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0045 - Die Werwölfe von Wien

0045 - Die Werwölfe von Wien

Titel: 0045 - Die Werwölfe von Wien
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Kabelka hoch. Er war wieder allein. Wie weit hatte sich das Monster in die schützende Dunkelheit zurückgezogen? Wartete der Werwolf am Ende noch irgendwo in der Finsternis?
    Lauerte das Untier auf seine zweite Chance? Mit kraftlosen, unsicheren Schritten setzte Gerd Kabelka seinen Heimweg fort. Die Angst vor einer zweiten Begegnung mit dem struppigen Scheusal geißelte ihn.
    Er wußte, daß er eine zweite Begegnung nicht überleben würde. Wie eine hungrige Ratte nagte sich die Todesangst durch seine Eingeweide. Gott, wenn er doch nur endlich zu Hause gewesen wäre.
    Er fragte sich, ob es einen Zweck hatte, mit jemandem über dieses furchtbare Erlebnis zu sprechen. So, wie ihm dieser Mann nicht geglaubt hatte, würde ihm auch die Polizei nicht glauben.
    Für die meisten Menschen gibt es keine Werwölfe. Es darf sie nicht geben, weil die Leute unbewusst davor schreckliche Angst haben. Sie ignorieren die Existenz solcher Monster. Deshalb gibt es sie nicht – und basta!
    Kabelka lief, so schnell ihn seine schwachen Beine trugen. Er schaute immer wieder über die Schulter zurück…
    Und prallte im nächsten Augenblick gegen den breiten Brustkasten des Unheimlichen, der mit einem gierigen Knurren hinter einem der Bäume hervorgeschnellt war und sich seinem Opfer breitbeinig in den Weg stellte.
    Was Gerd Kabelka so sehr befürchtet hatte, war geschehen.
    Es war zur zweiten Begegnung mit dem Werwolf gekommen.
    Fauchend riß das Scheusal sein Maul auf.
    Kabelkas Todesschrei gellte auf und zerfaserte in der kalten Dezembernacht.
    ***
    Ich kehrte zu meinen Freunden in die Wohnmulde zurück, wies mit dem Daumen nach dem Telefon und sagte: »Tony Ballard.«
    »Was wollte er?« erkundigte sich Suko.
    Ich erklärte es ihm und den anderen.
    Daraufhin griente mein chinesischer Partner breit und tönte: »Also ist’s wieder mal nichts mit den Bahamas. Wußt’ ich’s doch.«
    »Seit wann kannst du denn hellsehen?« fragte ich ärgerlich.
    Suko hob seine breiten Schultern. »Man hat eben so seine verborgenen Qualitäten.«
    »Wien«, sagte Jane Collins. Es klang verträumt. Sie ließ das Wort buchstäblich auf der Zunge zergehen. »Sachertorte. Heuriger. Tafelspitz…« Meine Freundin seufzte. »Ich wollte immer schon mal nach Wien reisen, aber es hat damit noch nie geklappt.«
    »Ich hätte nichts dagegen, wenn du mitkämst«, sagte ich.
    Wieder seufzte Jane. »Du weißt, daß ich im Augenblick nicht von London weg kann, John. Ich habe doch diesen Kidnapping-Fall am Hals… Eigentlich dürfte ich heute Abend gar nicht mit euch zusammen sein, und wenn ich ehrlich bin, muß ich gestehen, daß ich auch ein ziemlich schlechtes Gewissen habe. Ich beneide euch um euren Wien-Aufenthalt, aber ich kann leider nicht mitkommen. Das ist ganz unmöglich.«
    »Schade«, sagte Suko.
    »Zu beneiden brauchst du uns bestimmt nicht«, meinte ich. »Wir begeben uns schließlich auf keine Besichtigungsfahrt, sondern auf eine Werwolf-Jagd.«
    »Ihr könnt hinterher ja noch ein paar Tage anhängen.«
    »Vorausgesetzt, daß es für uns ein ›Hinterher‹ gibt«, erwiderte ich. »Die Jagd auf einen Werwolf ist nicht mit einer Hirschjagd zu vergleichen. Die Hirschjagd ist von vornherein eine einseitige Angelegenheit, bei der nur der Jäger gewinnen kann. Bei der Werwolfs-Jagd ist der Ausgang jedoch ziemlich ungewiss. Hier sind sich die Kontrahenten ebenbürtig. Und mehr als einmal wurde aus dem Jäger schon ein Gejagter, der irgendwann irgendwo mit zerfetzter Kehle aufgefunden wurde.«
    Meine Freunde wußten, daß dies keine gewöhnliche Schwarzmalerei war. Ihnen allen war klar, daß ich die Sache nur objektiv dargestellt hatte.
    Suko und ich begaben uns auf keine Vergnügungsreise.
    Ein harter Kampf wartete auf uns, dessen Ende niemand mit Gewißheit vorhersagen konnte.
    Einen Augenblick herrschte Stille im Livingroom. Suko unterbrach sie, indem er sein Glas hob und sagte: »Bill, darf ich um noch ein Glas Champagner bitten?«
    Ich schüttelte ernst den Kopf. »Keinen Champagner mehr, Suko. Du hast heute bereits genug getrunken.«
    »Ich bin noch nicht blau, John.«
    »Das weiß ich. Aber sicher bist du mit mir der Meinung, daß es besser ist, wenn du morgen topfit bist. Deshalb: keinen Alkohol mehr.«
    Suko ließ sein Glas sinken. »Na schön, Mister Geisterjäger. Zu Befehl, Oberinspektor Sinclair.« Er sah ein, daß ich recht hatte, und verzichtete auf einen weiteren Drink.
    Wir blieben nicht mehr lange. Die kleine Feier war vorbei. Sheila und Bill
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