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Engelslust

Engelslust

Titel: Engelslust
Autoren: Inka Loreen Minden
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Cain spürte mit jeder Faser seines Seins, dass alle Welten – die der Menschen, die mythische und selbst die himmlischen Sphären – in ewige Verdammnis stürzen würden, wenn er versagte. Versklavung wäre die Folge. Das Böse hätte gewonnen. Das Gleichgewicht der Mächte wäre für immer zerstört. Das Universum würde unwiderruflich ins Chaos stürzen.
    Das musste nicht passieren, aber ihre Organisation war sich diesbezüglich ziemlich sicher. Was sollte jemand sonst mit dem mächtigsten Artefakt, das je erschaffen wurde, anfangen wollen?
    Cains Puls raste immer noch, doch nach außen hin bemühte er sich, ruhig zu wirken. In Wahrheit war er schon lange nicht mehr so aufgeregt gewesen. Einen derart brisanten Fall hatte er in seiner ganzen Existenz als Mitglied des Sonderkommandos noch nie gehabt.
    »Ich glauben nicht, dass gewöhnliche Dieb«, sagte Mr Fang Cheng, der Cain zeigte, wo er die Phiolen mit Drachenblut versteckte.
    Cain befand sich mit dem alten Chinesen im Keller von dessen New Yorker Laden und kletterte gerade durch einen Schrank. Hier war alles staubig, doch das störte ihn nicht. Es gehörte nun mal zu seinem Job, sich nicht nur die Hände schmutzig zu machen. Er kam gerade aus den kanadischen Wäldern; Tannennadeln klebten an seinem weißen T-Shirt, der dunklen Cargohose und in seinem zerzausten schwarzen Haar.
    Die Rückseite des Schrankes verbarg eine Geheimtür – wie ihm der Chinese mitteilte –, hinter der ein weiterer unbeleuchteter Raum lag. Darin roch es nach Erde, aber er war trocken und frei von Ratten.
    Mr Fang blieb auf seinen Gehstock gestützt vor dem Schrank stehen und richtete mit der anderen Hand den Strahl einer Taschenlampe an Cain vorbei auf ein Holzregal. »Es fehlen nur eine Flasche. Warum Dieb nicht alle mitgenommen?«
    Das fragte sich Cain allerdings auch, denn Drachenblut war äußerst selten und sehr begehrt – im 21. Jahrhundert natürlich noch mehr als im Mittelalter, da Drachen beinahe ausgestorben waren. Die Flüssigkeit brachte auf dem Schwarzmarkt Millionen ein. Zudem waren keine Spuren eines gewaltsamen Einbruchs zu erkennen. Entweder hatte der Dieb gewusst, wo er suchen musste, oder es war Magie im Spiel gewesen.
    »Wem ist noch bekannt, dass Sie hier wertvolle, magische Zutaten aufbewahren, Mr Fang?«, fragte Cain, wobei er sich durch das schwarze Haar fuhr. Der alte Mann arbeitete schon seit Jahren eng mit ihnen zusammen; er galt als absolut vertrauenswürdig.
    Der Chinese runzelte die faltige Stirn, auf der im matten Schein der Kellerbeleuchtung Schweißtropfen glänzten. Er zeigte seine wahren Emotionen genauso wenig offen wie Cain. »Außer Ihrer Organisation?«
    Cain nickte.
    »Niemand.«
    Der Alte sagte die Wahrheit – das spürte Cain. Mr Fang verkaufte das Drachenblut nur an Magier oder Mediziner, die gemeinsam mit ihnen gegen das Böse arbeiteten. Sie nutzten diese Mittel, um Gutes zu tun und Menschen zu heilen, die mit Dämonenmagie vergiftet wurden. Aber das gestohlene Fläschchen wurde dazu missbraucht, ein uraltes, magisches Artefakt zu aktivieren. Das Hauptquartier ihrer Organisation, der Excelsior Corporation, hatte vor drei Stunden, um Punkt 23 Uhr, die höchste Alarmstufe ausgerufen, als ihre Satelliten in einem entlegenen Waldteil Kanadas einen extrem erhöhten Energiewert aufgefangen hatten. Nur ein magisches Artefakt sendete derart intensive Energiesignaturen aus, wenn es aktiviert wurde: der Kelch!
    Vor vielen Jahrhunderten von Merlin erschaffen, weil er den Heiligen Gral nachbilden wollte – was leider völlig misslang –, hatte das Gefäß bis jetzt gut versteckt die Zeiten überdauert. Nur ganz wenige Eingeweihte des Hohen Rates der Engel wussten, wo sich das weltweit gefährlichste Artefakt befand, mit dem quasi jeder Zauber gewirkt werden konnte. Doch jemand hatte es aufgespürt, so unglaublich das klang, und benutzte es nun für seine Zwecke.
    Als Cain in der kanadischen Wildnis eingetroffen war, hatte er niemanden mehr dort vorgefunden. Aber vielleicht bekam er hier in Chinatown einen Hinweis auf den Dieb. Irgendjemand musste doch etwas bemerkt haben!
    »Wurde sonst noch etwas entwendet, Mr Fang?«, rief Cain durch den Schrank.
    »Lassen Sie mich sehen.« Mr Fang reichte Cain einen Schlüssel, den er an einer Kette um den Hals trug. »Für die Luke im Boden. Ich mich schwer tun mit Öffnen. Dort nur Zutaten, die ich nicht verkaufe. Sollten auch längst nicht mehr hier sein.«
    Cain trat ein Stück zur Seite und drehte den
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