Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan

Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan

Titel: Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan
Autoren: Anne Holt
Vom Netzwerk:
waren mehrmals umgekrempelt und die Ärmel so lang, dass die Hände nicht zu sehen waren. Zwei große nackte Füße ragten aus dem rosa Flanell, obwohl der restliche Körper eher zierlich war.
    Mama sah ein bisschen aus wie ein Schimpanse. Ein müder, verärgerter Schimpanse mit ziemlich abstehenden Ohren.
    Märzbritt strahlte. »Hallo«, sagte sie und streckte die Hand aus. »Ich heiße Märzbritt. Freut mich außerordentlich, dich kennenzulernen.«
    Mamas Gesicht machte eine Veränderung durch. »Hallo«, sagte sie verdutzt und ergriff Märzbritts Hand. »Ich heiße Gro.«
    »Märzbritt muss nach Hause«, sagte Maibritt eilig. »Ihre Mutter sucht nach ihr.«
    »Und das soll sie ruhig noch eine Weile tun«, sagte Märzbritt und schob sich an Mama vorbei in den Flur. »Sie ist daran gewöhnt, dass ich ab und zu verschwinde.«
    Mama lächelte das netteste Lächeln, das Maibritt je an ihr gesehen hatte. Als Märzbritt in die Küche stapfte, schlurfte Mama hinter ihr her.
    Maibritt zog erst einmal ihre Jacke aus und hängte sie an einen Haken. Dann schlüpfte sie aus ihren Schuhen und stellte sie ordentlich an ihren Platz.
    »Maibritt!«, hörte sie Märzbritt rufen. »Guck dir bloß mal dieses
supercoole
Spiel an!«
    »Oh nein«, sagte Maibritt leise und starrte sich im Spiegel an. »Blöder Gott!«
    Am liebsten hätte sie sich gleich wieder angezogen und wäre zum Wohnwagen zurückspaziert, um in dem schönen Bett Probe zu liegen und vielleicht mit Anna zusammen ein Omelett zu braten. Ein luftiges Omelett mit Paprika und Tomaten. Oder sie könnte Chikkaboo machen. Das Gericht und den Namen hatte sie selbst erfunden. Maibritt war sicher, dass Anna Chikkaboo lieben würde. Sie könnten sich mit ihren Tellern auf das gemütliche Bett setzen und sich über Farben und Düfte unterhalten.
    »Na, träumst du, mein Schatz?«
    Wenigstens Papa war ordentlich angezogen. Er sah frisch geduscht aus, und als er sich bückte, um ihr einen Kuss zu geben, roch er nach Pfefferminze aus dem Mund.
    »Gott sei Dank«, flüsterte Maibritt.
    »Was?«, fragte Papa.
    »Ach, nichts.«
    »Komm schon!«, rief Märzbritt. »Du musst dir das tolle Spiel ansehen!«
    Maibritt stieß einen Seufzer aus und ging in die Küche, wo es wie üblich total chaotisch aussah. Maibritt räumte ja normalerweise ihr Zeug weg, aber an diesem Morgen war sie viel zu wütend gewesen.
    Jetzt saßen Mama und Märzbritt über den unabgeräumten Küchentisch gebeugt. Zwischen ihnen stand eine Box. Aus der Box kamen zwei Kabel, an deren Ende jeweils eine Art Handgriff angebracht war. Auf der Rückseite gab es noch ein Kabel mit einem Steckkontakt, das zu der Steckdose unter dem Fenster führte.

    »Wenn du die Antwort weißt«, erklärte Mama, »drückst du den Schalter an dem Griff, und dann …«
    »Und das hast du ganz allein erfunden?«, fiel Märzbritt Mama ins Wort und sah sie bewundernd an.
    »Das ist meine Arbeit«, sagte Mama. »Ich bin Spieleerfinderin. Oder Spieleautorin, wie es so schön heißt.«
    »Ist es deine Arbeit, die ganze Zeit zu spielen?«
    »Das ist blutiger Ernst«, sagte Mama und lachte.
    Maibritt stand still da und betrachtete die beiden. Sie waren sich ziemlich ähnlich. Zumindest, was die Haare betraf.
    »Also«, fuhr Mama fort, »das ist ein Fragespiel. Du kannst zwischen vier Antworten wählen. Die stehen auf dieser Karte hier. Die Fragen auf der einen, die Antworten auf der anderen Seite. Man steckt die Karte in die Box …«
    Es dauerte etwas, bis die Karte in dem dafür vorgesehenen Schlitz steckte. »Dann nimmt einer der anderen Spieler diesen Stift hier«, erklärte sie weiter und hielt etwas vor sich hoch, das wie ein metallenes Streichholz aussah, »und steckt ihn in das Loch neben der richtigen Antwort. Wer geantwortet hat, hält den Handgriff fest, und wenn deine Antwort richtig ist, leuchtet diese grüne Lampe auf.«
    Auf der oberen Seite war ein kleines Lämpchen.
    »Ist die Antwort allerdings falsch …«, begann Mama.
    »… bekommt man einen Stromschlag!«, jubelte Märzbritt und klatschte in die Hände. »Was für ein geniales Spiel!«
    »Bist du verrückt?«, sagte Papa. »Du kannst den Kindern doch keinen Schlag verpassen!«
    »Das ist völlig unbedenklich«, sagte Mama und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. »Das prickelt nur ein bisschen. Und überhaupt ist das hier ja nur der Prototyp. Keine Ahnung, ob es überhaupt funktioniert.«
    »Das will ich ausprobieren«, sagte Märzbritt eifrig.
    »Tu’s lieber nicht«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher