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Spion der Liebe

Spion der Liebe

Titel: Spion der Liebe
Autoren: Susan Johnson
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1
    Februar 1800
    »Bleib doch ein bißchen länger hier. Der Morgen ist noch gar nicht angebrochen. Natürlich wecke ich die Damen.«
    »Nein, ich muß gehen.« Beau St. Jules schlüpfte in sein Jackett. Dann betrachtete er die schlafende Tänzerin aus dem corps de ballet, die ihn während der letzten Tage so angenehm unterhalten hatte. Das Laken bedeckte nur einen Teil ihres schlanken Körpers. »So schwer mir der Abschied auch fällt, Albington …« Erinnerungen an die vergangene Nacht erhitzten sein Blut. Seufzend zog er eine kleine, emaillierte Taschenuhr hervor. »Welcher Tag ist heute?«
    »Sonntag, der 1.«
    »Bist du sicher?«
    »O ja. Morgen bekomme ich meine monatliche Apanage. Die vergesse ich nie – nicht einmal, wenn ein so verführerisches Mädchen mein Bett wärmt. Endlich bin ich wieder flüssig.« Der junge Marquis von Albington beugte sich in seinem Sessel vor und griff über den Spieltisch hinweg nach einer Weinflasche. »Darauf trinke ich«, fügte er grinsend hinzu und goß erstklassigen Claret in sein Glas.
    »Großer Gott!« murmelte der Earl von Rochefort. Hastig knöpfte er seine Weste zu. »Und ich dachte, heute wäre erst Samstag.«
    »Hast du eine Verabredung verpaßt?«
    »Den Geburtstag meiner Schwester.« Beau schnitt eine Grimasse und verknotete sein feines Leinenhalstuch. »Wahrscheinlich wird sich der Herzog meinen Kopf auf einem Silberteller servieren lassen. Maman legt so großen Wert auf Geburtstage.«
    »An deiner Stelle würde ich flüchten. Fahr doch einfach früher nach Neapel.«
    »Ich habe Nell einen Besuch bei Madame La Clerque versprochen. Zum Teufel, wo sind meine Stiefel?«
    »Wo sie die leidenschaftliche Miss Gambetta gestern abend hinwarf, nachdem sie dir die Kleider vom Leib gerissen hatte. Neben der Tür, würde ich sagen.«
    Lächelnd erinnerte sich Beau an den Eifer der jungen Dame und spähte ins Dunkel bei Charles Albingtons Wohnungstür. »Ein unersättliches kleines Ding … Sag ihr, ich werde sie besuchen, wenn ich zurückkomme.«
    »Falls sie dann noch verfügbar ist. Monty möchte ein dauerhaftes Arrangement mit ihr treffen. Aber du könntest sie vor deiner Abreise in der Half Moon Street einquartieren.«
    »Lieber nicht«, entgegnete der älteste Sohn des Herzogs von Seth, ging zu Tür und zerrte seine Stiefel unter Miss Gambettas zerknülltem azurblauem Seidenkleid hervor. »Bloß keine engere Bindung!« Die hatte er auch nicht nötig, da alle liebeshungrigen Londoner Frauen hinter ihm her waren.
    Wenig später hatte er seine Stiefel angezogen. Nach langjähriger Übung sah er auch ohne die Hilfe seines Kammerdieners einigermaßen präsentabel aus, wann immer er die Nacht in weiblichen Armen verbracht hatte. Allerdings könnte ich die Dienste eines Barbiers gebrauchen, dachte er und blickte in den Spiegel, der vom Kerzenlicht erhellt wurde. Dunkle Bartstoppeln umschatteten sein Kinn. Er zog mehrere Geldscheine aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. 1 »Gib das – eh …« »Mariana«, ergänzte sein Freund hilfsbereit.
    »Und richte ihr meinen innigsten Dank aus. Sie ist verdammt gut.«
    »Jedenfalls gut genug, um dich vom Geburtstag deiner Schwester abzulenken.«
    »Sie kann tatsächlich die Beine um ihren Hals legen«, bemerkte Beau grinsend. »Und dafür nehme ich die Strafpredigt des Herzogs gern in Kauf. Ich muß nur angemessene Zerknirschung zeigen, wenn er mir vorhält, wie bitter ich Maman enttäuscht habe. Nell wird sich nicht aufregen, solange sie ihre neue Garderobe von Madame La Clerque bekommt.«
    »Ist sie schon alt genug für all diesen Firlefanz?«
    »Nein, erst dreizehn. Aber ich habe ihr richtige Kleider versprochen.«
    »In ein paar Jahren wirst du deine Schwester vor Wüstlingen von unserer Sorte schützen müssen.«
    »Oh, Nell kann auf sich selber aufpassen. Sie möchte Jockey werden, wie Maman.«
    »Vielleicht heirate ich sie. Einen siegreichen Jockey habe ich mir schon immer gewünscht.«
    »Aber dann mußt du deine Hurerei aufgeben.«
    Erstaunt hob der Marquis die Brauen. In diesen freizügigen Zeiten nahmen es die Ehemänner mit der Treue nicht allzugenau.
    »Sie ist meine Schwester«, betonte Beau, eine Hand am Türgriff. Und mit dieser sanften Warnung verließ er die Wohnung.
    Während Beau St. Jules am späteren Vormittag die Gardinenpredigt seines Vaters ertrug, bekam Serena Blythe wie schon so oft den strengen Tadel ihrer Herrin, Mrs. Tot-ham, zu hören. »Habe ich Ihnen nicht in aller Deutlichkeit erklärt, Sie
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