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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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    Wissen ist Macht, heißt es im Volksmund. Je mehr Wissen, desto mehr Macht. Angenommen, man wüsste die Gewinnzahlen im Lotto. Alle. Man hätte sie nicht etwa geraten, auch nicht geträumt, sondern wüsste sie wirklich. Was würde man machen? Zur nächsten Annahmestelle laufen, ganz recht. Man würde die Zahlen auf dem Lottoschein ankreuzen. Und man würde gewinnen.
    Das Gleiche gilt für die Börse. Angenommen, man wüsste genau, welche Kurse kräftig anziehen. Man vertraut dabei nicht etwa auf eine Ahnung oder ein Gefühl. Man orientiert sich weder an einem Trend noch an Prognosen, noch an Einflüsterungen, noch an einem Tipp. Man verlässt sich auf sein Wissen. Echtes, handfestes Wissen. Angenommen, man verfügte darüber. Was würde man dann tun? Man würde seine Bank anrufen, ganz recht. Man würde kaufen, später dann verkaufen, und man wäre reich.
    Desgleichen beim Basketball, bei Pferderennen, bei allem. Bei jeder Sportart, egal, ob es um Football, Eishockey oder um den Sieger der nächsten Weltmeisterschaft im Baseball geht – wenn man die Zukunft voraussagen könnte, hätte man sein Schäfchen im Trockenen. Ohne Frage. Das gilt auch für die Oscar-Verleihung, die Vergabe der Nobelpreise, den ersten Schnee des kommenden Winters. Es gilt für alles
    Es gilt auch, wenn man jemanden umbringen will.
    Angenommen, man möchte jemanden umbringen. Dazu müsste man im Voraus wissen, wie man es anstellen soll. Das ist nicht allzu schwierig. Möglichkeiten gibt es genug. Manche sind gut, andere weniger. Einen Haken haben die
meisten. Folglich greift man auf das Wissen zurück, das einem zur Verfügung steht, und denkt sich eine neue Möglichkeit aus. Man überlegt hin und her, bis man auf den perfekten Mord kommt.
    Man muss sein ganzes Augenmerk auf die äußeren Umstände richten. Denn den perfekten Mord zu begehen ist nicht leicht, und sorgfältige Vorbereitung ist dabei sehr wichtig. Aber das ist dein tägliches Brot. Sorgfältige Vorbereitung fällt dir nicht schwer. Überhaupt nicht. Wie auch, bei deiner Intelligenz? Nach der ganzen Ausbildung?
    Du weißt, dass es hinterher erst richtig heikel wird. Wie schaffst du es, ungeschoren davonzukommen? Du setzt dein Wissen ein, ganz recht. Du weißt, wie die Polizei vorgeht, du weißt mehr über ihre Arbeitsweise als die meisten anderen Menschen. Du weißt, wonach sie suchen. Folglich hinterlässt du keinerlei Spuren. Du gehst die ganze Sache ein ums andere Mal im Kopf durch, überlegst dir alles ganz genau, Punkt für Punkt und sehr sorgfältig. So sorgfältig, wie man seinen Lottoschein ausfüllen würde, wenn man genau wüsste, dass man damit ein Vermögen gewinnt.
    Wissen ist Macht, heißt es im Volksmund. Je mehr Wissen, desto mehr Macht. Somit müsstest du einer der mächtigsten Menschen auf Erden sein. Wenn es darum geht, jemanden umzubringen. Und anschließend ungeschoren davonzukommen.
     
    Das Leben besteht aus lauter Entscheidungen, Abwägungen und Einschätzungen, und irgendwann ist man so daran gewöhnt, abzuwägen und sich zu entscheiden, dass man es auch dann macht, wenn es streng genommen gar nicht nötig ist. Die Frage nach dem Was wäre, wenn wird zur fixen Idee, und man überlegt sich, wie man sich verhalten würde, wenn man sich anstelle eines anderen mit einer bestimmten Situation auseinander setzen müsste. Es wird einem zur Gewohnheit. Jack Reacher war diese Angewohnheit in Fleisch
und Blut übergegangen. Deswegen saß er jetzt allein an einem Restauranttisch und starrte auf die Rücken der beiden Typen, die etwa sechs Meter weiter weg standen, und fragte sich, ob es genügen würde, wenn man sie mit einer deutlichen Warnung vertriebe, oder ob er einen Schritt weiter gehen und ihnen gleich die Arme brechen sollte.
    Es war eine Frage der Dynamik. Die Dynamik der Großstadt lief zunächst einmal darauf hinaus, dass ein nagelneues italienisches Lokal in Tribeca, so eins wie das, in dem Reacher saß, so lange ziemlich leer blieb, bis der Gastronomiekritiker der New York Times etwas darüber schrieb oder ein Klatschkolumnist des Observer irgendwelche Prominenz entdeckte, die dort zwei Abende hintereinander verkehrte. Aber bislang war weder das eine noch das andere geschehen, und in dem Lokal war nach wie vor wenig los, so dass es die ideale Anlaufstelle für einen einsamen Mann war, der in der Nähe der Wohnung seiner Freundin zu Abend essen wollte, während sie Überstunden in der Kanzlei machte. Die Dynamik der Großstadt. Sie führte
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