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Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin

Titel: Nachtmahr - Das Erwachen der Koenigin
Autoren: Ulrike Schweikert
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Prolog
RAIKA
    Raika sah auf die Uhr. Eswar kurz nach acht. Höchste Zeit, den Arbeitstag zu beenden! Sie erhob sich von ihrem Schreibtischstuhl und streckte sich genüsslich. Ihr Blick wanderte zu den großen Fenstern, hinter deren Sicherheitsscheiben sich das Panorama der Londoner City darbot. Noch heute war das alte Zentrum der Stadt Inbegriff für das große Geld, für Banken und Versicherungen, auch wenn die meisten wichtigen Geldhäuser längst in die Docklands hinausgezogen waren, wo sie in der Schleife der Themse rund um die Canary Wharf neue gläserne Türme erbaut hatten, die sich gegenseitig an Höhe und Prunk zu übertreffen suchten.
    Draußen wurde es bereits dunkel, und in den unzähligen Fensterreihen flammten nacheinander immer mehr Lichter auf. Für Raika war das die schönste Zeit des Tages. Die Nacht erwartete sie! Eine neue, aufregende Nacht voller Leben und Abenteuer. Sie atmete tief ein, doch die Luft schmeckte nur nach Arbeit und Schweiß und nach den Ausdünstungen der Klimaanlage, die sie unermüdlich durch ihr Labyrinth von Rohren presste und durch die Lüftungsschlitze in die Büroräume schleuderte.
    Raika war es plötzlich, als könne sie nicht mehr atmen. Ihre Lungen verlangten nach frischer, unverdorbener Luft! Mit einem Ruck zog sie die Schreibtischschublade auf und griff nach ihrer Handtasche. Sie stopfte ihr Handy und ihre Wagenschlüssel hinein und wollte gerade hinausstürmen, als eine Stimme ertönte und sie zurückhielt.
    »Raika, ist das etwa ein Fluchtversuch?«
    Betont langsam drehte sie sich um. »Nein, Brent, das nennt man Feierabend«, sagte sie gedehnt zu ihrem Kollegen.
    Er strahlte sie schon wieder auf eine Weise an, die ihr Brechreiz verursachte.
    »Das geht leider nicht …«, sagte er.
    Brent trat näher, ohne Raika aus den Augen zu lassen. Ja, er verschlang sie geradezu mit seinem Blick. Raika hatte das Gefühl, als könne sie sich selbst durch seine Augen sehen: ihre große, schlanke Gestalt mit der schmalen Taille und den festen Brüsten, das schmale Gesicht mit den dunklen Augen, umrahmt von dichtem schwarzem Haar, das ihr bis auf den Rücken fiel. Sie wusste, dass ihre Lippen sinnlich wirkten und mit dem knallroten Lippenstift, auf den sie nie verzichtete, Männer magisch anzog. Doch warum mussten es so oft Typen wie Brent sein?
    Alles an ihm war höchstens durchschnittlich zu nennen! Er war mittelgroß und sein Körper nicht gerade durchtrainiert, zumindest ließ das die Rundung unter seinem Hemd vermuten. So genau wollte es Raika gar nicht wissen. Seine Augen waren von blassem Grau, das Haar sandfarben und dünn, und seine Gesichtsfarbe wechselte zwischen einem kränklichen Gelbton und einem ebenso wenig attraktiven Rot, das ihm nun wieder einmal in die Wangen stieg.
    »Was geht nicht?«, hakte sie ungeduldig nach.
    Zaghaft hielt er ihrem Blick stand. »Feierabend«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Der Chef sagt, die Pläne müssen noch einmal geändert werden. Er muss sie gleich morgen früh mitnehmen. Die Klienten haben es sich noch mal anders überlegt.«
    Er trat zu einem der großen Tische und entrollte den Bauplan der neuen Appartementanlage, die in wenigen Monaten auf dem großen Baugelände südlich der Stadt entstehen sollte.
    Widerstrebend trat Raika näher und betrachtete ein wenig ungläubig die zahlreichen, hastig mit roter Farbe eingefügten Änderungen.
    »Das ist nicht sein Ernst!«
    Brent zog eine Grimasse, nickte aber. »Doch, das ist es sehr wohl. Lucy und Gernot werden auch gleich da sein, um uns zu helfen. Der Chef sagt, er will die neuen Pläne morgen um acht mitnehmen.«
    Raika machte ein finsteres Gesicht. »Da sitzen wir ja die halbe Nacht dran, wenn das reicht – selbst wenn wir zu viert sind.«
    »Ja, das fürchte ich auch, aber was will man machen?« Brent nickte mit tragischer Miene.
    Raika kam jedoch der Verdacht, dass er sich insgeheim über die Überstunden freute. Klar, wenn man kein Privatleben hatte und es einen glücklich machte, seine Kollegin aus der Ferne anzuschmachten, grollte sie im Stillen, pfefferte aber ihre Handtasche zurück in ihre Schreibtischschublade und fuhr den Rechner wieder hoch. Brent nahm schräg gegenüber von ihr Platz. Auch die anderen beiden Kollegen kehrten wenige Augenblicke später zu ihren Arbeitsplätzen zurück. Sie teilten sich die verschiedenen Bereiche der Pläne auf, um sie im CAD -System zu bearbeiten und die Änderungen einzufügen.
    Die nächsten drei Stunden arbeiteten sie
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