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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde
Autoren: Cassy Fox
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Adern gefrieren. Nichts, was sie jemals gesehen hatte, hatte sich so sehr in ihre Erinnerung eingebrannt.
    Kurz darauf sah sie einen Schatten. Einen gewaltigen Schatten, der über den Platz geworfen wurde – Ausgehend von dem Spinnenmädchen. Er veränderte sich, wurde gewaltiger. Clothos Gestalt riss auf und lange, dürre Insektenbeine traten aus ihrer Seite. Das Gesicht schien zu schmelzen und sich neu zusammenzusetzen. Kalte Augen funkelten und spiegelten das Licht des Mondes wider.
    Aus dem Körper des Kindes richtete sich eine gewaltige Spinne auf, die Faith mit ihren dunklen Augen anstarrte. Die riesigen Zangen vor ihrem Maul, Spinnweben überall am Körper, kleinere Spinnen, die flink umherkrabbelten. Dazu dieser schauerliche Schrei, der weiterhin aus ihrer Kehle drang.
    „Sie ist … erwacht“, hörte Faith Kismets Stimme, seltsam tonlos. Die monströse Spinne setzte sich in Bewegung. „Sie wird alles vernichten!“
    „Kismet!“ Faith starrte entsetzt auf die Seherin, die plötzlich aufsprang und auf Clotho zulief. „Kismet, nein“, ihre Stimme ging in dem Brausen und Kreischen fast unter. Ein letztes Mal wandte sich die Seherin zu ihr um. Tränen standen in ihrem Gesicht. Sie hob die Hand, berührte etwas, das sanft neben ihr schwebte. Ein Faden?
    „Das Schicksal …“, hörte sie die Stimme der Seherin in ihrem Kopf, „… hat nicht immer recht!“ Der Faden, der von Kismet wegführte, zerriss …
    Clothos Körper hing über ihr. Gewaltige Kiefer schnappten sich den Leib der Frau und rissen ihn einfach in die Höhe. Ein leises Knacken überlagerte alles. Kismets Körper fiel wieder zu Boden, zweigeteilt durch die gewaltigen Scheren.
    Die Spinne thronte über dem Chaos wie ein unheilvoller Schatten. Der gewaltige Leib pendelte zwischen den dürren Beinen hin und her.
    Faith spürte, dass das Wesen ihr bis auf den Grund der Seele starrte.
    „Mehr steht dir in diesem Zirkus nicht zu!“ Es war wieder Maurices Stimme. Er starrte aus funkelnden Augen zu dem gewaltigen Wesen hoch. Faith hatte noch nie eine derartige Gefühlsregung in seinem Blick gesehen. Er war wütend.
    Die Spinne pendelte noch eine Weile hin und her. Dann wandte sie sich tatsächlich um.
    „Das war nicht das Ende, Bruder!“
    Irrte sich Faith oder hatte sie wirklich diese Worte gehört? Alles wirkte so irreal, so vollkommen unmöglich. Der Schreck saß Faith in den Gliedern. Sie schaffte es nicht mehr, sich zu erheben. Alles um sie herum war den Flammen zum Opfer gefallen. Nichts war mehr hier.
    Sie spürte eine Hand am Arm. „Komm schon, Faith, weg hier!“ Lillian zog und zerrte an ihr.
    Faith schaffte es nicht, neue Kräfte in sich wiederzuerwecken. Erst als ein zweites Paar Hände nach ihr griff und sie einfach nach oben riss, konnte sie wenigstens ihre Beine bewegen und lief mit ihren Helfern davon.
    Die Flammen loderten weiter in den Himmel. Sie flohen, zum Zirkus, zu ihren letzten Habseligkeiten, die nicht im Feuer verbrannt waren. Das Feuer, das das Lager hinraffte war noch lange zu sehen. Erst spät verlor es seine Kraft.
    So viele waren gestorben. Hier stand nur noch eine Handvoll Überlebender, ein trauriger Rest.
    Faith sah sich um. Lillian und Aramis kümmerten sich um sechs Kinder, die alle noch unter zehn waren. Von den Jongleuren hatte es nur Timothy geschafft. Barbara versuchte noch Nützliches zusammenzutragen und beschäftigte sich mit dem Zusammenklauben kleiner Vorräte. Shawn war ebenfalls noch gefunden worden. Als sie den Zirkus erreicht hatten, waren sie auf ihn gestoßen. Er hatte hier schon früh Zuflucht gesucht. Zwei Tierpfleger waren auch noch da und eine Tänzerin, die versuchte, aus einigen Stoffresten etwas halbwegs Anständiges zum Anziehen für die Kinder zusammenzusetzen. Von der einst recht großen Crew, die immer beim Aufbau half, waren nur noch fünf übrig. Der letzte war Maurice. Er saß mit einer Zigarette auf einem Fass und wirkte recht gelassen.
    Von Antigone und Cael fehlte jede Spur. Faith fühlte sich immer noch wie in einem Traum. Ihr Herz raste, ihr Kopf schmerzte.
    Was hatte sie alles erlebt?
    Ihr Blick fiel auf Maurice. Er starrte vor sich hin.
    ***
    Faith wusste nicht, was sie getan hatte. Hatte sie geschlafen oder war sie die ganze Nacht wach geblieben. Der erste Nebel am nächsten Morgen ließ sie blinzeln. Faith erhob sich mühsam, ging den Weg zurück zum Lager, wo das Chaos gewütet hatte. Als sie es erreichte, stockte sie. Ein Zittern lief durch ihren Körper.
    „Nein
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