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Wolfsfeuer (German Edition)

Wolfsfeuer (German Edition)

Titel: Wolfsfeuer (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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sie dachte. Cade hatte gerade seine Verbrechen vor einer Jury Gleichgestellter gestanden.
    Sämtliche Blicke glitten zu Julian, und während das geschah, ergriff Cade die Flucht. Er ließ das Messer fallen und rannte los. Noch bevor er zehn Meter zurückgelegt hatte, war er ein Wolf.
    Julian wollte ihn nicht töten, aber Gesetze waren nun mal Gesetze, und Cade hatte sie gebrochen. Es spielte keine Rolle, dass er sein Bruder war, denn gleichzeitig war er ein wahnsinniger, mordhungriger Werwolf, was bedeutete, dass er sterben musste. Julian schloss die Augen und bündelte seine Kraft für die Metamorphose.
    »Julian«, wisperte Alex, ihre Stimme voller Staunen und Furcht.
    Er öffnete die Augen, als im selben Moment ein grausiges, markerschütterndes Heulen durch die Nacht schallte.
    Die beiden standen allein im Schein des Mondes.
    Das Heulen dauerte an, dann brach es ab.
    Alex wusste nicht, was schlimmer war: das Heulen oder die anschließende Stille.
    Julian starrte in die Ferne, sein Gesicht reglos wie die Nacht. Seine Augen glitzerten; er schien wie aus Stein gemeißelt zu sein.
    »Sie haben sich darum gekümmert«, sagte sie. »Um es dir zu ersparen.«
    Julians Wölfe verstanden, was es ihm abverlangen würde, seinen Bruder zu töten. Dennoch konnten sie Cade nicht weiterleben lassen. Weder hier noch sonst irgendwo. Cade würde niemals aufhören zu morden. Er liebte es zu sehr.
    Julian gab keine Antwort. Er rührte sich nicht.
    »Ich könnte ein bisschen Hilfe brauchen«, erinnerte sie ihn.
    Halb befürchtete sie, dass er einfach weiter dort stehen und sie entblößt und verletzlich sich selbst überlassen würde. Sie würde ihre Strafe akzeptieren; sie würde nicht davonlaufen. Trotzdem wäre es ihr lieber, sie zu empfangen, ohne halb nackt an einen Monstertruck gefesselt zu sein.
    Julian beugte sich nach unten und hob das Messer auf, das Cade im Zuge seiner Verwandlung hatte fallen lassen, dann überwand er mit wenigen Schritten die kurze Entfernung zwischen ihnen. Alex begann zu frösteln, aber das lag nicht an der Kälte. Im schlimmsten Fall sah sie sich gerade ihrem Richter und ihrer Strafe gegenüber …
    Julian hob das Messer, doch tat er nichts weiter, als das Seil zu durchtrennen, das sie an die Heckklappe fesselte.
    Alex purzelte in den Schnee. Er hätte nur den Arm ausstrecken müssen, um ihren Sturz zu verhindern, aber er wandte sich einfach wortlos ab.
    Während sie sich hochrappelte und den Bademantel in Ordnung brachte, überlegte sie, was sie sagen konnte. »Ich habe nichts zu meiner Verteidigung vorzubringen.«
    Sie war eine Spionin. Sie hatte vorgehabt, sie alle ans Messer zu liefern. Dass sie das inzwischen nicht mehr vorhatte, änderte nichts daran, dass sie ursprünglich einen Massenmord geplant hatte.
    Julian hatte recht gehabt. Seine Wölfe waren menschlicher als die meisten Menschen. Barlowsville war ihr Zuhause.
    Und er.
    Sie konnte nicht weggehen. Sie waren verbunden. Gefährten. Aneinandergekettet.
    Seltsamerweise gab ihr diese Erkenntnis nicht das Gefühl, in der Falle zu sitzen.
    Wann hatte sie sich in ihn verliebt? Sie konnte es nicht sagen. War das, was sie für ihn empfand, nur eine Begleiterscheinung ihrer Bindung? War es wichtig, solange diese Bindung real und echt und unverbrüchlich war? Sie waren jeweils Teil des anderen, wie sie niemals wieder Teil von jemandem sein könnten.
    Alex spürte, dass die Werwölfe zurückkehrten; sie nahm ihr stetiges Näherkommen als ein greifbares Pulsieren tief in ihrem Inneren wahr. Sie schälten sich aus der Dunkelheit und formierten sich auf dieselbe Weise wie zuvor – in einem Halbkreis, die Gesichter Alex und Julian zugewandt. Ihr letztes Stündlein hatte geschlagen.
    Alex machte sich nicht die Mühe, sich zu verteidigen. Es gab keine Verteidigung. Sie könnte einwenden, dass es ihr inzwischen leidtat, aber warum sollten sie ihr das abkaufen?
    Julian holte tief Luft, bevor er sie in einem langen, erschöpften Stoßseufzer entweichen ließ. Er drehte sich um und kam auf sie zu, seine Schulterhaltung entschlossen, seine Miene entsetzlich reglos.
    »Das hier wird mir mehr wehtun als dir«, murmelte er.
    Er hatte recht. Ihr Schmerz würde nur so lange andauern, bis die Flammen erstarben. Seiner dagegen konnte aufgrund ihrer Gefährtenschaft ewig anhalten.
    »Es ist in Ordnung«, beschwichtigte sie ihn. »Ich verstehe es.«
    Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn liebte, doch würde das die Sache nur schlimmer machen.
    Er war nur noch einen halben
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