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0045 - Die Werwölfe von Wien

0045 - Die Werwölfe von Wien

Titel: 0045 - Die Werwölfe von Wien
Autoren: Friedrich Tenkrat
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allem verhindern, daß das Monster Golo Diess tötete. Aber würde mir das auch gelingen?
    Ich rannte um einen Tabakkiosk herum. Weder Diess noch der Wolf waren zu sehen. Ich hörte nur ihre hastigen Schritte.
    Und noch jemandes Schritte vernahm ich in diesem Augenblick. Irritiert blickte ich nach links. Von da kam Suko auf mich zu.
    Ich schaute ihn erstaunt an, wartete auf ihn. Als er mich erreicht hatte, fragte ich: »Was machst du hier? Wieso bist du nicht mehr bei von Klipstein?«
    »Der braucht mich nicht mehr«, knurrte Suko.
    »Das mußt du mir erklären.«
    »Benno Messmer hat bei von Klipstein eingebrochen.«
    Suko hatte mir mehr die linke Gesichtshälfte zugewandt, und ich sah die Verletzung an seiner Schläfe.
    Ich wies darauf. »Benno?«
    Suko schüttelte den Kopf. »Von Klipstein war das. Er wollte auf Messmer schießen.«
    »Hat sich der Junge das Schwert geholt?«
    »Ja. Ich konnte ihn auf dem Grundstück des Barons stellen. Es gab einen kurzen, heftigen Kampf. Und jetzt kommt’s: Als von Klipstein sein Gewehr auf den Jungen richtete, verwandelte sich dieser in einen Wolf!«
    Ich erfuhr den Rest der Geschichte in Schlagworten und berichtete Suko im Telegrammstil, was hier inzwischen vorgefallen war.
    Mich störte etwas an Sukos Geschichte. Benno Messmer war der gefährliche Werwolf, den wir zur Strecke bringen wollten.
    Der Junge hatte eine Waffe gestohlen, mit der man ihn töten konnte. War das nicht ein gewisser Widerspruch? Warum hatte er das getan?
    Suko und ich beschlossen, augenblicklich zu versuchen, den Wolf in die Zange zu nehmen und von Golo Diess zu trennen.
    Wir wollten die blutrünstige Bestie in die Enge treiben und stellen.
    Hastig trennte ich mich von meinem chinesischen Partner.
    Golo Diess jagte an Buden und Karussells vorbei. Der Werwolf war ihm dicht auf den Fersen, aber Diess war ein schneller Läufer, und er schaffte es, mehr und mehr Meter zwischen sich und die Bestie, die nach seinem Leben gierte, zu bringen.
    Er wieselte zwischen dem Sturmboot und dem Lachkabinett hindurch und warf sich mit einem kraftvollen Hechtsprung hinter die Aufbauten des Round-up.
    In wahren Sturzbächen rann ihm der Schweiß über das Gesicht. Was für eine Nacht. Zuerst zwei Auseinandersetzungen mit Harry Sebald. Und nun die Begegnung mit diesem haarigen Teufel.
    Das war selbst für einen Kraftkerl wie Golo Diess ein bißchen zuviel.
    Als die schemenhafte Gestalt des reißenden Killers auftauchte, hielt Golo Diess den Atem an.
    Sein Herz übersprang vor Freude einen Schlag, als er sah, daß der Wolf an ihm vorbeihetzte. Aber die Bestie lief nicht weit. Nur ein paar Schritte. Dann blieb sie abrupt stehen, stieß die spitze Schnauze nach oben und sog die Luft prüfend ein.
    Er wird dich wittern! dachte Golo Diess aufgeregt.
    Auf allen vieren kroch der Spielhallenbesitzer nach hinten. Sobald sein Körper vor den Blicken des Wolfs geschützt war, richtete er sich rasch auf. Teufel noch mal, es mußte doch eine Möglichkeit geben, das Monster abzuhängen.
    Golo Diess stahl sich auf Zehenspitzen davon. Er huschte durch die Dunkelheit, erreichte das Gitter des Prater-Zoos und kletterte darüber.
    An leeren Käfigen vorbei zog sich Golo Diess mehr und mehr in die Finsternis zurück. Seine Augen waren immerzu auf den Zooeingang geheftet.
    Wenn er Glück hatte, dann lief die Bestie daran vorbei. Wenn er Pech hatte, kam der Wolf ebenfalls hier herein – und ob er ihm dann noch einmal entkommen würde, war mehr als fraglich.
    Bisher hatte Golo Diess Werwölfe immer nur für eine reine Erfindung gehalten. Die Menschen gruseln sich gern. Deshalb schaffen sie in ihren Erzählungen schreckliche Scheusale.
    Daß es solche Bestien aber wirklich gab, hätte Golo Diess niemals für möglich gehalten. Wie war ihre Existenz erklärbar?
    Wodurch entstanden sie? Sandte der Satan sie selbst auf die Erde, um Angst und Schrecken unter den Menschen zu verbreiten?
    Golo Diess biss sich auf die Unterlippe. Er vernahm schwere Schritte. Der Wolf näherte sich dem Zooeingang.
    Diess verhielt sich mucksmäuschenstill. Er bewegte nicht einmal den kleinen Finger. Gott, wie gern wäre er in dieser Sekunde im Erdboden versunken.
    Er merkte, daß er mit seiner maßlosen Aufregung immer schlechter fertig wurde. Wenn dieser Horror nicht bald ein Ende nahm, würden seine Nerven reißen wie ein dünner Wollfaden.
    Der Wolf huschte am Eingang vorbei.
    Dem Himmel sei Dank! dachte Golo Diess erleichtert. Er konnte nicht behaupten, im Leben
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