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0045 - Die Werwölfe von Wien

0045 - Die Werwölfe von Wien

Titel: 0045 - Die Werwölfe von Wien
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Conolly waren uns deswegen nicht böse. Sie waren sicher, daß sich bald wieder ein Anlass finden würde, um eine neue Feier steigen zu lassen.
    Jane Collins fuhr mit uns im Bentley. Ich setzte sie vor ihrem Haus ab. Sie küßte mich und bat: »Ruf mich aus Wien an, okay?«
    »Mach ich«, versprach ich. Sie tätschelte Suko liebevoll die Wange, bat ihn, auf mich aufzupassen, stieg aus und verschwand gleich darauf in dem Haus, in dem sie wohnte.
    Mein chinesischer Freund und ich setzten die Heimfahrt fort.
    Wir sprachen nicht miteinander.
    Jeder hing seinen Gedanken nach, die sich mit jenen grausamen Werwolfmorden in Wien beschäftigten.
    ***
    Benno Messmer war neunzehn. Ein Riese für sein Alter. Er hatte breite Schultern, stählerne Muskeln und einen voluminösen Brustkorb. Benno war dunkelhaarig. Ein hübscher Junge mit glatter Gesichtshaut und bernsteinfarbenen Augen. Er trug einen dunkelbraunen Cordmantel und hohe, pelzgefütterte Schuhe.
    Er stand vor einer großen, efeuumrankten Villa im neunzehnten Wiener Gemeindebezirk und begrub soeben zum zweitenmal den Klingelknopf unter seinem breiten Daumen.
    Über dem Klingelknopf befand sich ein Namensschildchen.
    LOUIS VON KLIPSTEIN.
    Zwar waren Adelsprädikate offiziell in Österreich seit langem schon abgeschafft, doch blühte gerade in Wien diese menschliche Beweihräucherung besonders vorzüglich.
    Man legt in dieser Stadt sehr viel Wert auf Titel, und clevere Portiers sprechen Gäste, die ihnen fremd sind, prinzipiell mit ›Herr Doktor‹ oder zumindest mit ›Herr Professor‹ an.
    Baron von Klipstein öffnete die Tür persönlich auf Benno Messmers ungestümes Läuten.
    Louis von Klipstein war nicht älter als fünfundvierzig, hatte ein gepflegtes Äußeres und trug das dichte blonde Haupthaar links gescheitelt. Er musterte den Jungen mit seinen nussbraunen Augen.
    Sein Diener war wegen eines Todesfalls nach Südtirol gereist und würde eine Woche wegbleiben. Da der Baron sich mit keinem Aushilfsdiener herumärgern wollte, verzichtete er auf einen Ersatz und übernahm die Aufgaben des Dieners persönlich.
    Louis von Klipstein war ein vermögender Mann. Er hatte sein Geld in zahlreichen Firmen investiert, die jährlich beträchtliche Gewinne ausschütteten, wodurch dem Baron ein sorgloses Leben garantiert war.
    »Sie wünschen?« fragte der Baron den Jungen.
    »Mein Name ist Benno Messmer. Habe ich die Ehre, mit Baron von Klipstein zu sprechen?«
    »Was kann ich für Sie tun?« fragte der Baron nickend.
    Benno leckte sich die Lippen. Er knetete seine Finger, war verlegen. Er suchte nach Worten.
    »Sie besitzen eine großartige Waffensammlung«, platzte es schließlich aus Benno heraus. »Ich habe davon gelesen.«
    »Ja? Und?«
    »Fänden Sie es sehr vermessen, wenn ich Sie bitten würde, mir Ihre Sammlung zu zeigen, Herr Baron?«
    »Nun, es handelt sich um eine Privatsammlung…«
    »Das ist mir bekannt. Die Öffentlichkeit hat normalerweise keinen Zutritt.«
    »Sehr richtig. Ich käme mir sonst vor wie ein Untermieter in einem unserer städtischen Museen.«
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie in meinem Fall eine Ausnahme machen würden, Herr Baron.«
    Louis von Klipstein zögerte. Aber da war dieses inständige Betteln im Blick des Jungen, von dem der Baron auf eine eigenartige Weise berührt wurde. Dem Jungen schien sehr viel daran zu liegen, die Sammlung sehen zu dürfen.
    Deshalb hob der Baron die Schultern und meinte: »Na schön, dann will ich nicht so hartherzig sein und Sie abweisen, wenn Ihnen wirklich soviel daran liegt, die Sammlung zu sehen.«
    »Vielen Dank, Herr Baron. Sie sind sehr liebenswürdig.«
    »Treten Sie ein.«
    »Danke.«
    Benno durfte sogar ablegen. Anschließend führte der Hausherr seinen jungen Besucher in einen großen Raum, dessen Wände mit wertvollen alten Ölgemälden behangen waren. Die Stirnseite des Raumes jedoch war ausschließlich der reichhaltigen Waffensammlung gewidmet.
    Streitäxte, Beile, Degen, Gewehre, Armbrüste…
    »Alles Waffen, die einmal von einem von Klipstein verwendet wurden«, erklärte der Baron.
    »Faszinierend«, sagte Benno Messmer. »Überwältigend. Ehrlich. Ich bin äußerst beeindruckt, Herr Baron.«
    »Sie sind nicht aus Wien, stimmt’s?«
    »Ja, Herr Baron. Ich bin in München aufgewachsen. Ich bin erst seit einigen Tagen in Wien.«
    »Gefällt es Ihnen in dieser Stadt?«
    »O ja. Sehr.«
    Benno Messmer trat näher an die Waffen heran. Er streckte die Hand aus, sein Blick suchte den des
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