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Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit

Titel: Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Knöchel weiß hervortraten. Er konnte sich nicht mehr selber täuschen, nicht mehr seit heute nachmittag.
    Er fühlte, wie Kälte ihm den Rücken hochkroch, wie ein brutaler Gedanke sich in seinem Gehirn Platz machte: Laura, mit mir kannst du nicht spielen! Ich bin kein Krüppel wie Duschek. Ich bin ein ganz normaler Mann, und ich will eine Frau. Eine richtige Frau. Ich will Kinder, verstehst du, zwei, drei, meinetwegen vier, und die Frigiden haben das nicht gern. Vielleicht hat es deshalb damit noch nicht geklappt, ein ganzes Jahr lang nicht geklappt.
    »Komm, laß uns doch gehen«, sagte er plötzlich mit einer harten, fremden Stimme.
    Viktor war schon längst ins Schlafzimmer gegangen. Laura stand noch immer im Bad, abgeschminkt, geduscht, gekämmt, in ihrem kurzen Nachthemd.
    Zweimal hatte sie sich die Zähne geputzt, jetzt war wirklich nichts mehr zu tun. Nur in den Spiegel starrte sie noch, blickte wie eine Fremde ihr eigenes Gesicht an.
    Lieber Gott, dachte sie, du weißt, daß ich meinen Mann liebe. Ich liebe ihn, wenn er mich küßt, wenn er lacht, wenn er schimpft mit mir. Ich liebe ihn, wenn er neben mir schläft, wenn er aufwacht. Ich liebe ihn in meinen Träumen, ich möchte nichts anderes als seine Frau sein … Aber ich fürchte mich jetzt hinüberzugehen. Ich trödle hier herum in der Hoffnung, daß er vielleicht schon eingeschlafen ist.
    Laura drückte ihre heiße Stirn gegen die kühle Glasplatte. Warum ist das so? Warum wird es immer schlimmer, von Mal zu Mal? Warum stößt mich ab, was höchstes Glück sein sollte? Warum wird es immer leerer und hoffnungsloser in mir?
    Am Anfang ihrer Ehe brachte sie es noch fertig, ein bißchen Theater zu spielen, das zu heucheln, was sie gar nicht empfand. Sie tat es, um sein glückliches Gesicht zu sehen. Und sie tat es in der Sehnsucht, endlich zur richtigen Liebe zu finden. Zu jener Liebe, die gibt und nimmt, bei der man die Zeit und die Welt vergißt.
    Tränen liefen ihr ins Gesicht. Wenige, große, bittere Tränen. Sie kam sich vor wie eine Frau, die schon aufgegeben hatte. Dabei wurde sie im Juli erst fünfundzwanzig. Und die Jahre, die vor ihr lagen, erschreckten sie, all die Nächte –
    Von ihrem Atem beschlug der Spiegel, und plötzlich sah sie in undeutlichen Umrissen sein Gesicht darin auftauchen. Lautlos, unheimlich war er hinter sie getreten, ein Mann in einem grüngestreiften Schlafanzug, aus dessen Gesicht alle Zärtlichkeit verschwunden war.
    Für eine Sekunde schloß sie die Augen. Und dachte: Es ist mein Mann, es ist Viktor, ich liebe ihn, ich liebe ihn über alles.
    Aber seine Hände packten sie viel zu fest. Noch nie hatte er sie so brutal angefaßt, noch nie mit solchen Augen angesehen.
    »Du zitterst«, sagte er.
    »Ich friere«, antwortete sie.
    »Du frierst nicht.« Er stieß es zwischen den Zähnen hervor, aus seinem Gesicht sprach eine ihr unerklärliche Wut. Es war, als habe er sich plötzlich verwandelt. »Komm! Ich trage dich ins Bett.«
    Sie wich zurück. »Viktor, du bist betrunken.«
    »Und wenn schon.« Mit einem Schritt war er jetzt bei ihr. Er bekam nur das Nachthemd zu fassen und riß es ihr mit einem Ruck vom Leib.
    Sie erkannte ihn in dieser Sekunde nicht mehr. Es war ihr, als stünde ein Fremder vor ihr und sie sollte vergewaltigt werden.
    Laura schlug zu. Einen einzigen, verzweifelten, unsinnigen Schlag. Er traf Viktor so unglücklich, daß er an der Lippe blutete.
    Jetzt wich er vor ihr zurück. Sein Gesicht war blaß geworden. »Ich kenne mich jetzt aus mit dir«, sagte er. Sonst nichts mehr. Nur diesen einen Satz. Dann schlug er die Badezimmertür zu.
    Laura blieb regungslos stehen. Schwarze Sterne tanzten vor ihren Augen. Es war ihr, als versinke sie in einen Abgrund. Sie konnte nicht einmal weinen; sie war unfähig, sich zu bewegen.
    Als sie endlich einen Morgenmantel vom Haken riß und aus dem Bad ging, sah sie Viktor. Er war völlig angezogen und hatte die Autoschlüssel in der Hand. Er war noch genauso blaß wie vorher, aber in seinen Augen glomm ein böser Glanz.
    »Wohin gehst du?« fragte sie, am ganzen Körper zitternd. Sie war bereit, auf die Knie vor ihm zu fallen, sie war zu allem bereit, sie fühlte sich unendlich schuldig.
    Nur dies eine hätte er nicht sagen dürfen, nur diesen einen furchtbaren Satz hätte er niemals aussprechen dürfen: »Ich gehe zu einer Frau, denn du bist keine!«
    Laura erstarrte. Kein Wort kam über ihre Lippen. Es machte ihr nichts aus, daß die Wohnungstür zufiel. Es machte
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