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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nackten Arme um seinen Hals und spürte, daß sie zitterte. Aus Angst? Aus Liebe?
    Und ihr Haar roch wirklich so, wie er es sich vorgestellt hatte.
    »Viktor, was ist los mit dir?« fragte der kleine Spiller , der die Gerichtsberichte für das ›Abendblatt‹ schrieb und mit dem Rechtsanwalt Riffart seit einigen Jahren befreundet war.
    »Was soll los sein mit mir?« antwortete Viktor Riffart gereizt.
    »Du hast dich gestern nacht hier vollaufen lassen wie ein Krug, und heute hast du anscheinend das Gleiche vor.«
    »Und wenn schon«, knurrte er. »Es macht mir Spaß. Hast du was dagegen?«
    »Na, denn Prost.« Spiller rutschte vom Barhocker und ging an seinen Tisch zurück.
    Spaß, dachte Viktor. Mein Gott, es macht mir solchen Spaß, daß ich kotzen könnte. Gestern war ich wenigstens nach sechs harten Schnäpsen so besoffen, daß ich die Szene zu Hause vergessen konnte. Aber heute?
    Heute hilft nicht mal der Alkohol. Heute gibt's kein Vergessen. Mein Kopf ist klar, ich kann die Flaschen da drüben auf dem Bord zählen. Ich habe keine schwere Zunge. Ich kann geradestehen. Kann sehen, daß ich zu der Schwarzen da drüben nur ein Wort zu sagen brauche, dann kommt sie 'rüber.
    Viktor Riffart drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. Laura, dachte er, ich wollte dich gestern betrügen, ich wollte die Nächstbeste nehmen, nur um mir zu beweisen, daß ich ein Kerl bin, daß bei mir alles normal ist.
    Ich habe dich nicht betrogen. Ich bin allein in einem Hotelzimmer aufgewacht, habe mir ein frisches Hemd gekauft und einen Rasierapparat und bin ins Büro gefahren. Ich wollte dich hundertmal anrufen, Laura, aber was kann man am Telefon schon sagen?
    »Liebling, es tut mir leid.«
    Einfach lächerlich.
    Riffart trank sein Glas leer. Klar, er hätte heute nach dem Büro sofort heimfahren müssen. Aber er hatte ganz einfach Angst davor. Die Wohnungstür aufschließen, 'reingehen, sie ansehen: »Liebling, ich habe mich nur betrunken, nichts sonst ist passiert.«
    Viktor Riffart warf ein paar Geldscheine auf die Theke, schob das Wechselgeld ein, trat ins Freie. Die Straße war ziemlich leer. Es war spät, Mitternacht vorbei. Er wollte sich nach einem Taxi umsehen. Heimfahren. Endlich heimfahren.
    Es gab etwas sehr Wichtiges, was er ihr sagen mußte. »Laura«, mußte er ihr sagen, »ich weiß nicht, was mit dir los ist. Ich weiß nicht, ob du mich liebst oder haßt, ich verstehe gar nichts mehr. Ich weiß nur eines: Ich liebe dich!«
    Seine Hände waren kalt, eiskalt, trotz der warmen Nacht. Er hatte heute den Mörder Duschek in seiner Gefängniszelle besucht. Bald würde er ihn vor dem Schwurgericht zu verteidigen haben.
    »Frigid«, hatte der Mörder Duschek zu ihm gesagt, »frigid war sie, meine Frau.« Was heißt das? Woran erkennt man das? »Ich habe meine Frau geliebt, Herr Rechtsanwalt – aber das werden Sie nicht verstehen.«
    »Hallo, Taxi!«
    Ein Wagen bremste, hielt. »Wohin?«
    »In die Montenstraße , bitte.«
    Laura schloß die Augen. Sekundenlang schien es ihr, als sei sie glücklich. Sie hatte alles empfunden, was eine Frau von der Liebe erwartet. Sie hatte gegeben und genommen. Etwas, was sie heiß ersehnte, hatte sich erfüllt.
    Dunkelheit umgab sie, fremd war das Zimmer, das Bett. Den Mann, der neben ihr lag, hatte sie vor ein paar Stunden noch gar nicht gekannt. Und jetzt war sie plötzlich seine Geliebte, sie ließ sich küssen, sie küßte ihn, sie duldete seine Hände, sie duldete alles.
    Und es war so schön, wie sie es mit ihrem Mann nie empfunden hatte. Sie flüsterten sich Worte zu, die ihnen die Leidenschaft eingab. Sie umschlangen sich, als hätten sie sich für immer entdeckt, als seien sie füreinander geboren worden und als gäbe es keine andere Liebe als die ihre.
    »Laura«, flüsterte er.
    »Ja?«
    »Sag, daß du mich liebst, daß du es nur deshalb getan hast.«
    Sie öffnete ihre Augen, erkannte gegenüber an der Wand das Zifferblatt einer Uhr. Es war Mitternacht vorbei. Sie mußte aufstehen, sich anziehen, heimgehen.
    Mein Gott, Richard, dachte sie, ich bin kein Mädchen. Ich bin eine verheiratete Frau. Ich habe es nicht aus Liebe getan. Ich habe es aus Verzweiflung getan, aus Angst, aus Wut, aus Rache.
    Laura wußte, daß sie ihm das nicht sagen konnte. Sie hatte nicht den Mut dazu. Um nicht antworten zu müssen, küßte sie ihn. Ein letztes Mal.
    Und in einer Aufwallung von Dankbarkeit dachte sie: Richard, du hast es mir so leicht gemacht. Du hast alles weggewischt, was diesen Abend
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