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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst
Autoren: Elizabeth Haynes
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stehenden Hauses. Irgendwas stimmte nicht. Ich spähte durch die Dunkelheit und sah die Katze, die sich durch die Gartentür zwängte, zu mir getrottet kam und sich an meine Beine schmiegte. Irgendwas Übelriechendes, Klebriges haftete an ihr, und sie strich mir immer wieder um den Rock. Ich legte mir blitzschnell die Hand über Mund und Nase.
    In diesem Moment überlegte ich, in die Küche zurückzugehen und die Polizei zu verständigen. Im Nachhinein betrachtet hätte ich genau das tun sollen. Doch es war Freitagabend, und weil ich selbst auf dem Revier arbeitete, wusste ich, dass alle Streifen unterwegs waren. Wenn sie nicht gerade Blut und Kotze von den Straßen im Zentrum von Briarstone wischten, waren sie damit beschäftigt, Leute in die Arrestzelle zu stecken. Ich arbeitete seit Jahren für die Polizei, hatte sie aber noch nie selbst gerufen. Ich wusste nicht einmal, was ich hätte sagen sollen. Dass es nebenan schrecklich stank? Vermutlich hätte man mir nahegelegt, am nächsten Morgen die Müllabfuhr zu verständigen.
    Die niedrige Tür zum Hintergarten hing schief in den Angeln. Dahinter lag ein einst gepflegter Pfad, der nun völlig überwuchert war. An manchen Stellen standen Gras und Unkraut hüfthoch, die Halme bogen sich wie müde Krieger. Ich lief über das Gras zum Ziegelpfad, der zur Hintertür führte. Auf dem Sims vor dem Küchenfenster lagen tote Fliegen. Ich leuchtete mit der Taschenlampe in den leeren Raum. Ein paar Fliegen krabbelten noch am Fensterglas, einige wenige schwirrten in der Raummitte im Kreis. Die Tür zum Esszimmer stand weit offen, von dort fiel ein trübes goldenes Licht in die Küche.
    Ich sah zu Boden. Die unterste Glasscheibe der Hintertür fehlte. Dunkle Schmierspuren und verschiedenfarbige Haare klebten am Rahmen. Offenbar gingen hier die unterschiedlichsten Katzen ungehindert ein und aus. Ich rüttelte an der Tür, doch es wäre wohl zu viel verlangt gewesen, sie unverschlossen vorzufinden. Dann klopfte ich. Meine Fingerknöchel klapperten auf dem Glas, der Türrahmen erzitterte. Vorsichtig drückte ich gegen die Scheibe, dann ein wenig fester, und plötzlich fiel sie aus dem Rahmen, und das Glas zerbarst auf dem gekachelten Küchenboden.
    »Mist!«, sagte ich laut. Jetzt saß ich wirklich in der Klemme.
    Ich hätte von der Tür weggehen sollen. Ich hätte zurück in mein Haus gehen, hinter mir absperren und nicht mehr darüber nachdenken sollen. Das war doch nicht mein Problem, oder? Aber jetzt, da ich praktisch eingebrochen war, konnte ich genauso gut nachsehen, ob sich irgendwer im Haus befand.
    Ich steckte meine Hand durch das Loch und tastete herum. Der Schlüssel steckte im Schloss. Ich versuchte ihn umzudrehen – er klemmte, war schon lange nicht mehr benutzt worden – und in meinem Hinterkopf tauchte der Gedanke auf, dass die Tür über mehrere Riegel verfügen könnte. Doch als ich den Schlüssel endlich gedreht hatte, ließ sich die Tür ziemlich leicht öffnen. Der Gestank schlug mir mit voller Wucht entgegen, verzog sich aber genauso schnell in die Nacht hinaus.
    »Hallo?«, rief ich, erwartete aber keine Antwort und wusste auch nicht, was zum Teufel ich getan hätte, wenn ich eine bekommen hätte. »Ist da wer?«
    Im Haus schien es wärmer als in meinem eigenen zu sein, aber vielleicht kam mir das auch nur so vor, weil ich im kalten Garten gewesen war. Meine Schritte knirschten auf den Glasscherben und hallten in der leeren Küche wider, und ich musste meine Hand über Mund und Nase legen, um den Gestank zu dämpfen, der hier jetzt wieder stärker wurde. Ich leuchtete mit der Taschenlampe im Raum umher, beleuchtete Geschirrschränke und Regale, einen schmutzigen Herd, auf dessen Oberfläche eine klebrig matte Staubschicht lag.
    Vielleicht war es verdorbenes Essen, dachte ich. Vielleicht hatte es der letzte Bewohner ziemlich eilig gehabt, zu verschwinden, und die Reste des Abendessens stehen lassen. Doch die Tür des Kühlschranks stand offen, darin war nichts als schwarzer Schimmel. Er war ganz offensichtlich außer Betrieb.
    Als ich vorsichtig die Küchentür aufstieß, wurde es hell genug, dass ich die Taschenlampe ausmachen konnte. Ich stand in einem Esszimmer, in dem sich Stühle und ein Tisch mit einer Tischdecke und zwei Sets darauf befanden. Auf der Anrichte stand eine moderne Tischlampe, doch auch auf ihr so wie auf fast jeder anderen Oberfläche lag eine dünne Staubschicht. Die Lampe war eingeschaltet.
    Ich hörte ein Geräusch. Leise, ein wenig
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