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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee
Autoren: Melanie McGrath
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im Frauengefängnis von Anchorage und verbrachte ihre Pflichtarbeitsstunden damit, sich um die Bewohner des gefängniseigenen Hundezwingers zu kümmern.
    Stacey kam mit einer Kanne Kaffee und frischem Tee für Edie an den Tisch, und sie bestellten Frühstück: Pfannkuchen für Truro, Rentierwürstchen mit einer doppelten Portion Speck für Edie.
    «Der Staatsanwalt sagt, im Fall Vasily Chuchin hätten wir alle notwendigen Beweise beisammen. Im Fall von Chuck Hillingbergs Flugzeugabsturz sind die Gerichtsmediziner zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Und ohne Leiche oder irgendeinen anderen Beweis werden die Ermittlungen im Fall Tommy Schofield wohl über kurz oder lang eingestellt werden.»
    «Was ist aus den Mädchen geworden, Lena und Olga?»
    «Lenas Aufenthaltsantrag wird bevorzugt behandelt. Olga hat eine Tochter, die hier zur Welt kam. Sie wird keine Schwierigkeiten haben.»
    «Und das Stegner-Baby?»
    «Das Sozialamt versucht immer noch, die Mutter zu finden. Lena ist ihnen mit ihren Hinweisen sehr behilflich. Sie und Katerina haben während ihrer Zeit im Blockhaus viel miteinander geredet. Sie glauben inzwischen zu wissen, aus welcher russischen Stadt das Mädchen kommt. Es gibt Überlegungen, Plakate mit der Tätowierung des Kindes aufzuhängen.»
    «Dass Mackenzie auf die andere Seite des Gesetzes wechselt, kann man wohl nicht erwarten, oder?»
    Truro spülte mit einem Schluck Kaffee den letzten Bissen Pfannkuchen hinunter.
    «Soweit ich gehört habe, hat er sich in Panama zur Ruhe gesetzt.»
    «Tja, manche Dinge kann man nicht in Ordnung bringen.»
    «Niemand außer Gott.» Truro lächelte sie an.
    Sie ließ es gut sein. Gott, die Geisterwelt, die Natur, die Wahrheit, wie immer man dazu sagen wollte – irgendeine Ordnung musste es geben. Wenn man daran nicht glaubte, war man wirklich verloren. Truro wischte sich mit der Serviette den Mund sauber und erhob sich.
    Er streckte die Hand aus, lachte kurz auf, als Edie verlegen ihre roten, entstellten Finger hochhielt, und beugte sich dann zu ihr herunter, um ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange zu geben.
    «Wir sehen uns beim Prozess.»
    Sie blickte ihm nach, und nur wenige Augenblicke später war Stacey wieder da, um abzuräumen.
    «Bist du bereit, deinen süßen alten Köter wiederzusehen? Er ist hinten in unserem Umkleideraum.»
    Edie lächelte sie herzlich an.
    «Wenn du so weit bist.»
    Stacey wischte sich die Hände an der Schürze ab. Ihre Augen glänzten feucht. Sie führte Edie durch einen engen Gang, an der Küche und einem Lagerraum vorbei bis zu einer grauen Feuerschutztür. Der Hund hatte sie bereits gewittert und kratzte jaulend an der Tür.
    «Er freut sich, dass du da bist», sagte Stacey leise.
    Aber Holzkopf schien sich viel mehr über das Wiedersehen mit Stacey zu freuen. Er sprang um sie herum wie ein Welpe, während Stacey ihm lachend auf die Flanken klopfte. Schließlich kam der Hund, gegen Staceys Beine gelehnt, wieder zur Ruhe. Seine Schnauze ruhte auf ihrem Oberschenkel, nur sein Hinterteil wackelte immer noch freudig hin und her.
    «Mein Gott, werde ich diesen Riesenhaufen Hundefutter vermissen!», sagte sie traurig und kraulte ihm den Kopf. «Unsere Spaziergänge. Weißt du, dass er einen sechsten Sinn hat? Der findet von überall wieder nach Hause.»
    Holzkopf hatte seine wilden Jugendjahre, in denen er in der Tundra den Eisbären nachjagte, hinter sich, und Edie fragte sich, wie sein Leben in Autisaq aussehen würde. Sie würde ihn noch ein paar Jahre lang anschirren, und wenn er zu langsam wurde, würde sie ihn erschießen müssen. So waren die Dinge da oben eben. Jeder musste sich sein Leben verdienen. Keine Reserven, keine Ersatzteile, kein Gnadenbrot.
    «Hm, ich könnte ihn ja vielleicht hierlassen», sagte sie.
    Das Gesicht der Kellnerin erstrahlte wie der erste Sonnenaufgang im Jahr.
    «Direkt heute?»
    «Nur, wenn du willst.»
    Stacey beugte sich zu dem Hund hinunter, packte seinen Kopf und drückte ihm einen Kuss auf die Schnauze. «Sieht aus, als würden wir zwei jetzt zusammengehören.» Der Hundeschwanz kreiselte wie ein Rotorblatt.
    Edie tätschelte ihn zum Abschied. «Glücklicher Hund», sagte sie. Und das meinte sie auch so.

    Draußen taute es bereits. Die vom Schneepflug zusammengeschobenen großen Haufen fingen an den Rändern an zu schmelzen, und salzige Schmutzlachen rannen auf die Straße hinaus. Der Frühling kam nach Anchorage, auch wenn Edie nicht hier sein würde, um ihn mitzuerleben. Unter
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