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Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan

Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan

Titel: Zwei kunterbunte Freundinnen | Das Chaos wohnt nebenan
Autoren: Anne Holt
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einem Jungen gehörte.

    »Hallo«, sagte der Junge oder das Mädchen und lächelte. »Wie heißt du?«
    »Maibritt«, antwortete Maibritt.
    »Das ist aber ein altmodischer Name«, sagte das Mädchen oder der Junge.
    »Ich heiße nach meiner Oma«, erklärte Maibritt. »Die heißt Britt. Und weil ich im Mai geboren wurde, ist Maibritt daraus geworden.«
    Ein Kind mit kurzen blonden Strubbelhaaren sprang aus der Hecke und breitete die Arme aus.
    »Na, so ein Zufall, ich heiße auch Britt!«, jubelte es. »Und bin nach meiner Omi benannt worden. Und weil ich im März Geburtstag habe, heiße ich Märzbritt.«
    Als sie ihren Namen aussprach, streckte sie die rechte Hand vor. Maibritt zögerte etwas, ehe sie sie ergriff.
    »Freut mich, dich kennenzulernen«, sagte Märzbritt. »Ich bin deine neue Nachbarin.«
    Maibritt zog die Nase kraus. Das war nicht sehr höflich, wenn sich eine neue Nachbarin vorstellte, aber in dem Haus auf dem Nachbargrundstück konnte man doch wohl nicht wohnen. Das Ding war eine alte Bruchbude. Die Fenster hingen in den Angeln, einige waren sogar mit Brettern vernagelt. Das Dach hatte Löcher noch und nöcher, und auf dem Dachboden nisteten Tauben. Die flogen ein und aus, wie es ihnen passte, und machten einen Lärm, der Papa gehörig auf die Nerven ging.
    »Wohnwagen«, sagte Märzbritt.
    »Wohnwagen«, wiederholte Maibritt ohne den geringsten Schimmer, was das neue Nachbarsmädchen ihr damit sagen wollte.
    »Wir wohnen im Wohnwagen«, sagte Märzbritt. »Erst mal jedenfalls. Du hast doch nicht etwa geglaubt, dass wir in der Bruchbude wohnen? Das Haus muss noch gründlich renoviert werden.«
    Märzbritt lachte laut und schlug sich auf die Oberschenkel. Dann wurde sie plötzlich ernst. Maibritt machte einen Schritt nach hinten. Das Mädchen war wirklich merkwürdig.
    »Warum sitzt du eigentlich hier vorm Haus?«, fragte Märzbritt und kratzte sich in der Wuschelmähne.
    Sie hatte die blondesten Haare, die Maibritt je gesehen hatte, und wenn sie ehrlich sein wollte, auch die seltsamste Frisur. Das sagte sie natürlich nicht laut, weil das unhöflich gewesen wäre. Aber es sah ganz danach aus, dass Märzbritt sich die Haare selbst geschnitten hatte. Mit geschlossenen Augen vermutlich. Und dann waren die Haare auch noch völlig verstrubbelt und verfilzt.
    »Ich warte auf die anderen, mit denen ich zur Schule laufe«, sagte Maibritt.
    »Heute? Am Samstag? Interessant.«
    Maibritt hatte völlig vergessen, dass Wochenende war.
    Märzbritt grinste. »Also, ich mache am Wochenende immer einen großen Bogen um die Schule«, sagte sie glucksend. »Außerdem gehen nur Erstklässler nicht allein zur Schule. Aber wenn du das brauchst …«
    Maibritt wurde rot. Rot wie eine Ampel. Und ihr wurde so warm, dass sich Schweißperlen auf ihrer Oberlippe bildeten.
    »Du glühst ja wie eine Feuerqualle«, sagte Märzbritt und lachte. »Hast du ein Pausenbrot dabei?«
    Maibritt schossen Tränen in die Augen. Sie war es gewohnt, dass die Jungs in ihrer Klasse gemeine Sachen zu ihr sagten, ein paar der Mädchen waren auch nicht gerade nett. Aber mit einer Feuerqualle hatte sie noch nie jemand verglichen.
    »Weinst du?«, fragte Märzbritt neugierig und sah Maibritt mit schräg gelegtem Blondschopf an.
    Maibritt schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Sie hatte genügend damit zu tun, ihre Tränen zurückzuhalten.
    »Komm«, sagte Märzbritt und winkte sie hinter sich her durch die Hecke, durch ein Loch, das gerade groß genug für eine Achtjährige war. »Ich will dir was zeigen. Nimm deine Schultasche mit.«
    »Maibritt!
Maaaaaaibritt!
«
    Mamas Stimme bohrte sich in den stillen Morgen. Spitz und streng. Vielleicht hätte Maibritt doch lieber die Pipipfütze wegwischen und den Zucker zurück in den Schrank stellen sollen, damit Mama sich nicht ausrechnen konnte, was sie getan hatte.
    »Ist das deine Mutter?«, flüsterte Märzbritt begeistert.
    Maibritt nickte.
    »Die hört sich ganz schön stinksauer an. Komm!«
    Ein großer Teil von Maibritt wollte zurück ins Haus gehen, in die Küche. Ein großer Teil von Maibritt fand, dass sie lieber auf Mama hören sollte. Schließlich war sie das vernünftigste und bravste Mädchen auf der Welt.
    Zugleich hatte aber ein ganz winzig kleiner Teil von Maibritt riesige Lust, mit Märzbritt mitzugehen. Dieser winzig kleine Teil kam äußerst selten zum Vorschein. Aber heute Morgen hatte er sie dazu gebracht, sich dick Zucker aufs Pausenbrot zu streuen. Und vielleicht war dieser
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