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Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor

Titel: Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Autoren: Harald Evers
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1 ♦ Leandra
    I m Osten braute sich ein Gewitter zusammen. Schwer hingen die dunklen Wolken zwischen den riesigen Felspfeilern, die im Vordergrund des Westakranischen Gebirges aufragten; die Ränder der Wolken hatten sich gelbweiß verfärbt, und Blitze zuckten in ihrem Inneren umher - wie eine nachdrückliche Warnung, sie solle sich rasch einen Unterschlupf suchen.
    Leandra runzelte die Stirn.
    Vor ihr lag die Brücke über den Iser, und das dahinter lauernde Unwetter schien ihr beinahe wie ein ganz persönlicher Fingerzeig. Sie schluckte den Kloß in ihrer Kehle herunter. Was sie hier tun wollte, war strengstens verboten.
    Ihre Blicke suchten die Umgebung ab - nein, niemand war zu sehen. Aber wer hätte sich hier schon für sie interessieren sollen, wer hätte ahnen können, was sie im Sinn hatte?
    Jenseits des Iser verlief die alte Savalgorer Handelsstraße, stets am Ufer des Flusses entlang, von den Nördlichen Steppen bis hinab nach Savalgor, der Hauptstadt des Landes, im Süden von Westakrania. Aber Savalgor war weit, noch gute dreihundert Meilen entfernt. Dort war der Sitz der Gilde - dort saßen die Männer, die ihr für das, was sie nun zu tun beabsichtigte, sicherlich sämtliche Rechte entzogen hätten. Sämtliche Rechte auf Amt und Würden einer angehenden Magierin. Nein, korrigierte sie sich, Magierin war sie noch lange nicht; erst einmal würde sie Adeptin werden, am morgigen Tage schon - jedenfalls dann, wenn man sie hierbei nicht erwischte.
    Sie wandte sich um und versuchte im Westen ein Anzeichen ihres Heimatdorfes Angadoor auszumachen. Aber das war schon hinter dem Wald verschwunden, nicht einmal Rauch aus Schornsteinen war zu sehen. Das nahende Gewitter hielt alles nieder, was in die Höhe steigen wollte.
    Selbst die Drachen ließen sich heute nicht blicken. Nicht einmal die verspielten Felsdrachen, die immerzu hoch droben, in drei oder vier Meilen Höhe, um die Felspfeiler segelten und dazu ihre spitzen Schreie in die Luft hinausstießen. Über ihr fiel noch mildes, spätnachmittägliches Licht durch das große Angadoorer Sonnenfenster in die Welt, aber im Osten war alles von drohendem, düsterem Grau überzogen. Bald schon würde der ganze Felsenhimmel von der Gewitterfront verhangen sein - das ging manchmal so rasch, als würde ein Riese eine gewaltige, dunkle Decke über das Land breiten.
    Genau die richtige Stimmung, dachte sie grimmig und setzte sich in Bewegung.
    Sie betrat die dicken Holzplanken der Brücke, den Schritt auf den gegenüberliegenden Waldrand gelenkt, hinter dem die ersten Hügel der Vorberge und die Spindel aufragten. Wenn sie nicht nass werden wollte, musste sie sich beeilen. In spätestens einer Viertelstunde würde das Unwetter beginnen. Aber das war Zeit genug. Wenn sie keinen Fehler machte, war die ganze Sache innerhalb von fünf Minuten vorbei.
    Ein Blitz und ein verhaltenes Rumpeln ließen sie aufschrecken, und sie erblickte über dem Wald Regenfahnen, die aus den Wolken herabwehten und ihre Wasserlast über den östlichen Hügeln abluden. Der Wind frischte auf.
    Dann endlich hatte sie den Waldrand erreicht.
    Sie drehte sich um und musterte noch einmal die Umgebung. Niemand war zu sehen. Das Dorf lag eine Meile entfernt, und bei diesem Wetter war ein zufälliger Spaziergänger nicht zu erwarten. Entschlossen marschierte sie weiter.
    Sie kannte den Weg gut; oft genug war sie in den letzten Jahren hierher geschlichen, manchmal zusammen mit anderen Novizen, um die beklemmende Atmosphäre des Asgard in sich aufzusaugen.
    Der Asgard.
    Das war der Ort, an dem vor langer Zeit jener berühmte Kampf stattgefunden hatte, bei dem angeblich sechs Magier und der schreckliche Minuu umgekommen waren, als er ihnen ein mächtiges Artefakt entreißen wollte.
    Später hatte man dort einen Steinkreis errichtet, denn selbst die blanke Erde war nach dieser langen Zeit noch von den Energien geladen, die dort einst entfesselt worden waren.
    Der Asgard war Leandras Ziel.
    Es war bereits verboten, sich dem Asgard auch nur zu nähern. Munuel, ihr Lehrer, würde ihr die Ohren gehörig lang ziehen, sollte er je davon erfahren, dass sie hierher gekommen war. Seiner Auffassung zufolge sollten Novizen behutsam an die Magie herangeführt werden; erst wenn sie einmal ihre Zeit der Wanderschaft hinter sich gebracht und bei einem Einsiedler gedient hatten, erlaubte er ihnen, sich mit den Absonderlichkeiten der Magie zu beschäftigen. Ein Magier sollte dienen, helfen und beschützen. Sich um
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