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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst
Autoren: Elizabeth Haynes
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Abteilung für Schwerverbrechen. Du hast dich in große Gefahr gebracht, und ich darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn du einen schweren Fehler gemacht hättest.«
    »Ich weiß.«
    Ich blickte kurz zu Bill auf, der so tat, als lese er die erste Seite einer Akte, die offen vor ihm lag. Seine Wangen waren gerötet, ob vor Verlegenheit oder weil es warm im Zimmer war, war schwer zu sagen. Es war Anfang Dezember, die Heizung aller Polizeistationen des Landes liefen auf vollen Touren. Und es war stickig.
    »Die Dienstaufsicht hat sich noch nicht entschieden, ob man das, was du getan hast, als Anstiftung zu einer Straftat bezeichnen kann.«
    »Sie könnten ihnen sagen, dass ich vorübergehend unzurechnungsfähig war, wenn das was nützt«, bot ich an.
    »Ich wäre am liebsten gar nicht hier, Annabel«, sagte er daraufhin. »Wenn es nach mir ginge, würde ich dir sogar eine Tapferkeitsmedaille verleihen. Was du getan hast, war unglaublich mutig und sehr, sehr dumm.«
    »Ich werde es nie wieder tun«, sagte ich.
    »Gut.« Er brachte sogar ein kleines Lächeln zustande. »Ich denke, das reicht für heute – alle einverstanden?«
    Bill sah erleichtert aus und nickte; die stets säuerliche Frau von der Personalabteilung musterte mich kurz, nickte dann aber dem DCI zu. Die Gewerkschaftsvertreterin wirkte selbstzufrieden. Ich hoffte, dass das ein gutes Zeichen war.
    Sam wartete im Café auf mich, in dem wir uns zum ersten Mal getroffen hatten. Das schien Jahre her zu sein, lag aber erst zwei Monate zurück.
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte er, als ich meine Tasche und meinen Mantel ihm gegenüber über die Stuhllehne hängte.
    »In zwanzig Minuten war alles vorbei. Ich hatte gedacht, es würde länger dauern.«
    »Was haben sie gesagt?«
    Ich spannte ihn eine Weile länger auf die Folter, indem ich zur Kasse ging und uns noch zwei Getränke holte.
    »Sie rufen mich an, wenn sie eine Entscheidung getroffen haben«, sagte ich und setzte mich.
    »Annabel, man sollte dir eine Medaille oder so verleihen, anstatt dich mit diesem Blödsinn zu belasten. Wie geht es Audrey?«
    Audrey wohnte bis auf Weiteres bei ihren Eltern. Zu meinem Erstaunen und vermutlich auch zu ihrem waren wir ziemlich gute Freundinnen geworden. Körperlich hatte sie sich gut erholt, doch sie konnte nicht schlafen und litt regelmäßig unter Panikattacken. Da ich nicht zur Arbeit gehen musste, weil ein Disziplinarverfahren gegen mich lief, besuchte ich sie täglich. Sam war ein-oder zweimal dabei, doch wir hatten beide das Gefühl, dass wir uns in seiner Anwesenheit nicht so wohlfühlten.
    »Vaughn hat angerufen, als ich bei ihr war.«
    »Ach?«
    »Er möchte sie gerne besuchen. Aber sie will ihn nicht sehen.«
    »Vermutlich gibt sie ihm irgendwie die Schuld. Armer Kerl. Er sollte sich seine Freunde besser aussuchen.«
    Heute Morgen, als ich sie besuchte, hatte sie Jeans und ein viel zu großes T-Shirt getragen, doch das war schon mal ein erster Schritt weg von dem schmuddeligen Bademantel. Sie hatte sich außerdem die Haare gewaschen.
    »Wow«, sagte ich. »Gehen wir irgendwo hin?«
    Sie sah kurz völlig panisch drein, dann lächelte sie mich an. Wenn sie lächelte, sah sie ganz anders aus. Sie gehörte zu jenen Frauen, die viel zu cool waren, um sich in der Schule oder in der Arbeit mit mir abzugeben. Sie war jemand, der mit Kate und den anderen befreundet gewesen wäre und nie auf mich geachtet hätte. Ich hatte mir darüber Gedanken gemacht und dann ihre Mom gefragt, ob Audrey wirklich wollte, dass ich sie besuchte, oder ob ich ihr nur leidtat.
    »Oh, nein«, antwortete sie. »Bitte kommen Sie sie unbedingt auch weiterhin besuchen. Audrey bewundert Sie. Sie sagt, Sie seien die mutigste und stärkste Person, die sie kenne.«
    »Audrey geht es ganz gut«, sagte ich zu Sam. »Heute war sie sogar angezogen. Ich hoffe, dass sie bald das Haus verlassen kann.«
    »Das sind ja gute Neuigkeiten. Hat sie noch irgendwas zu dem Vorfall gesagt?«
    Sie hatte mir ein paar Sachen erzählt. Ich wusste, dass Sam ohne ausdrückliche Erlaubnis nichts in der Zeitung veröffentlichen würde, obwohl er gerne über die Sache geschrieben hätte. Es war, als wollte er sich an Colin rächen – mit der besten Waffe, die ihm zur Verfügung stand. Doch sein Ehrenkodex verbot es ihm, genau wie die Tatsache, dass eine Veröffentlichung der Einzelheiten zu Audreys Entführung einen zukünftigen Prozess beeinflussen konnte.
    »Das wird sie, früher oder später. Sie braucht
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