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Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor

Titel: Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Autoren: Harald Evers
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ungewöhnliche Phänomene zu kümmern war die Aufgabe besonderer Männer der Gilde.
    Aber Leandra war nicht hier, um sich in irgendwelche Dinge einzumischen, die sie nichts angingen. Ihr Grund war ganz anderer Natur - es war eine ganz banale Mutprobe. Der Asgard war voll von Norikelsteinen, und sie wollte sich einen davon besorgen. Ihn bei der Aufnahme in die Gilde seinen Mitschülern und -Schülerinnen vorweisen zu können bedeutete, dass man ein richtiger Magier werden wollte - und kein Dorfblümchen, das zu jedem Siebenfest einmal einen kleinen Trick vorführte.
    Sie war gerade einundzwanzig geworden, und morgen stand der Tag ihrer Aufnahme bevor. Hatte sie bis dahin keinen anständigen Norikelstein aufgetrieben, würde sie von den anderen Novizen als Schlafmütze gehänselt werden, und das konnte sie sich einfach nicht gefallen lassen. Sie war unstreitig die beste von Munuels Schülern, deswegen hatte sie es bis heute auch nicht für nötig gehalten, diesen Firlefanz mitzumachen. Je näher jedoch der Tag der Gildenaufnahme rückte, desto unangenehmer fühlte sie sich. Und gestern hatte es schließlich so ausgesehen, als wäre sie die einzige Novizin, die noch keinen Norikelstein besaß. Deshalb war sie nun hier.
    Sie schlüpfte zwischen Sträuchern und Birken hindurch in den Wald. Es war Hochsommer, und sah man einmal von dem Unwetter ab, das im begriff stand, die Luft für Stunden abzukühlen, lastete die Hitze auf dem Land wie ein schweres, erstickendes Kissen. Zum Glück lag der Asgard noch ein Stück tiefer im Wald. Hinter all den dichten Bäumen und Büschen würde sie niemand sehen - und sie wollte auf keinen Fall erwischt werden. Sie schlich weiter, als wäre ihr jemand auf den Fersen, und ihr Herz begann schneller zu klopfen. Sie glaubte bald, die Gegenwart des magischen Kreises zu spüren. Wollte sie morgen nicht wie ein Dummchen dastehen, dann musste sie in den Asgard - und zwar hinein!
    Und genau das war es, was Novizen auf keinen Fall durften.
    Es gab Orte, die von der Gilde zu verbotenem Grund erklärt waren, und der Asgard zählte dazu. Bislang hatte es noch kein Novize gewagt, sich dort hinein zu begeben, und sie konnte sich auch gut vorstellen, warum. Die Faszination des Steinkreises ging von seiner unbeschreiblichen Aura aus, die jeder Mensch mit magisch geschulten Sinnen sofort verspürte. Selbst ganz gewöhnliche Leute vermochten sie manchmal wahrzunehmen.
    Es war wie ein Knistern und Summen in der Luft: leise, bedrohlich und von abgründiger Art. Man konnte förmlich spüren, wie der Kreis der nachträglich aufgestellten Steine ein fein gesponnenes Muster von Webfäden über den Ort spannte. Kein Tier lebte im Inneren des Kreises, kein Vogel flog je hinein. Nur dumme Insekten tappten manchmal über die festgestampfte Erde und flohen doch bald wieder - von diesem Flecken, auf dem keine Blume und nicht einmal Gras wachsen wollte.
    Leandra war mit anderen Novizen schon einige Male heimlich hierher geschlichen, hatte den Kreis in großem Abstand ehrfürchtig umwandert und den unheimlichen Geschichten gelauscht, die der eine oder andere zu erzählen wusste. Man spürte dort etwas von der Macht der Magie, von ihrem Ungestüm und ihren Gefahren. Die Kräfte, die damals bei dem Kampf gewütet hatten, mussten gewaltig gewesen sein. Zehnte, vielleicht sogar elfte Iterationen! In diesen Kreis hinein ging keiner - nicht einmal Munuel. Er hätte es zwar gedurft, und er war erfahren genug, mit solchen Dingen umzugehen -aber er tat es dennoch nicht. Wahrscheinlich, weil er einfach keinen Wunsch dazu verspürte. Er kannte die Magie gut genug, um zu wissen, dass der Asgard ihm nur ein unheimliches, unbestimmbares Gefühl verschafft hätte - und sonst nichts.
    Leandra dachte daran, was die anderen wohl sagen würden, wenn sie ihnen flüsternd erzählte, sie habe ihren Norikelstein aus dem Steinkreis geholt. Würde man sie als Lügnerin bezeichnen? Nein, wohl kaum. Der Stein würde so stark sein, dass kein Zweifel aufkam, woher er stammte.
    Beklommen lief sie mit schnellen Schritten voran. Das aufziehende Gewitter wurde ihr immer unheimlicher, und die Vorstellung, mitten in einem tosenden Regenguss bei Blitz und Donner zwischen den steinernen Monolithen umherzukriechen und im aufgeweichten Boden nach einem kleinen Stein zu wühlen, behagte ihr nicht.
    Sie zwängte sich durch ein stachliges Gebüsch - und dann war sie am Ziel.
    Am Fuß eines Hügels öffnete sich eine kleine Lichtung. Mitten darauf standen die
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