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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug
Autoren: James Kahn
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zuckten, seine Aufmerksamkeit richtete sich auf den Neuromenschen.
    »Wir erzeugten diese Welle in ihrer reinsten Form«, fuhr Gabriel fort, »und du bist synchron mit ihr gegangen. Wie die plötzlich hinauslaufenden Wellen eines vorbeifahrenden Bootes auf einem Teich mit Fröschen und Laub und Fischen – alle Kräuselungen verschwinden, das Wasser beugt sich unter dem Auslauf der Wellen. Dann fährt das Boot vorbei, die Wellen verlaufen, die Kräuselungen der Wesen und Dinge kommen wieder. So geht es mit einem Epileptiker, dessen Anfälle einsetzen, wenn er Lichtern ausgesetzt wird, die im Rhythmus seiner Hirnwellen aufblitzen. Bei den Sternen, das ist mit dir geschehen, wenn du einen deiner Anfälle oder eine deiner Trancen hattest oder wie immer du das nennen willst.«
    »Meine Anfälle!« entfuhr es Josh.
    »Genau. Die immer stärker wurden, je näher du zur Quelle kamst. Es gab sogar verschiedene Frequenzen, die wir übertragen haben – die Königin ist an verschiedenen Strukturen von Hirnzellen interessiert. Ich habe jetzt hier nur am Wellengenerator gedreht, und daran, wie du auf die schwachen Signale reagiert hast, die ich aussandte, lässt sich erkennen, dass du den 74-Hertz-Ort hast – vermutlich gleich hinter deinem Sulcus Muldaur bei der Fissura Silyvii, alle wo Sinn und Verhaltenssprache entstehen. Ich finde, dass diejenigen mit deinen Wellenmustern die Hartnäckigsten und Einfallsreichsten sind; sie sind stets auch jene, denen es auf irgendeine Weise gelingt, in die Festung – zur Quelle – vorzudringen, bevor sie gefasst werden. Kein Wunder, dass das eine Eigenschaft ist, die weiterzuentwickeln die Königin anstrebt.« Er lachte freudig.
    Rose saß regungslos, vor Entsetzen gebannt, festgehalten von ‚Gabriels Worten. Sie verstand nicht alles, aber vieles war ihr klar – und dies allein schon ließ sie erstarren. Daneben dachte sie daran, den Neuromann anzuspringen – er erschien ihr hassenswert und gemein, und sie wusste, dass das ihre einzige Chance war, zu entkommen. Aber so zornig sie auch war, sie konnte sich ebenso wenig bewegen wie Josh. Ob das an ihrer körperlichen Schwäche oder an Gabriels hypnotisierenden Worten lag, oder an den Wellenimpulsen, die er aussandte, oder auch an einem Gerät, das man in ihr Gehirn gepflanzt hatte, oder an einer Kombination all dieser Dinge, das konnte sie nicht sagen. Sie wusste nur, dass sie von hier fort musste und nicht konnte.
    Gabriel drückte neue Tasten an der Tafel. Josh spürte, wie seine Grauzone sich in Schwärze verwandelte, zu der dunklen, saugenden Leere, die er schon so gut kannte. Der schwarze Abgrund und das explodierende Licht, implodierende Licht, greller jetzt als je zuvor, gleißender als das Innere der schwersten Sonne, sog Josh an, fetzte ihn auseinander …
     
    Isis saß im kühlen Dunkel des Luftschachts. Durch das dünne Drahtgeflecht blickte sie in den hell beleuchteten Raum. Dort saß Josh auf dem Boden und döste neben einer Frau – die Frau, die im Vampir-Lager gefesselt gewesen war, die Freundin des Mädchens mit dem Blutgeruch. Vor ihnen sagte ein hochgewachsener Mann – eines der Wesen ohne Geruch – etwas Langweiliges. Vielleicht schlief Joshua deshalb. Vielleicht sollte sie warten, bis Josh aufwachte. Aber sie mochte dieses Wesen nicht, seine Geruchlosigkeit hatte etwas Übles an sich. Sie starrte ihn ohne Liderzucken an.
    Plötzlich ging der hochgewachsene Mann zu dem großen Kasten in seiner Nähe und drehte Schalter. Isis gefiel das nicht. Sie beobachtete Josh und suchte nach einem Hinweis. Josh fiel um, blieb schlaff am Boden liegen, bewusstlos. Sekunden später begannen seine Arme zu zucken, dann bäumte sich sein ganzer Körper auf, von einer unsichtbaren Kraft geschüttelt. Das hat mit dem großen Mann zu tun, dachte Isis, mit dem Wesen ohne Witterung. Sie fauchte leise.
    Sie schob wieder die Krallen an der Seite des Drahtgeflechts hindurch, hieb mit den Hinterbeinen unten auf das Gitter und flog nach zwei harten Schlägen mit dem ganzen Geflecht in das Zimmer.
    Sie fiel auf die gespreizten Beine. Das Geräusch erregte die Aufmerksamkeit von Rose und Gabriel, aber bevor letzterer irgend etwas tun konnte, sprang Isis ihn an, krallte sich an seinem Gesicht fest, die Zähne in eines seiner Augen geschlagen, während die Krallen tiefe Furchen in seine künstliche Haut zogen.
    Sie rollten auf dem Boden herum. Isis klammerte sich wild an Gabriel fest. Josh warf sich in der Ecke willenlos umher. Das Durcheinander
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