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Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht
Autoren: Deb Marlowe
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zu haben. Es muss sich um ein sehr großes Projekt handeln, an dem Sie arbeiten.“
    Sophie errötete. Wie sollte sie darauf antworten? Sie hätte ihm von vornherein sagen sollen, wer sie war. „Ja, das glaube ich zumindest. Die Wahrheit ist, ich weiß es noch nicht so genau.“
    Er bewegte sich unruhig, und fast konnte sie seine Rastlosigkeit mit Händen greifen. Aber sie war nicht bereit, ihn schon gehen zu lassen, noch war sie sich sicher, ob sie ihm seine Grobheit verziehen hatte. Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln und hob eine Augenbraue. „Wenn keine normalen, was für welche denn dann?“
    Er war verwirrt. „Verzeihung?“
    „Unterhaltungen. Sie sagten, Sie seien normale nicht mehr gewöhnt. Ich wüsste zu gern, was für Unterhaltungen Sie gewöhnlich führen.“
    „Oh.“ Er hielt inne, und sie erwartete fast, dass er nicht antworten und dieses unangemessene Tête-à-tête beenden würde. Stattdessen sah er sich vorsichtig um und schenkte ihr ein verruchtes Grinsen. „Möchten Sie die Wahrheit hören oder eine angemessene, höfliche Antwort?“
    Sophie hob das Kinn. „Ausschließlich die Wahrheit, bitte, Sir.“
    „Na gut. Die Wahrheit ist, meine Unterhaltungen waren die meiste Zeit meines Lebens eher derb und unflätig. Mehr wie das Röhren junger Hirsche in der Brunft und das Blöken bereitwilliger Ricken als wirkliche menschliche Verständigung …“
    Sophie unterbrach ihn mit einem Seufzer. „Ich weiß, Sie haben mich gewarnt. Vermutlich sollte ich Sie ohrfeigen und höchst empört davonstolzieren. Zum Glück bin ich nicht so zart besaitet.“ Sie lächelte. „Bitte, fahren Sie fort.“
    Er hob die Schultern. „Jetzt führe ich politische Unterhaltungen. Lang, beharrlich, gelegentlich eintönig, aber am Ende ergiebig und lohnenswert. Beide Arten haben, wie ich finde, ihre Nachteile und ihre Vorzüge.“ Nun leuchteten seine Augen wieder schalkhaft. Er senkte die Stimme. „Aber ich möchte Ihnen ein kleines Geheimnis anvertrauen. Manchmal, besonders wenn es um einen hohen Einsatz geht, sind politische Debatten primitiven Paarungsritualen bemerkenswert ähnlich. Es beginnt mit etwas höflichem Gegurre, gefolgt von der Zurschaustellung der eigenen Überlegenheit, und dann einem wilden Gedrängel, wenn sich Paarungen bilden. Gelegentlich gibt es Temperamentsausbrüche und rohe Gewalt. Am Ende bekommt der Sieger die Beute, und am nächsten Tag fangen wir alle ungemein höflich wieder von vorne an.“
    Sophie lachte. „Faszinierend. Das gibt einem eine ganz neue Perspektive auf das Parlament, nicht wahr?“
    „Die hilft mir, viele sehr lange Tage im Oberhaus zu überstehen.“
    „Jetzt wünschte ich tatsächlich, ich wäre Reporterin. Stellen Sie sich vor, was für Geschichten ich schreiben könnte: ‚Wildes Westminster. Das geheime Leben des Parlaments.‘ Jede Zeitung in London würde sich um mich reißen. Leider liegen meine Talente in einer ganz anderen Richtung.“
    Charles musterte die Zeichenmappe und dann sein Gegenüber. Unvermittelt erfasste sie brennende Hitze dort, wo sie seinen Blick zu spüren glaubte. „Ich hoffe, Sie nehmen keinen Anstoß, wenn ich Ihnen sage, dass Sie die Stadt allein schon durch Ihre Anwesenheit verschönern.“
    Bevor sie sich so weit gefasst hatte, um antworten zu können, verzerrte sich sein Gesicht plötzlich zu einer Maske der Bestürzung. Sophie folgte seinem Blick. Eine elegante Kutsche fuhr an ihnen vorbei. Durch deren Fenster starrten sie zwei Damen mehr als unverhohlen an. Eine der beiden verrenkte sich gar fast den Hals, um sich nach ihnen umzusehen, als das Fahrzeug sich entfernte.
    „Ach, zur Hölle“, flüsterte er, bevor er sich wieder ihr zuwandte. „So erfrischend das Gespräch mit Ihnen auch war, kann ich mir momentan leider nicht noch mehr Tratsch leisten. Und noch weniger möchte ich Ihren Ruf mit meiner verderbten Anwesenheit kompromittieren.“ Er deutete eine knappe Verbeugung an. „Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihrem Unterfangen.“
    Ihre Erwiderung war ein ebenso knapper Knicks. „Natürlich, ich verstehe, Sir.“ Sie sah zu, wie er sich zum Gehen wandte, und rief ihm dann hinterher. „Gehen Sie, los, retten Sie die Welt. Ich begnüge mich damit, sie zu verschönern.“
    Er warf ihr über die Schulter einen missbilligenden Blick zu. „Unwürdig, meine Teuerste. Und das, gerade als ich glaubte, in Ihnen einen ebenbürtigen Gegner gefunden zu haben.“
    Amüsiert sah Sophie ihm nach. Lass ihn ruhig vorläufig das letzte
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