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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger
Autoren: Friedrich Tenkrat
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harte Schnabel verfehlte mich nur um Haaresbreite.
    Ich stieß meinen Dolch nach oben und nahm dem gefährlichen Angreifer damit sein schwarzes Leben.
    Alle getöteten Raubvögel lösten sich innerhalb kürzester Zeit auf.
    Unser Erfolg machte uns frech.
    Jetzt verteidigten wir uns nicht mehr, sondern gingen unsererseits zum Angriff über.
    Unsere Unerschrockenheit machte die Geier konfus. Ihr Aussehen veränderte sich. Sie bestanden auf einmal nur noch aus Knochen. In der Gestalt waren sie mir schon einmal begegnet.
    Es gelang uns, sie weit zurückzuschlagen. Da wir es geschafft hatten, sie arg zu dezimieren, verzichteten sie auf eine Fortsetzung des Kampfes.
    Jedenfalls wollten sie uns nicht mehr in der Gestalt von Raubvögeln attackieren.
    Einer nach dem andern landete auf dem Kesselboden und nahm menschliche Gestalt an. Vielleicht rechneten sie damit, daß wir Skrupel haben würden, einen menschlichen Gegner mit derselben Härte zu bekämpfen wie einen Raubvogel, und mit dieser Überlegung hatten sie nicht unrecht.
    Es ist leichter, einen Teufelsgeier zu vernichten, als einen Gegner, der wie ein Mensch aussieht.
    Nachdem der letzte Geier gelandet war, hatten wir acht Inder und zwei Europäer vor uns.
    Der eine war William van Dyke.
    Und der andere – ich traute meinen Augen nicht – George McKammit. Ich brauchte mich nicht zu fragen, wie er hierher kam.
    Ich konnte es mir denken.
    Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. McKammit war von den Knochengeiern verletzt worden. Bei dieser Gelegenheit war ihm der Keim des Bösen ins Blut geraten.
    Ich hätte versuchen müssen, etwas dagegen zu unternehmen. Ich hätte seinen Körper reinigen müssen.
    Statt dessen hatte ich mich darauf beschränkt, ihm die Wunden zu verbinden. Sein Anblick war ein schmerzhafter Tiefschlag für mich, denn er erinnerte mich an einen schwerwiegenden Fehler, den ich nicht hätte begehen dürfen.
    Jetzt konnte ich für McKammit nichts mehr tun. Er war nicht mehr zu retten. Wenn ein Mensch einmal der Metamorphose fähig ist, ist er für das Gute verloren.
    McKammit war nur noch eine menschliche Hülle, ausgefüllt bis unter die Haut mit der Kraft des Bösen.
    Ich konnte nur noch eines für ihn tun: ihn erlösen…
    ***
    »Sei uns willkommen im Kessel des Todes, John Sinclair!« höhnte der Bärtige.
    Ich hielt hartnäckig seinem Blick stand.
    »Du wirst hier sterben!« kündigte mir McKammit an. »Ich werde derjenige sein, der dir den Hals umdreht!«
    Der Seemann trat vor.
    »Vorsicht, Sinclair!« raunte mir McClure zu.
    »Legst du Wert auf einen fairen Zweikampf, Sinclair?« fragte George McKammit.
    Ich hätte beinahe laut gelacht. Bei Dämonen und Höllengünstlingen existierte das Wort fair nämlich nicht.
    Diese Mistkerle kämpfen mit allen Tricks. Keine Finte ist ihnen zu schäbig. Es war ein Witz, wenn McKammit mir einen fairen Kampf anbot.
    »Okay«, ging ich dennoch zum Schein auf sein Angebot ein.
    »Tragen wir beide die Sache aus.«
    »Dann leg den Dolch weg.«
    »Einverstanden.« McClure zog die Luft erschrocken ein. »Sinclair, das dürfen Sie nicht tun!«
    »Lassen Sie mich nur machen«, sagte ich und drückte dem Ritualforscher meinen Dolch in die Hand. Leise raunte ich ihm zu:
    »Passen Sie auf, McClure, wenn ich Ihren Namen rufe, werfen Sie mir den Dolch zu, verstanden?«
    »Ja, aber…«
    »Sie tun, was ich von Ihnen verlange!« sagte ich eindringlich. »Na schön.«
    »He, was gibt es denn zu flüstern?« wollte McKammit wissen.
    Ich wandte mich ihm kalt lächelnd zu. »Angenommen, es gelingt mir, dich zu besiegen, McKammit. Fallen dann deine neuen Freunde über mich her?«
    Der Bärtige schüttelte den Kopf. »Du wirst nicht siegen, Sinclair. Sollte wider Erwarten aber doch ein solches Wunder geschehen, dann darfst du mich töten. Und du darfst mit McClure das Höhlenkloster der schwarzen Sekte ungehindert verlassen.«
    »Diese Zusage soll mir Malagu persönlich geben!« verlangte ich.
    »Malagu wird dazu stehen«, behauptete George McKammit und machte zwei weitere Schritte vor. Ich ging auf ihn zu. Kalter Dampf stieg aus seinen Poren. Ein unangenehmes Gefühl beschlich mich in seiner Nähe. Er war nicht mehr mit menschlichen Maßstäben zu messen, war jetzt wesentlich kräftiger als ich. Aber ich war zuversichtlich, ihn überlisten zu können. McKammit ging in Kampfstellung. Ich folgte seinem Beispiel. Er lauerte auf seine Chance. Langsam bewegte er sich im Kreis. Auch ich schritt den Kreis ab, ohne meinen Gegner auch nur
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