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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee
Autoren: Melanie McGrath
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verzagt.
    Megan beugte sich vor.
    «Sharon? Hier spricht Megan. Sagen Sie uns, was auf dem Band gesprochen wurde?»
    «Ja.» Wieder eine Pause, wieder ein Schluchzer. «Es war ein Telefonat zwischen Tommy und Marsha Hillingberg. Sie haben sich gestritten. Ich glaube nicht, dass Marsha wusste, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde.»
    In der kurzen Stille, die darauf folgte, hörte Edie ihr eigenes Blut durch ihre Adern rauschen.
    «Worüber haben sie gesprochen?»
    Stille. Dann ein Keuchen, und dann brach Sharon Steadman schluchzend zusammen. Ein paar unmögliche Minuten lang war nur verzweifeltes Weinen zu hören. Irgendwann riss Sharon sich zusammen und sagte: «Sie haben sich darüber gestritten, was sie mit ‹Gottes kleinem Fehler› gemacht hat.»

[zur Inhaltsübersicht]
    47
    «Ich werde diesen Köter vermissen!» Stacey stellte einen Becher Tee auf Edies angestammten Tisch im Café
Schneeeule
. «Holzkopf und ich, wir sind
so
!» Sie überkreuzte zwei Finger der rechten Hand und musterte den Tisch. «Also, kann ich dir noch was bringen, oder willst du auf deinen Gast warten?»
    «Ich warte, danke», sagte Edie und tat sich Zucker in den Tee. Die Verbände waren inzwischen entfernt worden, aber ihre Hände waren immer noch rot und ledrig und außerordentlich temperaturempfindlich. Sie wickelte ein paar Papierservietten um den Tassenhenkel und trank einen Schluck.
    Es war zwei Wochen her, seit Megan Avuluq und Zach Barefoot Edie, Derek und Sammy aus ihrer Schneehöhle befreit hatten. Die Ärzte in Nome hatten Derek und Sammy erst gestern Vormittag entlassen. Sammys linke Hand war noch bandagiert, und Dereks Frostbeulen würden noch ein paar Monate brauchen, um zu heilen, aber im Augenblick sah es so aus, als müssten sie beide nicht amputiert werden.
    Sie waren zu dritt zurück nach Anchorage geflogen und hatten ein unspektakuläres Hotel in der Innenstadt bezogen. Sie wollten den Abendflug nach Vancouver nehmen und von dort aus weiter nach Ottawa. Wenn das Wetter mitspielte, wären sie in ein paar Tagen zurück in Autisaq. Es war ein gutes Gefühl, endlich nach Hause zu fahren.
    Bis dahin gab es jedoch noch etwas zu tun. Erstens hatte Detective Truro Edie gebeten, sich mit ihm zu treffen. Danach wollte Edie Holzkopf abholen und zum Hotel zurückfahren, wo sie mit Annalisa und Otis Littlefish verabredet war. Die Littlefishs holten gerade ihre Tochter aus der Green-Shoots-Klinik ab. Und TaniaLee hatte sich ausdrücklich gewünscht, sich noch von Edie zu verabschieden.
    Sie schlug den
Anchorage Courier
auf. Auf der Titelseite prangte groß das Foto eines Grizzlybären, der sich durch einen Müllverschlag wühlte, darunter die Überschrift: «Menschen dringen in Bärenterritorium ein.» Unter der Bärengeschichte stand ein Artikel, in dem diskutiert wurde, ob es möglich war, die Höhe der Dividende des Alaska Permanent Fonds vorherzusagen, außerdem stand da der Hinweis auf ein Trainingsprogramm für die Teilnehmer des nächsten Iditarod-Rennens. Es war beinahe, als hätten die außergewöhnlichen Ereignisse des letzten Monats nie stattgefunden – nicht der Tod von Lucas Littlefish und Vasily Chuchin, nicht das Finstergläubigen-Fieber und die Proteste der Bärenmamas, nicht der «Selbstmord» von Tommy Schofield, nicht die festgefahrenen Verhandlungen beim Landverkauf an Byron Hallstrom, nicht mal der tödliche Flugzeugabsturz des beliebtesten Gouverneurskandidaten seit Jahren.
    Es hatte geschneit, und die Landschaft war wieder weiß.
    Dem Norden die Zukunft. Wer schert sich schon um die Vergangenheit?
    Sie spürte jemanden zu ihrer Rechten, hob den Blick und sah, dass Detective Truro sich zu ihr setzte.
    «Wie geht’s?»
    Er erkundigte sich nach Derek und Sammy und äußerte sich mitfühlend über Edies Hände. Er wirkte größer, dachte sie, aber vielleicht lag es auch nur daran, dass er mehr Raum für sich beanspruchte. Er hatte sich die Haare ein bisschen wachsen lassen, und die christliche Anstecknadel in Form eines Fisches war verschwunden.
    «Haben Sie Gott aufgegeben?», wollte Edie wissen.
    «Nein», antwortete er lächelnd. «Ich mache mir nur nicht mehr so große Sorgen darum, ob Gott mich aufgibt oder nicht.»
    Das ABI , das Landeskriminalamt Alaskas, hatte seinen Beitrag zur Anklageerhebung gegen Marsha Hillingberg gewürdigt und ihn in den Dienstgrad eines leitenden Ermittlungsbeamten erhoben samt der Möglichkeit, innerhalb eines halben Jahres befördert zu werden. Hillingberg saß unterdessen
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