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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten
Autoren: Arto Paasilinna
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vor ihr stehe und über einen Dompfaff diskuti e re.
    Annikki: Hört auf, euch über das Nisten zu streiten, und du, Ra u no, rasier und kämm dich. Wir Frauen werden den kleinen Piepmatz schon gemeinsam verjagen.
    Rauno Rämekorpi zog sich verärgert ins Badezimmer zurück. B e vor er die Tür schloss, sah er, wie die Frauen Ernst machten.
    Blumenbotin: Püü-jiip, püü-jiip!
    Als die kleine Meise die Stimme hörte, die an den Balzruf der Sperlingseule erinnerte, erkannte sie sofort, dass sie im Haus nicht mehr sicher war, und flog schleunigst durch die Doppeltür des Patio im Erdgeschoss nach draußen. Annikki Rämekorpi quittierte die Blumenlieferung, und so konnten die Festvorbereitungen weiterg e hen.
    Die Leute vom Partyservice trafen mit dem Zubehör ein. Sie fül l ten Gläser mit Champagner. Im hinteren Teil des Wohnzimmers richteten sie ein Büfett mit belegten Broten, Kaffee und Kuchen her. Rauno Rämekorpi hätte seinen sechzigsten Geburtstag lieber allein mit seiner Frau verbracht, wenn möglich in seiner alten Anglerhütte im Dorf Riipinen in Sodankylä, am Ufer des Riipijärvi mit dem dunklen Wasser, aber seine Stellung als Chef eines florierenden Industrieunternehmens erlaubte das nicht. Er musste an seine G e schäftspartner und die Freunde und Bekannten denken. Auch war seine Frau nicht sonderlich begeistert gewesen von dem Gedanken, sich in die melancholische Landschaft des herbstlich verregneten Lappland zurückzuziehen. Sie hatte vorgeschlagen, Tickets erster Klasse für eine Kreuzfahrt in die Karibik zu reservieren, schließlich konnten sie es sich leisten. Immer hatte nur die Arbeit gezählt, während das Leben verflog, Rauno war ständig auf Achse gewesen. Jetzt könnten sie sich mal eine Auszeit gönnen. Zwei Wochen Kreuzfahrt vorbei an tropischen Inseln würden ihnen beiden gut tun. Rauno hatte den Gedanken empört zurückgewiesen, was denn, er sollte sich auf einen idiotischen Liebeskahn schleppen? Während eines langen Gesprächs zu Beginn des Sommers hatte Rauno seine Position eindeutig klargestellt. Er fand, sie seien beide ein wenig zu alt für einen Kuschelurlaub. Außerdem waren ihm seit jeher all jene Emporkömmlinge zuwider, die die Luxusliner bevölkerten, nur um zu faulenzen und sich von vorn und hinten bedienen zu lassen. Er hatte seine Frau daran erinnert, dass er nicht einmal richtig Englisch konnte, erst recht kein Amerikanisch, für solche Studien war seine r zeit kein Geld da gewesen. Finnen hatten Finnisch zu sprechen, sollten doch die anderen sprechen, was sie wollten. Außerdem würde zweiwöchiges ununterbrochenes Saufen die Leber zu sehr schädigen.
    Annikki: Musst du denn unbedingt saufen? Auf den Schiffen gibt es auch Bibliotheken und Kinos und alles, was man sich nur wü n schen kann.
    Rauno: Ich zahle nicht zigtausend Mark dafür, dass ich dann in irgendwelchen amerikanischen Schwarten blättere oder alte Filme glotze, in denen zweitklassige Schauspieler Mist quatschen.
    Annikki: Wir könnten Heilbäder nehmen, im Atlantik baden und bei Landgängen die fremden Verhältnisse und die Kultur kennenle r nen. Und die dortigen Speisen sind herrlich gesund, lies den Prospekt und schimpf nicht herum.
    Rauno hatte beteuert, lieber in die Rauchsauna zu gehen, als sich auf einem Luxusschiff Schlammbäder verpassen zu lassen. Man wusste ja gar nicht, welche Mollusken in dem Moder heru m schwammen, womöglich bekam man für den Rest seines Lebens Ausschlag, und auf jeden Fall würden sich Bilharzialarven unter der Haut einnisten …, und in den Atlantik zu springen war sowieso gefährlich, gerade in der Karibik hatten die Meeresströmungen schon Hunderte dämlicher Touristen mit sich gerissen. Und man sollte auch an die Natur denken: Wenn so ein riesiges Schiff vor einer kleinen Insel auf Reede lag, dann zerstörten die tonnenschweren Anker das Korallenriff auf einer Fläche von mindestens einem Hektar, und das alles nur, damit fette Weiber ihre Krampfadern und ihre Cellulite spazieren tragen konnten. Die verhungerten Ureinwohner ernteten von den steinreichen Großkotzen höchstens einen kalten Blick, allenfalls bekam die bettelnde kleine Tochter einer blinden, alleine r ziehenden Mutter ein paar Münzen, mehr nicht.
    Rauno Rämekorpi hatte begonnen zu brüllen: Mit dem Masse n tourismus werde südamerikanisches Drogengeld gewaschen, damit wiederum wurden Diktatoren bestochen, und all die Millionenvölker stöhnten in ihrem Elend, während er und Annikki im tropischen
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