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0045 - Die Werwölfe von Wien

0045 - Die Werwölfe von Wien

Titel: 0045 - Die Werwölfe von Wien
Autoren: Friedrich Tenkrat
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sich hastig und kam erst wieder zum Vorschein, als vom Funkstreifenwagen nichts mehr zu sehen war.
    ***
    In der verletzten Schläfe pochte ein glühender Schmerz. Suko hatte seine Überraschung noch nicht vollends verdaut, die die Verwandlung des Jungen in einen Werwolf bei ihm hervorgerufen hatte.
    Benno Messmer – der gesuchte Mörder. Der Werwolf, der bisher viermal grausam zugeschlagen hatte. Vladek Rodenskys Verdacht war richtig gewesen.
    Suko war durch den heftigen Schmerz in der Schläfe gehandikapt. Er konnte nicht voll aufdrehen. Das wäre den anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber unverantwortlich gewesen.
    Suko riskierte nicht mehr, als er verantworten konnte. Hin und wieder flatterte es schwarz vor seinen Augen.
    Dieser verrückte Baron hätte ihn in seiner hysterischen Erregung beinahe niedergeschossen.
    Suko hing wie an einer Abschleppstange hinter dem gelben Opel Kadett. Der Hüne überquerte mit von Klipsteins Rover die Heiligenstädter Straße.
    Er brauste am Internationalen Pressezentrum vorbei, fuhr über den Donaukanal, holte ganz langsam auf.
    Benno Messmer fuhr ziemlich rücksichtslos. Deshalb fiel Suko zurück. Es wäre zu einer gefährlichen Autoraserei gekommen, deren Ausgang äußerst ungewiss gewesen wäre, wenn Suko ebenfalls einen solch rüden Fahrstil praktiziert hätte.
    Es war vernünftiger, auf Sichtweite dranzubleiben und den Jungen nicht zu einer Fahrweise zu provozieren, die für andere Menschen zur Gefahr werden konnte.
    Von weitem schon erblickte Suko das Tegethoffdenkmal. Als er den Praterstern gleich darauf erreichte, erzwang sich ein von links kommender Taxifahrer die Vorfahrt.
    Suko mußte eine Notbremsung machen, sonst hätte es eine Katastrophe gegeben. Der Rover stand auf kürzeste Distanz. Als Suko wieder startete, war von dem gelben Opel Kadett weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Suko fletschte wütend die Zähne. Viel zu lange blieb rot. Inzwischen wurde Benno Messmers Vorsprung immer größer.
    Suko nahm an, daß Bennos Ziel der Wiener Prater war, und er stellte den Rover auf dem Parkplatz vor dem Autodrom ab.
    Er federte aus dem Fahrzeug und lief in den menschenleeren, finsteren Vergnügungspark hinein. Er konnte nur hoffen, daß er Benno Messmer, das Ungeheuer, so schnell wie möglich wiederfand. Noch bevor er den fünften Mord verüben konnte!
    Suko suchte zwischen den Buden. Plötzlich warnte ihn ein kratzendes Geräusch. Es war aus der Dunkelheit an sein Ohr gedrungen.
    Der Chinese langte in die Schwärze hinein. Seine Finger berührten Stoff. Sie verkrallten sich darin. Mit einem kraftvollen Ruck riß der Hüne die Person aus ihrem Versteck.
    Ein krächzender Schrei. Dann erblickte Suko einen Penner – hierzulande ›Strotter‹ genannt.
    »Hilfe!« rief der Strotter entsetzt. »Zu Hilfe! Man will mich umbringen!«
    Suko drückte den Mann an eine buntbemalte Wand. Er hatte ein aufgeschwemmtes Gesicht vor sich, das mit Bartstoppeln übersät war. Die Nase war breit und rot. Aus dem zahnlosen Mund des Strotters wehte eine entsetzliche Rumfahne.
    »Hören Sie auf zu schreien!« herrschte Suko den Mann an.
    »Hilf… fe…«
    »Ruhe, sonst brauchen Sie gleich wirklich Hilfe!«
    »Lassen Sie mich los! Warum halten Sie mich fest? Ich habe Ihnen nichts getan!«
    »Warum haben Sie sich versteckt?«
    »Versteckt? Ich habe mich nicht versteckt. Ich möchte hier die Nacht verbringen. Ich habe kein Zuhause. Und fürs Männerheim reicht mein Geld nicht. Meine Güte, sehe ich richtig? Sind Sie wirklich ein Chinese?«
    »Haben Sie was gegen Chinesen?«
    »Nein. Ganz und gar nicht – wenn sie in China bleiben…«
    »Wie lange halten Sie sich schon hier auf?« fragte Suko.
    »Halbe Stunde…«
    »Ist hier jemand vorbeigelaufen? Haben Sie jemanden gesehen?«
    »Nur Sie. Sonst niemanden. Verdammt, warum lassen Sie mich nicht in Ruhe?«
    »Sie sollten die Nacht lieber woanders verbringen.«
    »Ich hab’ Ihnen doch gesagt, daß ich kein Zuhause mehr habe. Und mein Geld reicht nicht fürs Männerheim.«
    Suko griff in die Tasche und holte hundert Schilling hervor. Die drückte er dem Penner in die Hand. »Hier. Und schlafen Sie gut.«
    Der Mann warf einen Blick auf die Banknote und stöhnte: »Weihnachten! Es ist Weihnachten!« Dann lief er auf seinen kurzen, krummen Beinen rasch aus dem Prater.
    Wahrscheinlich, um den Hunderter schnellstens in Rum umzuwandeln. Suko störte das nicht. Er war froh, den Mann von hier weggelotst zu haben.
    Denn irgendwo zwischen diesen stillen,
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