Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0045 - Die Werwölfe von Wien

0045 - Die Werwölfe von Wien

Titel: 0045 - Die Werwölfe von Wien
Autoren: Friedrich Tenkrat
Vom Netzwerk:
zurück.
    Hin und wieder glaubte er, eine dunkle Gestalt von einem dicken Baumstamm zum anderen huschen zu sehen. Wenn er aber kurz stehen blieb, um genauer hinzusehen, geschah nichts.
    Einbildung?
    Kleine Schweißtröpfchen bildeten sich auf seiner Stirn. Eine unsichtbare Hand legte sich um seine Kehle und drückte zu. Sein Atem rasselte. Er verfluchte die Tramway, weil er ihretwegen so spät nach Hause gehen mußte.
    Warum war er nicht in die Privatindustrie gegangen? Dort hätte er mehr Geld verdient und einen geregelten Dienst gehabt. Aber er hatte ja unbedingt eine sichere Anstellung haben wollen. Nun, die hatte er jetzt – mit all ihren Nachteilen.
    Ein knirschendes Geräusch ließ Gerd Kabelka erschrocken herumfahren. Verdammt, da war tatsächlich jemand hinter ihm her.
    Urplötzlich kamen ihm die beiden Zeitungsberichte in den Sinn. In den vergangenen Tagen waren in der Umgebung des Wiener Praters zwei Menschen ermordet worden.
    Die Polizei tappte noch im dunkeln. Man vermutete, daß es sich bei dem Täter um einen wahnsinnigen Triebverbrecher handeln müsse. Bisher keine Spuren und keine Augenzeugen.
    Gerd Kabelka überlief es mit einemmal eiskalt. Bloß das nicht! dachte er.
    Eine Begegnung mit diesem verrückten Mörder war das letzte, was er sich in dieser Nacht wünschte.
    Es dauerte nicht lange, da wechselte Kabelka von der Prater Hauptallee in die Rustenschacherallee. Da waren wenigstens Häuser.
    Zwar brannte nirgendwo mehr Licht, aber das Gefühl der Einsamkeit war hier nicht ganz so schlimm wie in der menschenleeren Hauptallee.
    Auch hier war die Fahrbahn von alten Kastanienbäumen flankiert. Gerd Kabelka wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung den lästigen Schweiß vom Gesicht.
    So sehr wie in dieser Nacht hatte er sich noch nie auf dem Nachhauseweg beeilt. Er konnte es kaum noch erwarten, das schwere Haustor hinter sich zu schließen. Darüber, daß er verfolgt wurde, gab es keinen Zweifel mehr.
    Der Verfolger machte sich nicht mehr die Mühe, leise zu sein. Anhand der Geräusche stellte Gerd Kabelka einwandfrei fest, daß ihm der Kerl immer näher kam.
    Plötzlich lahmte ihn ein aggressives Knurren. Wie von der Natter gebissen wirbelte der Straßenbahnfahrer herum. Seine Augen waren schreckgeweitet. Ihm blieb die Luft weg.
    Mit angstverzerrtem Gesicht blickte er den kräftigen Mann an, der in diesem Augenblick hinter dem schwarzen Stamm eines Kastanienbaumes hervortrat. Eine eigenartige Kälte ging von dem Fremden aus.
    Der Mann hatte einen abgrundtief bösen Blick. Er schien Gerd Kabelka mit jeder Faser seines stählernen Körpers zu hassen. Ein seltsames Feuer loderte in den Augen des Unheimlichen. Für Gerd Kabelka stand sofort fest, daß er jenem Wahnsinnigen gegenüberstand, der schon zweimal gemordet hatte. Kabelkas Mund war trocken. Ein glühender Schmerz breitete sich in seiner Kehle aus. Er wollte etwas sagen, doch er vermochte nur die Lippen zu bewegen.
    Aus seinem Mund drang kein Laut. Mit geschmeidigen Bewegungen kam der Unheimliche näher. Ein boshaftes, gemeines Grinsen umspielte seine harten Lippen. Gerd Kabelka wollte vor dem Fremden zurückweichen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht.
    Wie angewurzelt stand er da. Der Unheimliche hatte ihn in seinen Bann geschlagen.
    Kabelka riß entsetzt die Augen auf, als er plötzlich bemerkte, daß sich die Physiognomie des Fremden zu verändern begann.
    Der Kopf des Unheimlichen nahm eine andere Form an. Struppiges Haar spross aus Stirn und Wangen, während die Ohren schlank wurden und oben spitz zuliefen. Die brennenden Augen traten etwas zurück. Dafür schob sich eine geifernde Schnauze nach vorn, aus der eine blutrote Zunge hing.
    Bleich schimmerte dem zu Tode geängstigten Straßenbahnfahrer das gefährliche Raubtiergebiss entgegen.
    Gerd Kabelka zweifelte an seinem Verstand. »Unmöglich…!« krächzte er. »Das… das kann es doch nicht geben!«
    Die Hände des Unheimlichen waren zu Tatzen mit tödlichen Krallen geworden. Auch sie waren mit struppigem Fell bedeckt.
    Kabelka begriff, daß er einen aufrechtstehenden Wolf vor sich hatte. Einen Menschen, der der Metamorphose fähig war, der sich in einen schrecklichen Werwolf verwandeln konnte!
    Das Monster sprang ihn fauchend an. Mit großer Kraft hieb die Bestie nach ihrem Opfer.
    Gerd Kabelka zuckte zur Seite. Die Wolfspranke verfehlte ihn um Haaresbreite.
    Plötzlich gehorchten dem Straßenbahnfahrer seine Beine wieder. Er nützte die große Chance, wandte sich in aller Eile
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher