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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
Autoren: Keren David
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1
    Magie? Schicksal? Oder einfach nur Zufall?
Egal. Du bist reich.
    Ich hatte gerade acht Millionen Pfund gewonnen und meine Mutter warf mich raus.
    Sie beförderte mich zwar nicht mit einem Fußtritt über die Schwelle, aber sie stand mit tränenüberströmtem Gesicht da, zeigte auf die Tür und sagte: »Raus! Mit! Dir!« Ihre Stimme klang, als kippte sie zwischen jedem Wort einen Wodka.
    Dabei trank sie an diesem Abend gar keinen Wodka, sondern Rotwein, farblich auf ihren Lippenstift und Nagellack abgestimmt.
    Der ganze Aufstand war total überflüssig. Wir hatten nur mal wieder Stress, und wie immer war es ihre Schuld, aber das sah sie anscheinend völlig anders. Ich hatte doch bloß versucht, ihr ganz vernünftig klarzumachen, warum ich zwanzig Pfund brauchte, aber sie regte sich gleich auf. Es war so ungerecht.
    Meine kleine Schwester Natasha hatte es schlauer angestellt. Sie hatte Mum schon vor ein paar Stunden angepumpt, als Mum sich für die Party fertig machte, einen Song von Beyoncé summte, verschiedene Ohrringe anprobierte und sich in ihrem hautengen violetten Satinkleid von Karen Millen im Spiegel bewunderte. Nat brauchte ihr nur ein paar Komplimente zu machenund schon griff Mum in ihre strassbesetzte Clutch und holte einen Zwanziger raus.
    Als mir dann auffiel, dass ich pleite war, weil ich es vorletzte Woche mit dem Geburtstagfeiern ein bisschen übertrieben hatte, verkündete Dad, er hätte Grippe. Damit war die Party gestorben und Mum hockte sich schmollend in Jeans und Pulli vor die Glotze.
    »Du hast diesen Monat schon Taschengeld bekommen, Lia«, sagte sie und stocherte in ihrem Weight-Watchers-Fertiggericht. »Und mir ist nicht aufgefallen, dass du im Haushalt Einsatz gezeigt hättest. Du hängst die ganze Zeit nur rum und tust nichts.«
    »Aber … aber du hast Nat auch einen Zwanziger gegeben! Das ist ungerecht! Ich will morgen shoppen gehen. Da brauche ich Geld.«
    Ich brauchte wirklich Geld. Ich brauchte immer Geld. Ich hatte an meinem Lieblingsstand auf dem Flohmarkt in Camden eine superschöne Lederjacke aus den Sechzigern entdeckt. An meinem Geburtstag hatte ich Mum hingeschleift und sie unter Tränen angefleht, mir die Jacke zu kaufen, aber sie hatte gemeint, sie würde doch nicht achtzig Pfund für einen Lumpen aus der Altkleidersammlung ausgeben. Ich war fassungslos. Die Jacke war ein Superschnäppchen! In Wirklichkeit kam Mum einfach nicht damit klar, dass ich inzwischen meine eigenen Entscheidungen traf. Seit ungefähr einem Jahr wurde sie immer ekliger und hackte andauernd auf mir rum. Wahrscheinlich hatte sie Probleme mit dem Älterwerden. Vielleicht machte es ihr zu schaffen, dass sie immer mehr Falten kriegte, wogegen ich bei einigermaßen vorteilhafter Beleuchtungund in der richtigen Jacke eigentlich ganz okay aussah.
    Die Lederjacke vom Flohmarkt war nämlich als mein nächster Schachzug geplant, um auf Raf Eindruck zu machen – den schönen, geheimnisvollen Raf. Ich hatte schon vierzig Pfund gespart. Wenn Mum mir jetzt einen Zwanziger gab und ich morgen noch Dad anpumpte …
    »Natasha geht mit ihren Freundinnen weg. Es handelt sich um eine unvorhergesehene Ausgabe. Außerdem bekommt sie weniger Taschengeld als du. Also reg dich wieder ab, Lia.«
    »Du bist ja bloß froh, dass Nat überhaupt gefragt wird, ob sie irgendwohin mitgeht. Darum hast du ihr das Geld gegeben«, sagte ich. Das war ein bisschen fies. Natty hatte letztes Jahr echt gelitten, als sie in der Schule gemobbt wurde. Aber das war noch lange kein Grund für irgendwelche Bonuszahlungen!
    »Sei nicht immer so gehässig«, sagte Mum auch prompt.
    Ich saugte geräuschvoll eine Gabel voll Spaghetti ein. Mum verzog das Gesicht. »Muss das sein?« Dabei war sie nur neidisch, weil ich etwas Ordentliches zu essen hatte.
    »Ist doch so«, sagte ich. »Du gibst ihr Geld, damit sie sich Freunde kaufen kann. ›Ich geb einen aus – Popcorn für alle!‹ Aber die Leute durchschauen so was. Das wirkt total arm. Sorry, aber so ist es nun mal.«
    Ich meinte es wirklich nicht böse. Hätte mich damals jemand gefragt, hätte ich meiner Schwester ein paar gute Tipps geben können, wie sie sich verhaltensollte. Aber mich hatte natürlich keiner gefragt. Wie immer.
    Auf jeden Fall war ich anderthalb Jahre und zwei Tage älter als Natasha. Wenn sie zwanzig Pfund extra bekam, standen mir ja wohl mindestens dreißig zu.
    »Das ist ungerecht «, wiederholte ich, obwohl ich wusste, dass es keinen Zweck hatte. Jedes Mal, wenn ich meinen
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