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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug
Autoren: James Kahn
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Diese Experimente sind unser Werk, sonst nichts. Das ›neue Tier‹ ist nur die computerintegrierte Vereinigung aller menschlichen Gehirne, die wir zusammengetragen haben –«
    »Gestohlen!«
    »Gestohlen, wenn du willst. Aber ich schwöre im Angesicht des Todes, dass wir mit diesen vereinigten Gehirnen ein denkendes Wesen schaffen, das wir zum Wohl aller –«
    »Ermordet«, zischte Josh.
    »– und ich schwöre bei den Sternen, dass jene, die am meisten zu gewinnen haben, die glücklichen Wesen sind, deren Gehirne angeschlossen wurden.«
    Isis biss ihn wieder in den Fußknöchel. Er zuckte zusammen und zog den Fuß zurück, warf sich gleichzeitig herum und riss Josh zu Boden. Er hob die Hände an den Hinterkopf, um die Spritze herauszureißen, aber Josh und Isis warfen sich sofort wieder auf ihn. Er fiel um, sein Kopf prallte an die Wand, der Kolben der Spritze wurde hineingedrückt – er war tot.
    Josh umarmte Isis kurz, trug sie in den Nebenraum und stellte sie auf den Boden. Rose hatte eben den letzten Stecker herausgezogen.
    »Das wäre erledigt«, sagte Rose. »Sie werden in ein paar Minuten aufwachen, glaube ich. Schau, ich habe eine ganze Schublade voll davon gefunden.« Sie zeigte ihm eine kleine längliche schwarze Platte, die sie auf die Fassung an ihrem Hinterkopf drückte und zuschnappen ließ. »Wir müssen schnell fort«, sagte sie. »Wie bist du hereingekommen?«
    Josh zeigte ihr den Abfallbehälter mit dem Schacht zu den Abwässerkanälen.
    »Was wird aus ihnen?« fragte er und zeigte auf die Reihen bewusstloser Menschen, von denen einige sich langsam zu regen begannen.
    »Sie werden wissen, was sie tun müssen«, versicherte Rose. »Aber alle Alarmanlagen sind ausgelöst, weil wir die Menschen abgeschaltet haben. Jeden Augenblick werden Soldaten hier sein. Wir können nicht mehr warten.«
    Josh biss die Zähne zusammen. Er lief zu einem Menschen, der sich aufsetzte und ganz wach zu sein schien.
    »Die Schächte«, sagte Josh zu ihm und zeigte auf den Abfallbehälter. »Flieht durch die Schächte.« Der Mann nickte. Josh lief zu Rose und Isis zurück. »Kommt«, sagte er, während er die kleine Katze auf seine Schulter setzte. Er hob den Schachtdeckel. Sie stiegen hinunter.
    Unten lief das Wasser schnell und seicht. An einer Mündung von drei Tunnels brannte schwach eine Glühbirne. Josh konnte seinen letzten Richtungspfeil zehn Meter unterhalb des Schachts erkennen. Sonst war der Tunnel leer.
    »Beauty«, rief Josh halblaut. Keine Antwort.
    »Beauty ist hier?« Rose umklammerte seinen Arm.
    »Er sollte hier sein«, sagte Josh tief bedrückt. Was konnte das Ausbleiben des Zentauren bedeuten? War noch etwas danebengegangen? »Beauty!« rief er lauter.
    Stille. Auf einmal kam ein Laut aus der Ferne: »Hier!«
    »Wo? Wo bist du?« schrie Josh. Sie rannten los.
    »Hier bin ich, hier! Ich hatte keine Ranken mehr, ich kann nicht weitergehen. Ihr müsst meine Stimme finden. Ist Rose gerettet?« rief er.
    »Ich bin hier, Liebster, ja, es geht mir gut, wir kommen!«
    Sie brauchten zehn Minuten, liefen in falsche Tunnels, kehrten um, suchten neue Wege. Endlich fanden sie einander, mehr durch Zufall als durch Überlegung. Beauty und Rose fielen sich in die Arme.
    »Wir dürfen keine Zeit verlieren«, flüsterte Josh. »Nimm Rose flussaufwärts mit. Wir treffen uns kurz vor Morgengrauen dort, wo der Fluss aus dem Urwald kommt.«
    »Kommt gleich mit«, drängte Beauty. »Der Weg ist kürzer und sicherer.«
    Josh schüttelte den Kopf.
    »Ich kann nicht. Ich habe Lon versprochen, mich mit ihm in den Kanälen zu treffen. Er ist verletzt und braucht vielleicht Hilfe.«
    Sie tauschten einen Händedruck.
    »Auf bald, Freund«, sagte Beauty.
    »Auf bald.«
    Rose sprang auf Beautys Rücken. Er ging an seinen Ranken zurück gegen die Strömung. Josh eilte in die andere Richtung und folgte den Pfeilen, die er an die Wand gemalt hatte. Isis blieb auf Joshuas Schulter sitzen. Sie fühlte sich dort geborgen. Außerdem hasste sie das Wasser.
    Sie brauchten nicht lange. Lon wartete auf sie.
    »Kein Glück?« fragte der Vampir.
    »Rose ist in Sicherheit. Sie ist mit Beauty auf dem Weg hinaus. Und du?«
    »Ich habe die Waisen in Gruppen von je drei Personen zu der vereinbarten Stelle gebracht, wo der Fluss im Urwald verschwindet. Aber wir haben ein paar verloren.«
    »Ollie?« sagte Josh angstvoll.
    »Er ist in Sicherheit.« Lon berührte Josh an der Schulter. »Gehen wir zu ihnen.« Er stand auf, krümmte sich aber sofort
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