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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu einem billigen Abenteuer hätte stempeln können. Du hast mehr für mich getan, als du ahnst.
    Langsam löste sie sich aus seinen Armen. Ich bin sicher, wir werden uns nie mehr wiedersehen. Du wirst mich vergessen, wie du andere Frauen vor mir vergessen hast.
    »Darf ich ins Bad?« fragte sie.
    »Du darfst alles«, antwortete er.
    Aber als er den Lichtschalter anknipsen wollte, schüttelte sie den Kopf. »Bitte nicht!«
    Sie schämte sich auf einmal. Die Wirklichkeit kehrte zurück. Rasend schnell kehrte diese Wirklichkeit zurück, griff wie eine kalte Hand nach ihr. Ich habe meinen Mann betrogen.
    Laura raffte ihr Kleid zusammen, ihre Handtasche, schloß die Tür des Zimmers, verschwand im Bad.
    Im Licht stand sie plötzlich, im grellen Licht. Und der Spiegel ließ sie ihr Gesicht sehen, die Spuren einer Nacht, die Spuren von Küssen, von all jenen Worten, die sie gestammelt hatte.
    Jeder würde ihr vom Gesicht ablesen können, was geschehen war. Jeder, auch Viktor. Mein Gott, Viktor.
    Wo war jetzt der Triumph, Viktor bewiesen zu haben, daß sie doch eine richtige Frau war? Machte das ihre Ehe nicht noch schlimmer: zu wissen, daß sie einen Fremden lieben konnte, daß sie bei ihm alles empfand – nur nicht bei Viktor, nur nicht bei ihrem Mann?
    Sie schlüpfte in ihr Kleid, steckte sich die Haare wieder hoch, nahm die Schuhe in die Hand, ließ zur Tarnung das Wasser rauschen und schlich sich zur Wohnungstür hinaus.
    Erst im Lift zog sie die Schuhe an. Und erst, als sie unten auf der Straße stand, atmete sie auf.
    Nein, sie atmete nicht auf. Sie lief an den Häusern entlang und heulte. Heulte wie ein kleines, unglückliches Kind.
    »Hallo, Taxi!« Schnell wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht.
    Ein Wagen bremste. »Wohin bitte?«
    »In die Montenstraße.«
    Die Riffarts wohnten in der Montenstraße 4, im ersten Stock.
    Als Viktor unten aus dem Taxi stieg, glaubte er, im Schlafzimmer einen Lichtschein wahrgenommen zu haben. Als er aber oben die Tür aufsperrte, war es dunkel in der Wohnung. Dunkel und still.
    Er ging zuerst ins Wohnzimmer, dann in die Küche. Es war alles aufgeräumt wie immer. Ein kleiner Zweipersonenhaushalt. Laura schaffte ihn spielend allein.
    Viktor setzte sich an den Küchentisch, zündete sich noch eine Zigarette an. Sie muß mich gehört haben, überlegte er sich. Es brannte vorhin bestimmt noch Licht.
    In Gedanken hatte er viele Zwiegespräche mit Laura geführt. Viele, viele Worte. Jetzt war sein Mund trocken, und seine Kehle wie zugeschnürt. Und er dachte: Es ist leichter, eine Tür zuzuschlagen, als sie wieder aufzuschließen.
    Die Schlafzimmertür war nur angelehnt. Er stieß sie auf, trat leise ein, setzte sich auf die Kante seines Bettes.
    Er hörte ihre Atemzüge, er sah ihr Gesicht in den Kissen, und er wußte: Sie schlief nicht. Sie tat nur so.
    Er wußte es, weil er sie oft genug beobachtet hatte, ihren Schlaf, ihr träumendes Gesicht. Ihre Art, sich unter der Bettdecke zusammenzurollen wie ein Kätzchen.
    »Laura«, flüsterte er.
    Sie gab keine Antwort.
    »Laura«, wiederholte er lauter.
    Er zog sich im Dunkeln aus, schlüpfte in seinen Schlafanzug. Da drüben liegt meine Frau, dachte er, und ich wage nicht mal, sie zu berühren. Aus Angst, sie könnte denken: Jetzt geht es wieder los.
    »Vierzig Prozent aller Ehen stimmen nachts nicht«, hatte dieser Psychiater zu ihm gesagt. Als ob man die Liebe in Tag und Nacht einteilen könnte. Als ob sie teilbar wäre. Als ob nicht das eine zum andern gehörte!
    »Laura, ich weiß, daß du nicht schläfst.«
    Sie drehte ihren Kopf von ihm weg, auf die andere Seite. »Aber ich will jetzt schlafen«, sagte sie erstickt.
    Dieser Satz schwemmte alle seine guten Vorsätze hinweg. Er würde nichts mehr von dem aussprechen, was er ihr sagen wollte. Um Liebe betteln – nein, das wollte er nicht.
    Viktor raffte seine Decke und sein Kissen zusammen, ging in sein Arbeitszimmer hinüber und warf alles auf die Couch.
    Du kannst beruhigt sein, Laura, dachte er; ich werde dich nicht mehr stören. Er vergrub seinen Kopf in den Kissen. Und ich werde es lange aushalten, so lange, bis du hier an der Tür stehst, bis du nicht mehr schlafen willst, nicht mehr schlafen kannst.
    Das Frühstück war entsetzlich. Kühl, ohne eine Spur vertrauter Zärtlichkeit. Sie wichen sich sogar mit den Blicken aus. Und um überhaupt noch etwas zu sagen, flüchteten sie sich in banale Feststellungen.
    »Es wird wieder heiß heute.«
    »Der Wetterbericht spricht aber
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