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0918 - Auf der Schwelle der Zeit

0918 - Auf der Schwelle der Zeit

Titel: 0918 - Auf der Schwelle der Zeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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Niemand, wirklich niemand durfte jemals davon erfahren! Denn dann bekäme er Fragen gestellt, die er keinesfalls beantworten wollte. Ja, selbst er, der Ministerpräsident des Satans, das Oberhaupt der Hölle, das nur dem KAISER LUZIFER Untertan war, hatte Angst vor Fragen nach dem Warum.
    Außerdem wäre es seinem Ruf alles andere als zuträglich, wenn ausgerechnet er als Vater der Erbfolge bekannt würde! Diese Gefahr ließe sich natürlich bannen, indem er sämtliche Spuren beseitigte, die zu ihm führten. Doch genau das war das Problem!
    Er konnte es nicht! Dieser verfluchte Vertrag hinderte ihn daran. Wie hatte er sich damals nur darauf einlassen können? Wie hatte er sich nur dazu verpflichten können, den Erbfolger nicht zu töten?
    Oh, er hatte es selbstverständlich dennoch versucht, wieder und wieder, aber er war jedes Mal gescheitert. Lag es an der Unfähigkeit seiner Diener oder war es eine Auswirkung des verdammten Vertrags? Egal, was der Grund dafür war: Dieser leuchtende Dorn in seinem schwarzen Fleisch, dieser… dieser… widerlich gute Mensch lebte noch immer und erfreute sich bester Gesundheit.
    Lucifuge Rofocale ließ sich auf seinen Thron fallen, pflückte einen weiteren Schädel von dem Knochenberg und pulverisierte ihn. Er riss das Maul auf, wollte seine Wut noch einmal herausbrüllen - da zuckte ihm ein Gedanke durch den Kopf!
    Der Erbfolger erfreute sich im Augenblick keineswegs bester Gesundheit! Er war alt und seine Tage waren gezählt. Zumindest die Tage in seinem derzeitigen Körper. Bald würde er sterben, als sein eigener Sohn wiedergeboren werden, ein Jahr länger leben als seine vorherige Inkarnation, im Laufe dieser Existenz einen Auserwählten zum Unsterblichen machen und mit sich zufrieden darauf warten, dass der Kreislauf von neuem begann. Wenn er nicht irgendwie unterbrochen wurde.
    Es gab einige Möglichkeiten, die Erbfolge vorzeitig zu beenden. Den Vater zu töten, bevor der Sohn gezeugt war, auf den er seine Seele übertragen konnte, war eine davon. Das noch ungeborene Kind zu beseitigen, war eine andere. Mit keiner dieser Möglichkeiten hatte der Ministerpräsident der Hölle bisher Erfolg gehabt, wahrscheinlich weil der Vertrag den Erbfolger beschützte.
    Aber beschützte er auch den Auserwählten? Nein, natürlich nicht! Selbst nachdem sie von der Quelle des Lebens getrunken hatten, mussten die meisten von ihnen am eigenen Leib erfahren, dass »Unsterblichkeit«, ein sehr relativer Begriff sein konnte.
    Lucifuge Rofocale kümmerte sich immer erst dann um einen Auserwählten, wenn der den Quellengang bereits hinter sich hatte. Vorher kannte er ihn nicht. Wollte er dessen Identität schon früher herausfinden, musste er den Erbfolger beobachten, bis der sich des Auserwählten annahm. Das wiederum hätte Jahre, inzwischen sogar Jahrhunderte dauern können und wieder nur Fragen nach Lucifuge Rofocales übersteigertem Interesse herausgefordert. Deshalb ließ er es lieber bleiben!
    Bisher!
    Doch nun war eine noch nie da gewesene Situation eingetreten: Der Erbfolger hatte seine Lebensaufgabe noch nicht erfüllt und weil er bald starb, blieb ihm auch nicht mehr viel Zeit dazu. Tat er es nicht, war dieser luziferverfluchte Kreislauf unterbrochen! Das war die dritte Möglichkeit, die Erbfolge vorzeitig zu beenden.
    Nur einmal angenommen, dem widerlichen Unsterblichen-Macher kam sein Schützling abhanden, beispielsweise durch ein überraschendes Ableben. Blieb dem Erbfolger dann genug Zeit, einen Ersatz zu finden? Konnte er seine Aufgabe dann überhaupt noch erfüllen?
    Der Ministerpräsident der Hölle sprang von seinem Thron auf.
    »Das ist es! Das ist sein Ende!«
    Lucifuge Rofocales Stimme klang wie ein rollender Felsen, der den Erbfolger unter sich begraben würde. Und dabei musste er ihm selbst nicht einmal ein Haar krümmen!
    Mit der linken Klaue zeichnete er einige flammende Symbole in die Luft.
    »Grostaan! Sedstoom! Zu mir! Sofort!«
    Die Feuerzeichen erloschen und machten einem Schlauch aus schwarzem, wirbelndem Rauch Platz. Das Gebilde richtete sich auf wie eine Schlange, die sich zum Angriff bereit machte, spuckte zwei dämonische Kreaturen aus und verwehte.
    Die Wesen sahen sich für einige Sekunden verwirrt um, doch als sie den Berg aus Menschenknochen, den Thron und davor eine teuflische Gestalt mit ledriger, brauner Haut, Hörnern und gewaltigen Schwingen entdeckten, fielen sie auf die Knie und senkten den Blick.
    »Ihr habt uns gerufen, Meister.«
    »Das habe ich.
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