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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst
Autoren: Elizabeth Haynes
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    Annabel
    Ich kam nach Hause und roch die Mülleimer, die in der kalten Luft einen schwachen Gestank verbreiteten, sodass ich die Nase rümpfte.
    Ich ging ins Haus, öffnete die Hintertür, schüttelte die Schachtel mit Katzenfutter und hoffte, dass sie angerannt käme. Die Nacht war sternenklar, sie würde also vermutlich erst dann an der Hintertür maunzen und kratzen, wenn ich im Badezimmer war. Trotz meiner Bemühungen, sie an die Katzenklappe zu gewöhnen – indem ich sie vor ihren Augen aufklappte, ihr gut zuredete, sie sogar gewaltsam durchschob –, ignorierte sie die Klappe und betrat oder verließ das Haus nur, wenn ich ihr die Tür aufmachte. Ich hatte sogar versucht, das Katzenklo abzuschaffen, doch sie pinkelte einfach auf den Linoleumboden in der Küche und versuchte dann kratzend alles zu verscharren. Das war der Punkt, an dem ich aufgab.
    Ich blieb einen Augenblick an der Tür stehen. »Lucy?«, rief ich versuchsweise. »Lucy!«
    Nichts. Dann sollte die verdammte Katze doch die ganze Nacht da draußen bleiben, dachte ich, wusste aber, dass ich in ein paar Stunden tropfnass und frierend wieder hier unten im Bademantel stehen und das Katzenfutter schütteln würde, während sie draußen auf dem Rasen saß und mich anstarrte, wie um mich dafür zu bestrafen, dass ich so lange gebraucht hatte.
    Ich machte mir eine Tasse Pfefferminztee und ein paar Käsetoasts, aß am Küchentisch und behielt dabei die offene Tür im Auge, falls die Katze doch reinkäme, sodass ich abschließen und sie einsperren konnte. Als ich fertig war, warf ich die Toastreste in den Mülleimer in der Küche und schnüffelte. Irgendwas stank hier zweifellos ganz furchtbar. Das letzte Mal war mir so ein schrecklicher Gestank in die Nase gestiegen, als meine Katze einen Frosch mitgebracht und ich es erst bemerkt hatte, als ich ihn halb schleimig, halb vertrocknet vor der Wand unter der Kommode im Esszimmer gefunden hatte. Ich musste ihn, mit einem Stück Küchenrolle und Gummihandschuhen bewaffnet, auf allen vieren vom Boden abkratzen.
    Ich stand erneut an der Tür und fragte mich, ob Lucy diesmal eine Taube gekillt und sie bei den Mülltonnen liegen gelassen hatte, weil sie mir nicht zutraute, sie ordnungsgemäß zu entsorgen. Ich zog meine Hausschuhe an, holte die Taschenlampe aus der Schublade, wagte mich die Treppe hinunter in die Dunkelheit und lauschte dem Verkehrslärm, der von der Hauptstraße hinter den Bäumen herüberdrang. Die Mülltonnen standen in dem schmalen Durchgang zwischen meinem und dem Nachbarhaus. Ich hob den Deckel der schwarzen und den der grünen Biotonne hoch. Beide rochen zwar unangenehm, waren aber nicht die Quelle des Gestanks. Ich beleuchtete mit der Taschenlampe den Boden um die Tonnen herum. Keine Taube, keine Ratte – nichts Totes.
    Das Nachbarhaus stand schon seit einiger Zeit leer, doch als ich hinübersah bemerkte ich, dass Licht brannte. Ein gedämpfter goldener Schein drang herüber, als würde in einem Raum eine einzelne Glühbirne brennen.
    Ich versuchte mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal hier draußen gestanden hatte. Am Sonntagnachmittag? Doch das war am helllichten Tag gewesen, die Sonne hatte geschienen, und selbst wenn nebenan Licht gebrannt hätte, hätte ich es nicht bemerkt. Vielleicht war ein Immobilienmakler oder ein Bauträger da gewesen und hatte es angelassen?
    Als ich hier einzog, wohnte nebenan ein Pärchen. Ich versuchte mich zu erinnern, wie die Frau hieß. Shelley, genau. Sie hatte sich bei mir vorgestellt. Das war an einem heißen Sommertag gewesen. Ich war gerade nach Hause gekommen, sie hatte im Vorgarten gearbeitet. Sie hielt mich zu einem Schwätzchen an, obwohl ich keinerlei Lust darauf hatte. Ich war müde, wie immer deprimiert und sehnte mich nur danach, ins Haus zu gehen, mir die Schuhe von den heißen, schmerzenden Füßen zu ziehen und etwas Kaltes zu trinken. Alles, was ich von diesem Gespräch noch in Erinnerung hatte, war ihr Name und dass ihr Partner – das Wort hört sich für mich immer komisch an; sie sagte nicht Freund oder Mann oder Verlobter – Graham hieß. Ich bin ihm nie begegnet. Ich glaube, er zog im Herbst aus. Im vergangenen Winter sah ich sie ein paarmal kommen und gehen, sie packte wahrscheinlich nach Ostern ihre Sachen. Jedenfalls hatte ich sie danach nicht wieder gesehen, und der zuvor gepflegte Garten verwilderte langsam.
    Zuerst beschlich mich nur eine böse Vorahnung, dann hörte ich ein Geräusch aus der Richtung des leer
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