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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet
Autoren: L Griffin
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das eine noch das andere gewesen.
    »Ich hatte Angst«, sagte sie. »Irgendwas war da unheimlich.
Als ob dort jemand herumschlich. Und als das Feuer ausbrach, bekam ich Angst. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also bin ich zu dir gekommen.«
    Seine Miene hellte sich etwas auf. Vielleicht hatte er eben erst begriffen, dass sie wusste, wo er wohnte. Dass sie sich schon vor der heutigen Katastrophe mit ihm beschäftigt hatte.
    Na, wenn schon. Sie war sowieso noch nie besonders gut darin gewesen, die Schüchterne zu spielen.
    »Ich muss zu dieser Hütte zurück«, erklärte sie. »Ich bin überzeugt, dass Melanie dort umgekommen ist. Es wäre schön, wenn du mitkommst und dich um die Sache kümmerst.«
    Er seufzte, so als spürte er, dass »die Sache« um einiges komplizierter war, als sie ihn glauben machen wollte.
    Er sollte recht behalten. Und da ahnte er nicht einmal einen Bruchteil dessen, was auf ihn zukam.
     
    »Du hältst besser an«, sagte Alex und starrte durch die Windschutzscheibe. Laut dem Blechschild, das den Wasserstand anzeigte, stand die Brücke schon drei Zentimeter unter Wasser. Doch Nathan machte keine Anstalten, langsamer zu fahren.
    Sie funkelte ihn von der Seite an. »He, das Letzte, was ich brauche, ist ein schlechtes Gewissen wegen deines Wagens, wenn der hier absäuft.«
    Doch er hielt völlig unbekümmert und mit unverminderter Geschwindigkeit auf die Brücke zu, sodass beim Überqueren das Wasser zu beiden Seiten des Mustangs wegspritzte. Danach fuhr er rechts ran, um einen kastenförmigen Löschzug ohne Martinshorn passieren zu
lassen. Es war schon der zweite Feuerwehrwagen, der ihnen entgegenkam, seit sie den Highway verlassen hatten.
    Ab jetzt musste Alex ihm den Weg nicht mehr beschreiben. Mitten auf der Straße hatte sich eine Traube von Menschen gebildet. Sie wandten sich um und blinzelten in Nathans Scheinwerfer, traten aber nicht zur Seite. Er steuerte eine etwas höher gelegene Wiese gegenüber dem Wohnmobilstellplatz »Shady Shores« an und stellte den Wagen ab.
    »Du wartest hier.«
    »Aber …«
    »Wir können uns später umschauen. Ich muss erst sehen, wer hier ist.«
    Ehe sie antworten konnte, stieg er aus und schlug die Autotür zu. Als er aus dem Scheinwerferkegel verschwand, verschränkte Alex die Arme vor der Brust und seufzte. Schon wieder warten. Als ob sie nicht oft genug dazu verdonnert wäre.
    Geduld war noch nie ihre Stärke gewesen. Sie empfand es als Ironie des Schicksals, dass sie einen so großen Teil ihres Berufslebens nur darauf wartete, dass etwas passierte.
    In ihrem Privatleben war es genau andersherum, und das gefiel ihr. Wenn sie etwas sah, das sie haben wollte, wappnete sie sich kurz gegen einen möglichen Fehlschlag und ging geradewegs auf ihr Ziel los. Bloß nicht untätig herumhängen und hoffen, dass ein Kerl anrief.
    Aber warum hatte sie Nathan dann nicht angerufen? Sie war hier und da zufällig mit ihm zusammengetroffen, seit sie sich vergangenen Herbst begegnet waren. Sie
hatten sogar ein paar gemeinsame Bekannte, sodass sich ihre Wege immer wieder mal kreuzten. Aber sie hatten die Bekanntschaft nicht vertieft, sondern sie auf der beruflichen Ebene belassen. Vielleicht war sie nach dem, was heute passiert war, einfach schockiert gewesen, aber im Moment stand das Berufliche bei ihren Gefühlen für ihn nicht im Vordergrund.
    Sie entdeckte ihn neben einem roten Kastenwagen, wo er mit einem Feuerwehrmann sprach. Vermutlich benutzte er seinen Status als Polizist, um Informationen einzuholen, an die man als einfache Bürgerin wie sie gar nicht herankam. Die Gesetzeshüter hielten letztlich alle zusammen, und Alex war klar, dass sie niemals zu diesem exklusiven Club gehören würde. Sie arbeitete an den Grenzen des Erlaubten, aber das war ihr lieber so. Es ließ ihr mehr Spielraum, die Regeln zu ihren Gunsten auszulegen.
    Alex fühlte sich in ihren feuchten Jeans unwohl. In Nathans Wagen war es heiß wie in einer Sauna. Sie beschloss, sich zumindest hier umzusehen, und untersuchte das Handschuhfach: Versicherungsnachweis, Taschenlampe, Patronen, Feuerzeug. Hm … rauchte er etwa? Unwahrscheinlich. Das gehörte wohl eher zur Pfadfinderausstattung, ganz nach dem Motto »Allzeit bereit«.
    Ihr Handy klingelte, und sie zog es hastig aus der Tasche. Kurz keimte in ihr die Hoffnung, es könnte Melanie sein, doch die Nummer auf dem Display war ihr unbekannt.
    »Alex hier.« Sie wartete einige Sekunden. »Hallo?«
    Aufgelegt. Sie starrte kurz auf das Display
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