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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Problem aufgetaucht?«
    »Sie wissen schon – bei uns nennt man das seelische Grausamkeit«, antwortete Riffart. »Die wahren Gründe bleiben auf der Strecke.« Nach einer Pause setzte er hinzu: »Aber vor dem Schwurgericht wird es natürlich anders sein. Duschek hat sich ja nicht scheiden lassen, sondern er hat seine Frau umgebracht. Also muß wohl alles ausgesprochen werden, was sich im Schlafzimmer abspielte.«
    »Sind Frauen unter den Geschworenen?« erkundigte sich Normann.
    »Ja, zwei. Eine Lehrerin – geschieden, soviel ich weiß – und die Frau eines mittleren Beamten, Mutter von drei Kindern.«
    »Haben Sie selber auch Kinder?« Normann fragte das ganz beiläufig.
    »Nein.« Erst nach einer Weile hob Riffart den Kopf. »Und Sie sind nicht verheiratet, Doktor?«
    »Stimmt.«
    »Aus Prinzip?«
    Normann schüttelte den Kopf. »Um ehrlich zu sein, ich suche noch – aber vielleicht nicht mehr lange.« Wenig später verabschiedete er sich.
    Richard Normann ließ sich an der Garderobe seinen Koffer wiedergeben.
    Es war äußerlich ein Koffer, wie ihn Ärzte mitführen, wenn sie zu ihren bettlägerigen Patienten unterwegs sind. Aber dieser hier enthielt kein Stethoskop und keine Ampullen. Er enthielt das einzige, was Laura in der Nacht zurückgelassen hatte: einen weißen Seidenmantel.
    »Ich heiße Laura, genügt Ihnen das?« Nein, das genügte ihm nicht. Er mußte, er würde sie wiederfinden. Irgendwo würde er sie wiederfinden.
    Ein paar Minuten später stand er vor der Boutique Mariella. Ob Laura dort Stammkundin war?
    Er trat in den kleinen Laden. Ein Minikleid fragte ihn höflich: »Sie wünschen?«
    Normann klappte seinen Koffer auf, nahm den weißen Seidenmantel heraus und zeigte auf das Firmenetikett. »Ich suche die Dame, die bei Ihnen diesen Mantel gekauft hat.«
    Das Minikleid lächelte ein wenig. »Sie haben Glück, mein Herr. Ein Pariser Modell, das wir erst vor vierzehn Tagen hereinbekommen haben.«
    »Und wieviele haben Sie davon verkauft?«
    »Wir führen nur Einzelstücke.«
    »Ausgezeichnet, dann können Sie sich bestimmt an die Kundin erinnern, an ihren Namen.«
    Das Minikleid trat hinter den Verkaufstisch. »Wir haben eine Kundenkartei. Wenn Sie sich einen Augenblick gedulden wollen?«
    Dr. Normann trat etwas zur Seite, wartete.
    »Wir sind natürlich zur Diskretion verpflichtet«, sagte die Verkäuferin, »darf ich fragen …«
    Er zuckte die Achseln. »Ganz einfach … Die Dame hat den Mantel verloren … Die Taschen sind leer. Wenn Sie mir nicht helfen, muß ich ihn zum Fundbüro tragen.«
    »Laura Riffart«, las die Verkäuferin vor, »München, Montenstraße vier, Telefon …«
    Normann starrte sie an. »Riffart?«
    »Ja. Ihr Mann ist Rechtsanwalt. Kennen Sie ihn?«
    »Flüchtig.« Es kostete ihn ziemliche Mühe, dieses Wort herauszubringen. Es kostete ihn noch mehr Mühe, dazu ein gleichgültiges Gesicht aufzusetzen.
    »Wollen Sie sich die Adresse nicht aufschreiben?«
    »Danke. Ich kann sie mir merken.«
    Dann stand er draußen, in dem hübschen Innenhof, wo ein Brunnen plätscherte, wo es ein kleines Café gab, Sonnenschirme, Schaufenster, Menschen …
    »I am sorry«, hatte vor drei Jahren ein Sergeant zu ihm am Telefon gesagt. »Ihre Verlobte ist von einem Lastwagen gerammt worden, sie ist tot … Bitte setzen Sie sich mit dem Unfallkrankenhaus in Brooklyn in Verbindung.«
    »I am sorry«, sprach er halblaut zu sich selbst. »Laura ist nicht tot. Nur verheiratet. Zufällig mit dem Anwalt Viktor Riffart, mit dem du vor einer halben Stunde zu Mittag gegessen hast. Ein netter Kerl, nicht wahr? Am Mittwoch wirst du ihn wiedersehen, vor dem Schwurgericht. Du wirst ihm die Hand geben, er setzt auf dich, du bist sein bester Zeuge.«
    Er rannte, so schnell er konnte. Schweiß perlte ihm von der Stirn. »Ich heiße Laura«, hatte sie gesagt, »genügt Ihnen das?«
    Es genügt, dachte er, der Traum ist aus. Der Film ist gerissen. Wenn du ein Kavalier bist, dann vergißt du diese Nacht, in der sie in deinen Armen lag. Wenn du ein Kavalier bist, dann schickst du ihr den Mantel ins Haus, und ein paar Blumen dazu. Wenn du keiner bist, rufst du sie an und sagst: »Vielleicht ein andermal wieder, wenn dein Mann gerade verreist sein sollte.«
    »Du verstehst eine Menge von Frauen«, hatte sie gesagt.
    Eine kolossale Menge, dachte er bitter. Nur nicht das Geringste von einer, die Laura Riffart heißt.
    Wie schwer war es, Frauen zu verstehen, hinter ihre Fassade zu blicken, die Ursache zu finden für
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