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Besser so als anders

Besser so als anders

Titel: Besser so als anders
Autoren: M Goldstein
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B eth Eleanor Evans, die Braut, war neunundzwanzig Jahre alt, schlank, hatte Sommersprossen und rotblondes Haar und wurde aufgrund ihrer Initialen von allen nur Bee genannt. Im Moment stand sie vor einer weißen Tafel, die sie an diesem Morgen in einem Baumarkt gekauft hatte.
    Die Tafel gehörte zu den Utensilien, die man sonst im Hörsaal einer Universität oder im Konferenzraum eines Tagungshotels fand. Doch an diesem dunstigen Mittwoch Ende September im Haus ihrer Eltern im historischen Städtchen Ellicott in Maryland diente sie Bee dazu, letzte Änderungen am Ablauf ihrer Hochzeit vorzunehmen, dem teuersten Fest, das der Tower Gardens Country Club in diesem Herbst veranstalten würde.
    Bee war seit über einer Stunde damit beschäftigt, Kreise, Quadrate, Namen und Nummern auf der Tafel zu vermerken, weshalb diese auch eher wie der Strategieentwurf für ein Footballspiel aussah oder wie eine Schultafel aus dem Film Good Will Hunting , auf der jemand eine komplizierte Gleichung für Matt Damon niedergeschrieben hatte. In Wahrheit prangte auf ihr jedoch eine Sitzordnung – Bees letzte Aufgabe, bevor die zahlreichen Familienmitglieder zu ihrer weniger als achtundvierzig Stunden entfernten Hochzeit anreisen würden.
    Bee strich sich eine lose Haarsträhne hinter das rechte Ohr und beugte sich nervös vor. Auf der Tafel waren dreißig Kreise mit jeweils einer Zahl darin zu sehen; von jedem Kreis gingen strahlenförmig Linien ab, auf denen die Namen von Paaren standen.
    »Cousin Wesley und Frau Katie«, stand auf einer, »Mr Barocas (Dads Arbeitskollege) und Frau Yvonne«, stand auf einer anderen Linie. »Jimmy Fee und Freundin«, »Mr und Mrs Rodman (Nachbarn)«. »Ed und Elaine Ryan (Steuerberater)«, »Dr. Weihong Zheng und Ehemann (Kinderärztin)«.
    Am rechten oberen Tafelrand stand in leuchtend roten Großbuchstaben noch eine Namensliste: »Hannah Martin, Rob Nutley, Nancy MacGowan, Vicki Clifford, Joe Evans.« Über die Namen hatte Bee in der gleichen leuchtend roten Schrift das Wort » SINGLES « geschrieben. Sie waren die einzigen Gäste, die auf ihrer Zusage zu Bees Hochzeit keine Begleitung angegeben hatten, und nun waren sie die einzigen, die Bee noch nicht platziert hatte.
    Nicht dass Bee Vorbehalte gehabt hätte, Alleinstehende einzuladen, doch sie hatte jedem Gast die Möglichkeit zugestehen wollen, eine Begleitperson mitzubringen. Trotzdem wollten diese Singles offenbar allein kommen. Bee konnte das nicht verstehen.
    Als sie selbst noch Single gewesen war, hatte sie es den Bräuten immer übel genommen, wenn sie eingeladen wurde, aber niemanden mitbringen durfte, weil sie keinen festen Freund hatte. Deshalb hatte Bee sich geschworen, bei ihrer eigenen Hochzeit jedem eine Einladung zu schicken, auf die man eine Begleitperson eintragen konnte. Sie würde niemanden zwingen, allein zu kommen.
    Fast alle Geladenen hatten Bees Angebot auch angenommen. Nur ebendiese Singles nicht, die Bees Ansicht nach nicht nur auf ihrer Tafel, sondern auch im Leben herrenlose Wesen waren. Zwei Singles waren als streitsüchtig bekannt. Zwei andere berüchtigt dafür, dass sie Bee einmal öffentlich blamiert hatten. Eine Singlefrau war eine Freundin der Familie des Bräutigams, die Bee nicht kannte, die aber den Ruf hatte, eine eingefleischte Einzelgängerin zu sein.
    Bees Hochzeitsplanerin, die sich einen Namen gemacht hatte, weil sie bereits für die Hochzeitsfestivitäten der Tochter eines Expräsidenten verantwortlich gewesen war, hatte beim ersten Treffen einen prüfenden Blick auf Bees Gästeliste geworfen und dann zu ihr gesagt: »Egal, wen Sie einladen, Singles wird es immer geben. Sie müssen sich auf eine ungerade Zahl gefasst machen. Und ganz egal, wie Sie es drehen und wenden, mit den Singles geht immer irgendetwas schief.«
    Bee strich sich mit dem rechten Handrücken über die Augenbrauen – einer ihrer bevorzugten Ticks – und sah prüfend die Kreise und Linien an, die sie an ein Puzzle erinnerten. Fünf Gäste hatten noch keinen Platz. Und jeder dieser Gäste hatte seine ganz persönlichen Bedürfnisse. Darum waren viele Tische auch tabu. Beispielsweise durfte man keinen Single in die Nähe seines Expartners setzen. Und jemand, der leicht ausfällig wurde, durfte keinesfalls neben verklemmten Verwandten sitzen – zu Letzteren zählten Bees Familienmitglieder.
    Während Bee in Gedanken Namen und Tische verschob, hörte sie, wie ihre Mutter hinter ihr den Raum betrat.
    »Du kreist ja noch immer um diese
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