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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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behutsam weiter: »Sie haben es zuerst geträumt und dann erlebt. Der Traum benützt Symbole. Plötzlich konnten Sie schwimmen, hinüberschwimmen zu Ihrem Mann, und es war ganz leicht.«
    Sie wurde ein bißchen rot, mied noch immer seinen Blick. »Ich habe wirklich gelacht im Traum, Herr Doktor, und ich bin wohl davon aufgewacht.« Sie knabberte an den Worten herum. Schließlich blickte sie ihn doch an und sagte ganz einfach: »Und danach habe ich meine erste wirkliche Liebesnacht erlebt.«
    Dr. Normann zupfte eine rote Herbstaster aus der Vase. Er drehte sie in seinen Händen. »Die Blume ist aufgeblüht. So kann man es sagen, wenn man Romantiker ist.«
    Stephi Helmer dachte eine Weile nach. Dann sagte sie: »Plötzlich ist alles ganz anders und so natürlich, ich bin eine richtige Frau – warum? Ehrlich gesagt, das verstehe ich immer noch nicht. Wir haben doch nur geredet, nichts sonst. Wir haben uns doch nur unser Leben erzählt, sonst nichts.«
    »Ja, sicher«, antwortete Normann, »so sieht es aus. Aber es geschieht eben doch sehr viel mehr in der Psychoanalyse. Man deckt seine Karten auf, man deckt sich auf, lernt sich selbst kennen, kommt zur Einsicht. Und auf diese Weise, nur auf diese Weise, kann man seine Seele umstimmen.«
    Sie stand auf, lächelte. »Niemand würde es glauben, der es nicht selbst erlebt hat. Auch ich hätte das vorher nie für möglich gehalten.«
    »Ja, diesen Satz höre ich oft hier in meiner Praxis.«
    Er brachte sie bis zur Tür. Sie gaben sich die Hand.
    »Danke für alles«, sagte Stephi Helmer. Sie kehrte noch einmal um. »Übrigens«, lächelte sie, »ich glaube, Sie verlieren noch eine Patientin, Herr Doktor.«
    »Ja?«
    »Helga Anderssen hat sich verliebt, ganz richtig, bis über beide Ohren. Und ich wünsche ihr so sehr, daß es der Richtige ist.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Nein. Noch nicht. Aber sie will ihn mir bald vorstellen. Wir haben uns nämlich ein bißchen angefreundet in der Gruppe.«
    »Ja, der Richtige«, sagte er. »Ein Mann, der ihr die Angst vor Männern nimmt. Hoffentlich hat sie Glück!«
    Helga Anderssen und Werner Gerson saßen auf einem alten Baumstumpf. Er hatte den Arm um sie gelegt. Es war schön, so nebeneinander zu sitzen und kein Wort zu sagen.
    Das Laub der Bäume färbte sich schon herbstlich. Die ersten Blätter wirbelten herunter.
    »Woran denkst du?« fragte Werner schließlich nach einer langen Pause.
    »Ob es schlimm ist, daß ich mich so schrecklich in dich verliebt habe«, antwortete Helga.
    Sie hatte einen glücklichen Tag hinter sich. Stundenlang waren sie im Wald spazieren gelaufen, hatten viel gelacht, sich geküßt, kaum ein vernünftiges Wort miteinander gesprochen.
    Jetzt sah Werner sie plötzlich ernst und nachdenklich an. Und Helga dachte: Ob jetzt das große ›Aber‹ kommt, ein Satz, der alle meine Hoffnungen zerstört?
    Werner Gerson, Ingenieur, ein gutaussehender Mann von Fünfunddreißig – kaum anzunehmen, daß er ausgerechnet auf mich gewartet hat.
    Die letzten Strahlen der Sonne spielten im Laub. Und die große Bangigkeit schlich in ihr Herz.
    Am liebsten hätte sie gesagt: »Werner, bitte – ich will nichts wissen. Laß uns einfach so weitermachen.«
    »Ich glaube, wir machen etwas falsch, Helga.« Er zögerte, ehe er weitersprach. »Wir träumen einfach. Wir vermeiden es, richtige Fragen zu stellen. Wer bist du? Was für ein Leben hast du geführt? Wo ist deine Vergangenheit? Wir spielen ein Spiel; ehrlich sind wir nicht.«
    Helga Anderssen schwieg betroffen. Verschlossen und fremd wirkte sein Gesicht plötzlich auf sie.
    »Ich will dir so kurz wir möglich meine Geschichte erzählen, Helga.« Er stocherte mit einem Ast in den Waldboden. »Ich habe mit Sechsundzwanzig, gleich nach dem Ende meines Studiums, geheiratet. Liebesheirat, wie es so schön heißt. Meine Frau war zwei Jahre jünger als ich, sehr hübsch, sehr lebenslustig. Kinder wollten wir erst später.« Er schleuderte den Ast weg, stützte den Kopf in die Hand: »Nach fünf Jahren Ehe schickte mich meine Firma zum erstenmal ins Ausland. Nach Indien. Dort hatten wir ebenfalls ein Kraftwerk zu bauen, so wie jetzt an der Goldküste.« Er preßte die Lippen aufeinander. »Kannst du dir den Rest der Geschichte denken?«
    »Nein.«
    »Es war kein Honiglecken in Indien. Besonders, als ich dann die Briefe meines Bruders bekam. Darin stand, daß es meine Frau ziemlich auffällig treibe. Partys, Bars, und immer Männer um sie herum.« Er stand auf, verschränkte seine
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