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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von Regen.«
    »Vielleicht gegen Abend. Eine Abkühlung wäre nicht schlecht.«
    Selbst die Pausen zwischen solchen Dialogen wurden immer länger. Laura und Viktor Riffart saßen sich am Frühstückstisch gegenüber, beide rührten sie vom Frühstück kaum etwas an.
    Laura trug Shorts, eine ärmellose Bluse. Ihre Haare hatte sie mit einem Band zusammengesteckt. Fast die ganze Zeit starrte sie zum Fenster hinaus.
    Viktor rauchte eine Zigarette, blätterte die Zeitung durch. »Ach«, rief er plötzlich, »gestern wäre ja Karajan gewesen.«
    »Ich bin hingegangen«, sagte Laura.
    »So … Und war es schön?« Es klang ein wenig spöttisch.
    »Ich bin nach dem ersten Akt wieder gegangen.«
    Viktor hatte schon mehrmals auf die Uhr gesehen. Jetzt stand er auf, band sich seine Krawatte um, schlüpfte in seinen Sakko. Unter der Tür blieb er stehen. »Ich habe viele Termine – ich komme nicht zum Mittagessen.«
    »Gut.«
    Höfliche, eisige Sätze. Fremde hätten nicht unpersönlicher miteinander sprechen können. Kein Tag ihrer Ehe, an dem er sie nicht zum Abschied geküßt hatte. Heute unterließ er es natürlich.
    »Wiedersehen.«
    Es war ein sonnenklarer, grausamer Morgen. Viktor war fort, sein Bild blieb zurück. Er hatte müde ausgesehen, übernächtigt, hatte Schatten unter den Augen und einen harten, fremden Zug um den Mund.
    Laura warf einen Blick in sein Arbeitszimmer. Er hatte sogar sein Bett gemacht, und das konnte nur bedeuten, daß er die getrennten Schlafzimmer als Dauereinrichtung betrachtete.
    War sie schuld daran?
    Hätte sie heute nacht antworten sollen? In ihrer Verfassung? Aus den Armen eines andern in die Arme des Ehemannes fliehen, die Betten wechseln wie eine Dirne?
    Und was hätte sie sagen sollen? Die Wahrheit etwa? »Viktor, ich hab's ausprobiert, ich kann lieben.«
    Laura wurde es von ihren eigenen Gedanken übel. Was hatte sie sich eingehandelt in der vergangenen Nacht?
    Es kam ihr plötzlich so vor, als habe sie drei betrogen, Richard, Viktor und sich selbst.
    Sich selbst am meisten.
    Als Dr. Normann an diesem Vormittag in seine Praxis kam, sagte seine Sprechstundenhilfe: »Sie sollen Herrn Rechtsanwalt Riffart anrufen. Die Nummer habe ich Ihnen auf den Schreibtisch gelegt.«
    »Danke.«
    Zweimal war die Nummer belegt, dann klappte die Verbindung.
    »Nett, daß Sie anrufen, Herr Doktor!« rief der Anwalt. »Die Schwurgerichtsperiode beginnt mit dem Prozeß gegen Duschek; das heißt also, nächsten Mittwoch. Ich habe Sie als Zeugen benannt.«
    »In Ordnung.«
    »Ich hätte Sie aber gern noch einmal gesprochen vorher. Geht es heute?«
    »Ich habe viele Patienten«, antwortete Normann, »nur über Mittag hätte ich eine Stunde frei.«
    Sie trafen sich um halb eins in einem Restaurant der Innenstadt. Normann gab einen kleinen Koffer an der Garderobe ab, ehe er zu Riffart an den Tisch trat, ihn begrüßte, sich setzte.
    »Sie sagen, Lise Duschek sei frigid gewesen«, begann Riffart das Gespräch. »Woher wissen Sie das?«
    »Höchst einfach. Von ihr selber.«
    »Ich dachte, Sie haben den Mann behandelt?«
    Normann nickte. »Um ihm zu helfen, mußte ich auch seine Frau kennenlernen. Es hing alles von ihr ab.«
    »Und?«
    »Sie wurde richtig böse, als ich mit ihr sprach. Sie sei ganz zufrieden mit sich, auch ohne Orgasmus. Daß ihr Mann ein Versager im Bett sei, das liege nicht an ihr. Eine psychotherapeutische Behandlung käme für sie gar nicht in Frage.«
    »Behandlung?« Riffart blickte ihn über den Tisch weg an. »Wie behandeln Sie denn frigide Frauen?«
    »Das ist nicht mit ein paar Sätzen zu erklären.«
    »Hormone?«
    »Nein. Frigidität ist eine seelische Störung, und dafür kann sehr vieles verantwortlich sein. Falsche Erziehung. Schreckliche Kindheitserinnerungen. Der Wunsch, ein Junge zu sein. Eine starke Vaterbindung. Die ersten sexuellen Kontakte. Schmerzen beim ersten Verkehr. Oder auch der falsche Partner.«
    Riffart breitete langsam seine Serviette aus. »Kommen die Frauen von sich aus zu Ihnen?«
    »Ja, weil sie unglücklich oder krank geworden sind. Nur die wenigsten sind so wie Lise Duschek. Nur die wenigsten leiden nicht unter ihrer Frigidität. Die anderen sind verzweifelt, sie haben Nervenzusammenbrüche, Neurosen; sie werden nymphoman, oder melancholisch, oder manisch – oder sie bringen sich um.«
    Ein paar Sekunden herrschte Schweigen zwischen den beiden Männern. Dann fragte Normann plötzlich: »Übernehmen Sie auch Scheidungen?«
    »Ja.«
    »Und da ist nie dieses
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