtungswillen. Aber wo er zwei Skelette zerschmetterte, drängten drei neue nach. Die Übermacht war zu groß.
    Zamorra war unfähig, den Blick von dem grausigen Schauspiel zu lösen.
    Er wußte, daß Gor zum Scheitern verurteilt war. Schon erlahmten seine Kräfte. Auch ein Superkämpfer wie er war einmal am Ende, und dieses Ende nahte mit Riesenschritten. Dick perlte der Schweiß auf der Stirn des barbarischen Hünen. Sein schwarzes, langes Haar wehte. Ein unglaubliches Bild. Der ganze muskelbepackte Körper überzog sich mit einem glänzenden Schweißfilm.
    Knochenschädel bissen sich an seinen Beinen fest.
    Gor konnte sich nicht mehr halten, kippte rücklings von der Spitze. Wie eine Sturmflut quollen die unheimlichen Knochenwesen über ihn hinweg, bedeckten ihn völlig.
    Schaudernd wandte sich Zamorra ab. Gor erlitt das Schicksal, das ihm beinahe zuteil geworden wäre.
    Aber er hätte sich nicht abzuwenden brauchen. Das Tor zur Dimension des Grauens fiel in sich zusammen, machte dem normalen Fenster Platz.
    »Warum?« murmelte Professor Zamorra mit heiserer Stimme.
    Josquin Dufay erwachte wie aus einem Traum. Er blinzelte, schien Zamorra jetzt erst zu erkennen.
    »Es tut mir leid, aber…«
    »Es tut Ihnen leid!« höhnte Zamorra. »Das hat mir gerade noch gefehlt!«
    Dufay deutete auf die Sitzgruppe.
    »Vielleicht sollten wir…«
    Abermals wurde er von Zamorra unterbrochen. Der Professor fuhr ihn an: »Sie haben mich in eine Falle gelockt, Dufay! Das ganze Schauspiel…«
    Dufay schüttelte den Kopf. Er schlug die Augen nieder.
    »Schauspiel? Nein, Professor Zamorra, das ist bitterer Ernst, entsetzliche Wirklichkeit!«
    Mit schweren Schritten ging er zu einem der Sessel, ließ sich niedersinken.
    Zamorra blickte ihm nach, sah zu, wie Dufay sein Pfeifenset zückte und mit ruhigen Händen eine Pfeife stopfte.
    Zamorra kehrte sich ab, ging auf das Bett zu. Der grünliche Schein war erloschen. Er betrachtete seinen eigenen Körper. Die Augen waren geschlossen, das Gesicht entspannt. Wie bei einem Schläfer.
    Der Meister des Übersinnlichen streckte die Hände aus, wollte den Körper berühren, stieß jedoch gegen eine unsichtbare Wand. Er vermochte sie nicht zu durchdringen.
    »Lassen Sie es sein, Professor!« riet Dufay mit tonloser Stimme. »Es hat keinen Zweck.«
    Zamorra wirbelte um die eigene Achse.
    »Also gut, Dufay, es sieht so aus, als hätten Sie mich in der Hand. Aber was bezwecken Sie mit der ganzen Inszenierung?«
    »Moment, Professor, ich muß zunächst etwas klarstellen: Es geht hier keineswegs um Ihre Person. Sie sind nur ein kleines Rädchen im Getriebe, wenn auch entscheidend.«
    Zamorra trat zum Tisch, angelte sich eine Sitzgelegenheit.
    »Es wäre angenehm, wenn Sie nicht so in Rätseln sprechen würden.«
    »Geduld, Professor Zamorra!«
    Der Professor setzte sich Dufay gegenüber, musterte ihn.
    »Wie lange kennen wir uns schon?«
    Dufay zuckte die Achseln. »Haben wir uns nicht vor Jahren auf einem Kongreß kennengelernt?«
    »Ja, damals fand ich Sie sympathisch und als Wissenschaftler brillant. Im Moment jedoch wünsche ich Sie zum Teufel.«
    Dufay lächelte verzerrt.
    »Das wird sich kaum ändern lassen, Zamorra. Es ist nun mal, wie es ist.«
    »Haben Sie mich aus jener Dimension zurückgerufen, um mir den Sachverhalt zu erklären?«
    »Nein, es war nur beabsichtigt, Sie mit der Situation zu konfrontieren - und zwar hautnah. Das ist geschehen. Jetzt müssen wir abwarten. Wir haben jede Menge Zeit. Versuchen Sie bitte nicht, das Zimmer zu verlassen. Es wird sich nicht machen lassen. Und greifen Sie mich nicht an. Sie verlieren unnötig Energie und kommen zu keinem Ziel. Der Hotelier ist ein guter Freund von mir. Ich hatte reichlich Gelegenheit, das Zimmer zu präparieren. Durch die Wechselwirkung zwischen Zartas und dem Diesseits entsteht ein zeitlicher Versatz. Meine Berechnungen sind in dieser Beziehung leider ein wenig unvollständig. Es kann sein, daß wir eine Woche hier sind, ohne daß draußen eine Stunde vergangen ist.. Das ist der Extremfall. Nun…«, er zuckte mit den Achseln, »wir werden es irgendwann feststellen.«
    Zamorra bemühte sich, die Fassung nicht zu verlieren. Er lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.
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