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Rolf Torring 117 - Kapitän Farrow

Rolf Torring 117 - Kapitän Farrow

Titel: Rolf Torring 117 - Kapitän Farrow
Autoren: Hans Warren
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      1 . Kapitel  
      Der fliegende Holländer  
     
      „Wenn ich mich nicht täusche, meine Herren, schwimmt dort ein Rettungsboot, aber ich kann nicht erkennen, ob ein Mensch darin ist."  
      Hoffmann, der Kapitän unserer Jacht, hatte die Worte zu uns gesprochen. Er hatte uns geweckt, weil er weit draußen das kleine Boot gesichtet hatte, das steuerlos auf den Wellen tanzte.  
      Wir beeilten uns und zogen nur die notwendigsten Kleidungsstücke an, um möglichst bald mit Hoffmann an Deck zu sein. Bisher waren wir auf unseren Fahrten durch die verschiedensten Meere noch nie einem Schiffbrüchigen begegnet. Wenn in dem kleinen Boot wirklich ein Mensch sein sollte, war es selbstverständliche Menschenpflicht und alter, guter Seemannsbrauch, alles daranzusetzen, ihm zu helfen.  
      Von Deck aus richteten wir die Ferngläser nach der Stelle, die Kapitän Hoffmann bezeichnete. Unsere Jacht war aber noch immer so weit von dem Rettungsboot entfernt, daß wir nichts deutlich erkennen konnten.  
      Als wir am Tage vorher von Hongkong abgefahren waren, hatte Rolf Kurs auf Formosa nehmen lassen. Wir wollten die Insel durchstreifen und hatten die vage Hoffnung, irgendwo auf der Fahrt Kapitän Farrow und seinem U-Boot zu begegnen. Farrow, sein Sohn Jörn und seine Mannschaft waren gute Bekannte von uns, wenn wir auch nur kurz mit den Männern hatten zusammen sein können.  
      In flotter Fahrt näherten wir uns dem Rettungsboot. Plötzlich rief Kapitän Hoffmann:  
      „Da liegt ein Mensch im Boot! Ich kann ihn jetzt genau erkennen. Er scheint ohne Besinnung zu sein."  
      Durch die Gläser, die wir wieder vor die Augen nahmen, konnten auch wir jetzt erkennen, daß im Boot ein Mensch lag, der wahrscheinlich vor Erschöpfung zusammengebrochen war. Er schien nicht mehr über Ruder zu verfügen; vielleicht hatten die Wellen oder der Sturm sie fortgerissen.  
      „Ein Chinese, meine Herren!" sagte Kapitän Hoffmann, als wir noch ein Stück näher an das Rettungsboot herangekommen waren. „Vielleicht war er auf einer Dschunke, die irgendwo gesunken ist. Hoffentlich lebt der Mann noch!"  
      Näher und näher kamen wir dem Boot. Als wir es erreichten, ließ Hoffmann die Fahrt unserer Jacht stoppen. Pongo, der inzwischen, von dem Matrosen William geweckt, auch an Deck erschienen war, kletterte als erster das Fallreep hinunter, um den Chinesen zu untersuchen.  
      Ich kletterte hinter Pongo her, aber unser schwarzer Freund winkte schon ab.  
      „Masser zurückbleiben. Pongo allein schaffen. Mann leben. Pongo ihn an Deck bringen."  
      Er legte ihn vorsichtig wie einen gefüllten Sack über seine Schulter und kletterte gewandt auf das Deck der Jacht zurück, während William und John es übernahmen, das Rettungsboot am Heck festzumachen, damit es hinter uns herfuhr.  
      Als Pongo den Chinesen auf die Deckplanken niedergelegt hatte, untersuchte ihn Rolf, neben ihm niederknieend genau. Der Mann schien völlig erschöpft zu sein. Seine Ohnmacht war tief. Wir ließen uns durch den Chinesenboy Li Tan, der unsere Küche besorgte, Kognak bringen, den wir dem Chinesen einflößten, nachdem wir ihm Stirn, Wangen und Hände mit Kölnisch Wasser abgerieben hatten.  
      Nach Minuten schon schlug der Schiffbrüchige die Augen auf; er blinzelte uns ziemlich verständnislos an und sagte leise ein paar Worte in seiner Muttersprache, die uns Li Tan sofort übersetzte.  
      „Er wollen Wasser haben, ich es holen."  
      Im Nu war Li Tan verschwunden, um das Verlangte zu holen.  
      Wir ließen dem Chinesen Zeit, sich noch mehr zu erholen. Kapitän Hoffmann hatte die Weiterfahrt angeordnet und Steuermann John das Rad anvertraut. Als Hoffmann wieder neben uns stand, meinte er:  
      „Dem Aussehen nach war der Mann als Matrose auf einer Dschunke tätig. Er scheint halb verdurstet zu sein."  
      Li Tan hatte seinem Landsmann einen Krug mit Wasser an die Lippen gesetzt, das dieser mit langen, langsamen, aber doch gierigen Zügen trank. Sehr bald kehrten seine Lebensgeister zurück. Dankbar blickte er uns an und sagte endlich mit zunächst kaum vernehmbarer Stimme:  
      „Ku Liang sehr dankbar sein. Fast verschmachtet. Viel Durst."  
      Der Chinese hatte sich des Englischen bedient, das er gebrochen sprach. Schon versuchte er, sich mit Pongos Hilfe aufzurichten. Nach einem vergeblichen Versuch gelang es schließlich.  
      Er legte sogar die Arme auf die Brust und verneigte sich tief vor uns.
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