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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verloren. »Ich bitte dich, wir wollen in Ruhe miteinander reden, ich sehe ein …«
    »Nein«, unterbrach sie ihn, »ich weiß, du haßt Aussprachen.«
    Die Tür wurde schon geöffnet. Frederik, der Butler. Mit dem gleichen höflichen Gesicht wie immer. »Bitte?« fragte er.
    »Sind die Koffer im Wagen?«
    »Ja, gnädige Frau.«
    Gegen jede Etikette nahm sie den Arm des Butlers. »Kommen Sie, Frederik. Bringen Sie mich zur Garage.«
    »Ellen!« Ein letzter Versuch Rudolfs.
    Sie zuckte nur die Schultern, ging wortlos an ihrem Mann vorbei. Und sie dachte: Zum erstenmal, Rudolf, hast du mich unterschätzt. Wenn du einen Skandal vermeiden willst, wirst du mir den Jungen lassen. Mehr will ich nicht von dir.
    Sie fuhr nicht weit. Nur in die Innenstadt, in das neue Europa-Hotel, wo sie sich schon ein Appartement hatte reservieren lassen.
    Ehe sie noch die Koffer auspackte, telefonierte sie. Der Teilnehmer meldete sich erst nach einiger Zeit.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Herr Doktor Normann«, sagte Ellen, »aber seinen Psychiater darf man ausnahmsweise auch mal am späten Abend anrufen, ja?«
    »Natürlich, Ellen.«
    »Ich fange an, selbständig zu werden, Herr Doktor. Ich habe meinen Mann verlassen, vor einer halben Stunde. Und es fiel mir nicht einmal schwer. Ich möchte Ihnen danke sagen … Gute Nacht.« Sie legte schnell den Hörer auf.
    Nein, es war ihr nicht schwer gefallen wegzugehen. Sie war sich trotzdem darüber im klaren, daß noch nicht alles überstanden war. Noch lange nicht alles. Aber sie hatte keine Angst davor.
    Nie mehr würde sie Angst haben!
    Ein Wagen hielt knapp am Bordstein, eine Tür ging auf, ein Mann sagte: »Soll ich nicht doch auf dich warten?«
    »Nein, Viktor, kommt nicht in Frage; das kann doch zwei Stunden dauern«, antwortete die Frau. »Ich nehme nachher ein Taxi.«
    »Schön. Und paß auf die Treppen auf. Daß dieser Frauenarzt auch ausgerechnet im vierten Stock wohnen muß! Einer im Erdgeschoß wäre praktischer gewesen.«
    »Beim nächsten Kind dann«, lachte die Frau.
    »Wiedersehen, Laura.«
    Erst als dieser Name fiel, drehte sich Stephi, die etwas ratlos in ein Schaufenster für Umstandsmoden geblickt hatte, um.
    Ein paar Sekunden lang starrten Laura Riffart und Stephi Helmer sich an, dann brachen sie beide in Lachen aus.
    »Was, du bist auch schwanger?«
    Diesen Satz sagten sie fast gleichzeitig.
    Stephi schüttelte den Kopf. »Was so in einem Jahr alles passiert! Fast genau ein Jahr ist es her, daß wir uns nicht mehr gesehen haben.«
    Sie spazierten nebeneinander ein paar Schritte auf und ab.
    »War das vorhin dein Mann?« fragte Stephi.
    »Ja.«
    »Und … wieder alles in Ordnung, Laura?«
    Laura machte eine abwehrende Handbewegung. »Du, sprich bloß das Wort frigid nicht mehr aus. Das kann ich nicht mehr hören.«
    Stephi lachte. »Ja, wir haben es hinter uns. Dir sieht man es an, daß du glücklich bist.«
    »Und dir auch, Stephi.«
    »Dabei wollten wir uns scheiden lassen … Hast du mal was von Ellen Diekenhorst gehört?«
    »Ich hab' sie vor ein paar Wochen getroffen. Sie hat sich wirklich scheiden lassen.«
    »Was? Damals erzählte sie uns doch immer, was für einen netten Mann sie habe.«
    Laura zuckte die Schultern. »Sie hat nicht viel gesagt darüber. Aber sie hat's bestimmt richtig gemacht. Sie sah gut aus, weißt du, gar nicht mehr so nervös und fahrig.«
    »Komisch«, meinte Stephi, »wir sind alle vier 'raus aus den Schwierigkeiten. Sogar Helga Anderssen hat geheiratet, sie schreibt mir ab und zu. In Indien lebt sie zur Zeit, und ihr Werner, na ja, der ist einfach der Größte und Beste, den's auf der Welt gibt.«
    Laura lachte. »Im wievielten Monat bist du, Stephi?«
    »Im siebten. Und du?«
    »Ich hab' noch sechs Wochen.«
    »Dein Mann möchte wohl noch mehr Kinder?«
    »Viktor?« Laura sah sie lächelnd an. »Fünf mindestens, hat er gesagt.«
    Sie standen jetzt vor der Tür mit dem Schild: ›Frauenarzt Dr. Matern‹.
    »Laß dich nicht aufhalten, Laura.«
    Einen Moment hielt Laura Riffart noch Stephis Hand fest. »Wer wohl jetzt bei Doktor Normann am runden Tisch sitzt?«
    »Frauen wie wir«, sagte Stephi. »Frauen, die mit der Liebe nicht zurechtkommen. Und der Doktor fragt sie aus und hört ihnen zu. Und eines Tages werden sie es wissen.«
    Ja, dachte Laura, während sie die vier Treppen hochstieg, eines Tages werden sie wissen, wie es ist, eine richtige Frau zu sein. Wie schön es ist. Und wie leicht.
    Eine richtige Frau.
    Eine glückliche Frau.
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