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Zehn zärtliche Kratzbürsten

Zehn zärtliche Kratzbürsten

Titel: Zehn zärtliche Kratzbürsten
Autoren: Arto Paasilinna
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Mondschein saßen und rülpsten, weil sie zu viele der vom Ausste r ben bedrohten Austern verschlungen hatten, und dazu hatten sie sauteuren Wein getrunken, dessen Trauben von kleinen Mädchen mit wunden Fingern gepflückt worden waren. In Schulbüchern würden diese Hände niemals blättern. Es wäre nur gerecht, wenn vom Äqu a tor her ein schrecklicher Tornado über die Karibik fegen, den Luxu s liner umkippen und die ganze prassende Meute in den Tiefen des Meeres begraben würde!
    Annikki hatte spitz bemerkt, dass sie lieber allein als mit einem so kratzbürstigen Kerl auf Kreuzfahrt gehen würde. Über diese Beme r kung hatte sich der Gatte gefreut und plötzlich auch gute Seiten an der Kreuzfahrt entdeckt.
    Rauno: Fakt ist natürlich, dass eine so kleine und kultivierte Frau wie du die tropische Natur nicht groß belastet …, auch hast du mit deinen guten Sprachkenntnissen die besten Voraussetzungen, mit den gebildeten Reisegefährten zu kommunizieren, du kannst dich unb e sorgt an den Kapitänstisch setzen …, und mach dir wirklich kein schlechtes Gewissen, wenn du in den warmen Wellen planschst oder an gut organisierten Naturexkursionen teilnimmst, um Leguane und andere Echsen zu knipsen. Du hast dir mehr als jeder andere einen richtigen Erholungsurlaub verdient, schließlich sind wir schon zig Jahre miteinander verheiratet. Das Leben steckt voller neuer Herau s forderungen, meine liebe Annikki, man muss sich ihnen nur mutig stellen, lass dir das gesagt sein.
    Annikki: Hör auf zu spotten, ich hab längst verstanden. Du wärst nun mal ein netter Reisegefährte, besonders, wenn du dich durchri n gen könntest, nüchtern aufzutreten.
    Für Direktor Rämekorpi war nämlich in aller Stille ein prachtvo l ler Ehrentitel beantragt worden. Man hatte seine Frau vorab info r miert, sie gebeten, die Sache für sich zu behalten und dafür zu sorgen, dass der Jubilar an seinem sechzigsten Geburtstag im Lande wäre. Schon allein deshalb konnten sie an dem Festtag gar nicht verreisen.
    Und der Ehrentitel war längst nicht alles. Eila Huhtavesi, veran t wortlich für die Öffentlichkeitsarbeit in Raunos Firma, hatte auße r dem auch die Geschichte der Fabrik und zugleich die Biographie des Gründers, Direktors und Haupteigentümers in einem Buch verewigt. Das Buch war eine zweihundertseitige Hardcoverausgabe, und sie trug den bezeichnenden Titel: Vom Mann der Wälder zum Weltmann. Frau Annikki hatte den Probeabzug lesen dürfen, sie hatte ein paar Korrekturen vorgenommen, und jetzt war das Buch fertig: Es war in einer Auflage von tausend Stück gedruckt, und die ersten hundert Exemplare waren nummeriert. Das Werk war, außer einer Ehrenb e zeigung für den langgedienten Industriellen, auch das passende repräsentative Geschenk für seine Geschäftsfreunde. Von diesem Projekt ahnte Rauno Rämekorpi ebenfalls nichts und wäre vermu t lich auch kaum bereit gewesen, das Geschreibsel zu finanzieren. Rauno spielte gern den Bescheidenen, wie es Emporkömmlinge oft tun, aber in Wirklichkeit würde er sich sowohl über das Buch als auch über den Titel sehr freuen, denn wie alle Menschen liebte auch er Huldigungen.
    Das Haus füllte sich mit Gratulanten. Der Direktor des Rämeko r pi-Konzerns schien erstaunlich viele Geschäftspartner und Freunde zu haben. Man stieß auf den Jubilar an, es wurden kernige und humorvolle Reden gehalten, wie es sich gehörte. Obwohl Geschenke auf Wunsch des Geburtstagskindes in Form von Spenden an die Rauno-Rämekorpi-Stiftung zur Förderung der Berufsbildung hätten gehen sollen, schleppten die Gäste unzählige Blumensträuße herbei, dazu kistenweise Champagner, Gänseleber, Kaviar, Zigarren und andere Luxusgüter, sodass das Wohnzimmer am Nachmittag einem duftenden Blumenladen und einem Delikatessengeschäft glich.
    Das Geburtstagskind strahlte vor Freude über all die Aufmer k samkeit, stieß mit den Gästen an und war besonders überrascht, als ihm das Buch überreicht wurde. Pressereferentin Eila Huhtavesi hielt eine Rede, in der sie die Firmengeschichte kurz zusammenfasste. Sie erzählte von der Kindheit des Direktors im Lappland der Kriegszeit , von seinen Jugendjahren beim Holzfällen in den Wäldern des No r dens, und dann von seiner ersten Firmengründung: Er hatte Bloc k häuser hergestellt. Diese Firma hatte er später erweitert, um richtige Häuser zu bauen, daneben hatte er ein Sägewerk gegründet, das er später mit zäher Energie zu einem bedeutenden Exportbetrieb ausg e baut
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