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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie im Süden, in Florenz etwa. Er bog in der Königinstraße rechts ab, in den Park hinein.
    »Wollen Sie zu den Gammlern?« forschte sie.
    »Wir sind dazu nicht angezogen«, grinste er, »Smoking und Abendkleid – sie würden uns nicht in ihren Kreis aufnehmen.«
    Das Restaurant, in das er sie führte, war sehr viel feiner. Man saß auf einer Terrasse und hatte einen kleinen See vor sich. Lampions leuchteten, Ober bedienten im Frack. Wer Lust hatte, konnte Kaviar essen oder Austern. Oder er konnte auch bloß die Schwäne füttern, die am Ufer schaukelten.
    Normann bestellte Wein und irgendwelche winzigen Brötchen. Im Grunde nahm er nichts von seiner Umgebung wahr. Nur Laura. Und nur der kindliche Wunsch beherrschte ihn, daß diese Nacht nie enden möge.
    Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. »Ich glaube«, sagte sie leise, »Sie verstehen eine ganze Menge von Frauen.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil Sie das Gefühl dafür haben, daß man mich heute nichts fragen darf. Weil Sie so tun, als interessiere es Sie gar nicht, warum ich allein in der Oper war und warum ich davongelaufen bin.«
    Er blieb ihr die Antwort schuldig. Ich heiße Laura, genügt Ihnen das? Er hatte sie verstanden, die Spielregeln bisher eingehalten. Aber er wußte gleichzeitig, daß es ein verdammtes Spiel war.
    Denn er liebte sie.
    So unsinnig und so unlogisch es auch war, sich in jemand zu verlieben, den man überhaupt nicht kannte, den man zweimal per Zufall getroffen hatte, so dumm und unverständlich das war, so lächerlich – ihm passierte es jetzt. Und da nützte es nichts, daß er viele Semester Psychologie studiert hatte, daß er Doktor der Psychiatrie war, daß er Schicksale analysierte und Ehepaare beriet.
    Ja, er liebte sie, er war halb wahnsinnig vor Sehnsucht nach ihr, so wie sie da am Tisch saß, schön, blond, fremd. Er hatte viele Vorträge über Liebe, über Sex, über Partnerwahl gehalten, aber wie sollte er jetzt seinen eigenen Zustand erklären?
    War es, weil sie so sehr Marilyn glich? Kam es davon, daß sie ihm bei aller Fremdheit gleichzeitig so eigenartig vertraut war? Als träume er einen Traum, den er schon einmal geträumt hatte, lange zurück.
    Sie verließen das Seerestaurant. Er wußte die Stunde gar nicht. Er legte beim Weggehen den Arm um sie. Er küßte sie nicht, er wurde nicht zärtlich. Er wurde höchstens eine Spur blasser.
    Die sechs Zylinder seines Sportwagens blubberten leise. Er hatte die Hände am Steuerrad, blickte zu ihr hinüber. »Ich möchte gern einmal mit Ihnen tanzen, Laura.«
    »Nur einmal?« fragte sie lachend.
    Als sie etwa zwanzig Minuten später den feudalen Nightclub auf dem Dach des Hotels betreten wollten, blieb Laura plötzlich wie angewurzelt stehen. Ihre Hände klammerten sich an seinem Smokingärmel fest. »Richard, bitte, laß uns hier wieder weggehen!«
    Es war ein Vorgang von ein paar Sekunden. Es war klar: Sie hatte jemand gesehen, wollte ihrerseits nicht gesehen werden. Wen, das ließ sich bei den vielen Gesichtern, die sich ihnen neugierig zugewandt hatten, nicht feststellen. Wenigstens für ihn nicht.
    Im Lift, der sie wieder nach unten brachte, hielt er sich weiterhin an die Spielregeln. Er fragte nichts, bemerkte nur leichthin: »Sowieso viel zu voll für uns.«
    Zum drittenmal an diesem Abend saßen sie im Wagen. Da lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. Er zog sie fester an sich, hob ihr Gesicht nahe an sein Gesicht.
    Stand es auch in den Spielregeln, daß ihm auf einmal das Herz stehen blieb, um gleich darauf mit einem harten Schlag das Blut in seinen Ohren brausen zu lassen? Und daß alles, das Lachen und das Lächeln und das Leichthingerede, zum Teufel ging?
    Er küßte sie, ihre Augen schienen ihm fast schwarz in der Dunkelheit. Als er sie losließ, sah sie ihn noch immer an. Mit einem rätselhaften Blick, den er nicht zu deuten wußte. Ihr Mund war feucht und weich.
    Wer redete jetzt noch vom Tanzen? Er legte den Arm um ihre Schultern und spürte beim Fahren ihre kühle, glatte, duftende Haut. Die Sehnsucht nach ihr schlug über ihm zusammen wie eine Welle.
    Vor einem Appartementhaus hielt er. »Da oben wohne ich.«
    Wortlos stieg Laura aus, ging neben ihm an ein paar blühenden Jasminbüschen vorbei zum Eingang.
    Das Treppenhaus war dunkel. Wie ein kleiner, hell beleuchteter Käfig aus Chromstahl wartete der Lift. Sie benützten ihn nicht. Sie hielten sich aneinander fest und stiegen die Treppen hinauf.
    Im Dunkeln schloß er seine Tür auf. Im Dunkeln fühlte er ihre
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