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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott
Autoren: Tamara Ramsay
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warum sie nun auch in diesem Jahr mit
den kleinen Geschwistern nach Hause gehen mußte, gerade als es am allerschönsten
werden sollte!
    »Ich möchte doch wissen, ob ich nicht
durch das Loch im Rolladen hindurchblicken kann«, schoß es ihr plötzlich durch
den Sinn. »Vielleicht kann ich dann wenigstens etwas vom Feuer sehen!«
    Leise schob sie das Federbett zurück
und stieg vorsichtig aus dem Bett. »Darum werden die Kinder ja nicht gleich
aufwachen«, dachte sie, während sie auf den Zehen zum Fenster schlich und ihre
Stirn gegen die Scheibe preßte.
    Aber ach, nichts konnte sie sehen als
ein winziges Fleckchen des rosigen Himmels.
    »Wenn ich nur etwas von dem Feuer sehen
könnte, nur ein Zipfelchen, dann würde es nicht ganz so traurig sein«, dachte
Dott, und dann meinte sie: »Ich könnte ja ganz leise in die Wohnstube gehen. Da
könnte ich sicher über dem Kiefernwald gerade noch ein Ende der Flammen sehen.
Das würden mir die Eltern doch sicher nicht verbieten!«
    Leise öffnete sie die Tür und schlich
in die Nebenstube.
    Aber auch aus dem Fenster der Stube sah
sie nur den rot gefärbten Himmel, der bald heller, bald dunkler wurde.
    »Von hier ist es dasselbe«, dachte sie
bitter. »Das haben sich die Eltern wohl auch gedacht, daß man das Feuer nur von
der Straße aus sehen kann. — Aber warum sollte ich nicht ganz schnell einmal
hinauslaufen? Die Kinder schlafen ja ganz fest. In dem einen winzigen
Augenblick wird ihnen ja wohl nichts zustoßen!«
    Da hatte sie auch schon ihre Schuhe an
den Füßen und die Kleider übergestreift. In einem Nu holte sie den Schlüssel
vom Fensterbrett, und ohne zu überlegen öffnete sie die Haustür und lief über
den Hof und durch das Pförtchen am Tor auf die Straße hinaus.

    Da sah sie, wie am Ende der Dorfstraße
über den Hügeln die Flammen zum Himmel schlugen. Ihr Herz begann laut zu
klopfen, und eine Stimme flüsterte ihr zu: »Du brauchst doch nur die Straße
entlangzulaufen, nur zum nächsten Hügel, von da aus kannst du das ganze
herrliche Feuer sehen! Die Kinder schlafen, und Gerd ist ja schon neun Jahre
alt!«
    Und bevor sie noch einen richtigen
Entschluß gefaßt hatte, liefen ihre Füße schon die Dorfstraße entlang und
sprangen den Hügel hinauf.
    Ja — da endlich sah sie alles vor sich!
Hinter der großen Wiese, auf dem Hügel der alten Opfersteine von Mellen,
schlugen die Flammen hoch wie riesige Märchenblumen, wie feurige Vögel, die in
den schwarzen Himmel hinaufbrausten.
    »Vater und Mutter dürfen mich nicht
hier sehen!« dachte Dott. »Ich muß jetzt gleich zurück!« Aber sie fühlte, daß
sie nun nicht mehr zurückkehren würde. Denn sie hatte ein Unrecht begangen, das
sie nicht mehr ungeschehen machen konnte, und meinte, daß es nun auch nicht
mehr darauf ankäme, wenn noch etwas mehr hinzukommen würde. Nach allem, was sie
nun auf sich genommen hatte, wollte sie wenigstens auch noch das Wunderbare
erleben, das in einer solchen Nacht vor sich gehen mußte.
    Und sie lief geduckt mitten durch das
hohe Gras der Wiese in großer Eile dem strahlenden Licht entgegen.
     
     
     

Eine Überraschung
     
    Wie ein tiefer, schwarzer See lag die
Wiese unter der roten Glut des Feuers. Niemals hätte die kleine Dott es gewagt,
diese Wiese in der Nacht zu durchqueren, um einen Auftrag der Eltern
auszuführen. Sie wäre vor Furcht vergangen. In dieser Johannisnacht aber lockte
sie das Geheimnis des Mittsommerfeuers, und der Ungehorsam, in den sie nun
hineingeraten war, trieb sie immer weiter vorwärts.
     

     
    Ihre Kleider wurden von den
nebeltriefenden Blättern und Blüten durchnäßt. Die Schlingen der Winde
umstrickten ihre Füße. Es war, als hätte die Natur sich verschworen, sie vom
Feuer zurückzuhalten. Aber sie hielt die Augen unverwandt auf die Flammen
gerichtet und arbeitete sich mit verbissener Entschlossenheit durch das
Dickicht der Sumpfwiesenpflanzen hindurch.
    »Wenn Vater mich entdeckt, wird er mir nie
wieder vertrauen«, flüsterte es in ihr.
    Sie konnte bereits den großen Dolmen
über dem Hünengrab erkennen, und rund um ihn herum die schweren, buckligen
Felsblöcke, die in dem flackernden Licht aus der Dunkelheit auftauchten und
wieder verschwanden. Von weitem hörte sie die Jugend singen. Wie schwarze
Schatten tanzten sie um das Feuer. Schon waren die Flammen so weit
zusammengesunken, daß die Burschen mit ihren Mädchen den Feuersprung beginnen
konnten. Aber es war, als sei alle Freude aus dem Herzen der
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