Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
lang genau die gleiche Waffe besessen. Die Seriennummer der M9 ist in den Aluminiumrahmen eingeprägt, unmittelbar unter dem in den
Schlitten eingravierten Schriftzug Pietro Beretta . Bei beiden Waffen war die Nummer entfernt worden. Irgendjemand hatte sie mit einer Rundfeile, die er von der Mündung in Richtung Griff angesetzt hatte, weggeschliffen. Nicht gerade die eleganteste Art. Beide Magazine waren voll geladen. Glänzende Kupferpatronen, Parabellum-Munition. Reacher nahm die Waffen in der Dunkelheit auseinander und warf die Läufe, die Schlitten und die Munition in die Mülltonnen vor der Küchentür. Dann legte er die beiden Rahmen auf den Boden, schaufelte Sand und Steine in das Verschlussstück und betätigte ein ums andere Mal den Abzug, bis der ganze Federmechanismus verklemmt war. Dann schmiss er sie in die Mülltonnen, zertrümmerte mit den Baseballschlägern die Telefone und ließ die Teile einfach liegen.
    Die Brieftaschen enthielten Kreditkarten, Führerscheine und Bargeld. Alles in allem etwa dreihundert Dollar. Er rollte das Geld zusammen, steckte es ein und kickte die Brieftaschen in die hinterste Ecke. Dann richtete er sich auf und lief lächelnd zum Gehsteig zurück. Warf einen Blick die Straße entlang. Der schwarze Mercedes war nirgendwo zu sehen. Er ging in das menschenleere Restaurant. Das Orchester legte gerade voll los, und ein Tenor schwang sich zu einem verwegen hohen Ton auf. Der Inhaber stand gedankenverloren hinter der Bar. Er blickte auf. Der Tenor traf den Ton, und die Geigen, die Celli und die Bläser jauchzten hell auf und folgten ihm. Reacher pulte einen Zehner von der erbeuteten Geldrolle und legte ihn auf die Bar.
    »Für den Teller, den sie zerbrochen haben«, sagte er. »Sie haben sich’s anders überlegt.«
    Der Inhaber blickte nur wortlos auf den Zehner. Reacher wandte sich wieder um und ging hinaus. Er sah das Pärchen, das vorhin im Restaurant gewesen war, auf der anderen Straßenseite stehen. Sie beobachteten ihn vom gegenüberliegenden
Gehsteig aus. Der rotblonde Typ mit dem Schnurrbart und die dunkelhaarige Frau mit der Aktentasche. Sie standen da, in ihre Mäntel gehüllt, und beobachteten ihn. Er ging zu seinem Geländewagen, schloss die Tür auf, stieg ein und ließ den Motor an. Schaute nach hinten und wartete auf eine Lücke im vorbeiströmenden Verkehr. Sie beobachteten ihn immer noch. Er gab Gas und fädelte sich ein. An der nächsten Kreuzung warf er einen Blick in den Rückspiegel und sah, wie die dunkelhaarige Frau mit der Aktentasche an die Bordsteinkante trat, den Kopf reckte und ihm hinterherschaute. Dann verschwand sie im Schein der Neonlichter.

2
    Garrison ist eine Kleinstadt am Ostufer des Hudson River, droben im Bezirk Putnam, etwa achtundfünfzig Meilen nördlich von Tribeca. An einem späten Herbstabend ist der Verkehr nicht allzu dicht. Bei nur einer Mautstelle und leeren Schnellstraßen kann man, je nachdem, was man sich zutraut, ein flottes Tempo vorlegen. Aber Reacher fuhr vorsichtig. Regelmäßig von einem Fixpunkt zum nächsten zu fahren war für ihn etwas völlig Neues. Dass es überhaupt Fixpunkte gab, war für ihn etwas Neues. Er kam sich vor wie ein Außerirdischer in einer besiedelten Gegend. Und wie jeder Fremdling achtete er darauf, dass er keine Scherereien bekam. Daher fuhr er so langsam, dass er nicht auffiel, und ließ die Pendler in ihren schnellen Limousinen links und rechts an sich vorüberhuschen. Er brauchte eine Stunde und siebzehn Minuten für die achtundfünfzig Meilen.
    Die Straße, an der er wohnte, war stockdunkel, denn sie lag tief in einer dünn bevölkerten, ländlichen Gegend. Der Gegensatz zum protzigen Glanz der Großstadt hätte krasser
nicht sein können. Er bog in seine Auffahrt ein und sah, wie die Scheinwerfer über die dicht an dicht stehenden Pflanzen huschten, die aus dem Asphalt wucherten. Die Blätter wurden allmählich braun und dürr, und im grellen Licht schillerten sie bunt und unwirklich. Er fuhr um die letzte Kurve. Die Scheinwerfer fielen auf das Garagentor und erfassten zwei Autos, die in Fahrtrichtung davor standen. Er trat scharf auf die Bremse, worauf ihre Lichter angingen, ihm mitten ins Gesicht schienen und ihn blendeten, und im gleichen Moment fiel grelles Scheinwerferlicht von hinten in den Rückspiegel. Er tauchte aus dem gleißenden Licht weg und sah Menschen, die von der einen Seite auf ihn zugerannt kamen, Menschen mit starken Stablampen, deren Strahlen in der Dunkelheit auf und ab
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher