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Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht
Autoren: Deb Marlowe
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bitte Sie, hören Sie auf, so teuflisch zu lächeln“, befahl er. „Wenn Sie einen Grund dafür brauchen, schamloses Ding, sehen Sie sich nur meine Stiefel an!“
    Gehorsam setzte sie einen ernsteren Gesichtsausdruck auf. „Bitte, vergeben Sie mir, Sir.“ Sie glättete die Kreidezeichnung, die tatsächlich die Hochglanzpolitur seiner Reitstiefel beschmutzt hatte. „Ich versichere Ihnen, für gewöhnlich benehme ich mich nicht so unbesonnen. Aber ich musste meine Papiere wiederbekommen, verstehen Sie?“
    „Nein, ich verstehe nicht.“ Plötzlich hielt er inne, und sein Gesichtsausdruck erstarrte. „Sie sind nicht zufällig eine Reporterin?“
    „Nein, Sir, ich …“ Er ließ sie nicht ausreden.
    Mit einer plötzlichen Bewegung hatte er ihr geschickt das Papier aus der Hand geschnappt, bevor Sophie protestieren konnte. „Bitte, erleuchten Sie mich: Was ist es, das Sie dazu gebracht hat, sich so unmöglich zu gebärden?“
    Auch Sophie sah genauer hin und stellte fest, dass es sich um die Zeichnung einer Chaiselongue handelte, die sie speziell für seine Mutter entworfen hatte, komplett mit einer passenden Farbpalette und Bemerkungen zu Stoffen und Mustern.
    „Möbel“, bemerkte Charles mit einem verächtlichen Schnauben.
    „Inneneinrichtung“, korrigierte sie ihn, nahm ihm das Blatt ebenso geschickt wieder ab und steckte es zu den anderen.
    „Ich bitte Sie untertänigst um Vergebung“, spottete er übertrieben affektiert. Einen Moment lang erinnerte er sie frappierend an sein jüngeres Selbst. Und doch war da etwas, das sie davon abhielt, völlig dahinzuschmelzen. Sie hatte diesen spöttischen Tonfall schon oft gehört, aber nie mit so einem harten Unterton. Er nahm sie nicht ernst, wie gewöhnlich, das jedoch auf eine wenig freundliche Art und Weise.
    Sie fixierte ihn. „Nein, ich glaube, ich werde Ihnen nicht vergeben“, antwortete sie.
    In gespieltem Entsetzen riss er die Augen auf. „Soll das meinem Stolz den Todesstoß versetzen? Verzagt wirft sich der Gentleman zu Boden und fleht um Gnade? Sie haben zu viele Romane gelesen, meine Teuerste. Es gibt eine Menge Dinge auf dieser Welt, die unsere Aufmerksamkeit verdienen, und für einige davon lohnt es sich sogar, sich zum Narren zu machen. Aber lassen Sie mich Ihnen versichern, Möbel gehören keineswegs dazu.“
    Sophie hob eine Augenbraue, genau in der arroganten Art, die er selbst ihr beigebracht hatte. „Vielleicht nicht für Sie, Sir, aber wir befinden uns in ganz unterschiedlichen Situationen. Sie haben nicht die geringste Ahnung, was mich beschäftigt. Mir sind sie überaus wichtig.“
    „Wichtig, natürlich“, entgegnete er mit zunehmendem Sarkasmus. „Sie werden mir verzeihen, wenn ich Inneneinrichtung nicht die gleiche Bedeutung beimesse wie zum Beispiel der Not der englischen Bauern.“
    „Und Sie werden mir verzeihen, dass ich ihr mehr Bedeutung beimesse als dem Glanz Ihrer Stiefel.“
    Aus der Fassung gebracht, hielt Charles inne. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Dann drückte er sich seinen Kastorhut auf den Kopf. „Das gestehe ich Ihnen zu.“ Mit einem Mal ließ er die Schultern hängen. Er riss sich den Hut wieder herunter und neigte den Kopf. „Was, in aller Welt, tue ich da?“ Als er Sophie wieder ansah, war es, als wäre eine Schicht aus Eis von ihm abgefallen. „Hören Sie, ich muss mich entschuldigen.“ Er fuhr sich durchs Haar und schenkte ihr ein angedeutetes Grinsen, das zugleich linkisch und unheimlich vertraut wirkte.
    „Es gehört nicht zu meinen Gewohnheiten, junge Damen auf der Straße auszuschelten, aber andererseits ist mein Leben schon nicht mehr gewöhnlich, seit – nun, seit einer Ewigkeit. Es ist so lange her, dass ich eine normale Unterhaltung geführt habe, ich erinnere mich kaum, wie das geht.“
    Die undefinierbare Anziehungskraft, die von ihm ausging, hatte ihre Intensität verdoppelt. Sophie konnte sich nicht dazu bringen zu antworten. Da war er endlich, dieser warme Blick: die Augen ihres Charles’.
    Er schien ihre Reglosigkeit nicht zu bemerken. „Gestatten Sie mir, Ihnen zu helfen.“
    Rasch ging er ihr zur Hand und hatte ihre Entwürfe schnell geordnet und die Zeichenmappe sicher verschlossen. Nachdem sie sich bedankt hatte, folgte ein peinliches Schweigen. Sophie versuchte verzweifelt, ihre Gedanken zu ordnen. Jetzt musste sie sich entweder verabschieden oder ihm ihre Identität enthüllen.
    Er sprach weiter, bevor sie sich entscheiden konnte. „Sie scheinen eine Menge Ideen
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