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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet
Autoren: L Griffin
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zum Umziehen ins Schlafzimmer.
    Zweihundert Wiederholungen später lag er schweißgetränkt und erschöpft, aber mit merklich besserer Laune auf seiner Hantelbank. Er hätte diesem kleinen Idioten auch eine mitgeben können. Die Gelegenheit dazu war da gewesen, er war provoziert worden. Aber sein Partner war dazwischengetreten und hatte Nathan daran gehindert, dem durchgeknallten kleinen Gangster, der nicht einmal halb so alt war wie er, einen alles andere als karriereförderlichen Schwinger zu verpassen. Statt dem Bürschchen den rechten Haken heimzuzahlen, hatte er ihm also nur Handschellen angelegt und ihn aufs Präsidium geschleift.

    Bei dem Gedanken daran krampfte sich Nathans Magen fast genauso zusammen wie sein Bizeps. Am Tatort, einer belebten Straßenecke, hatte es ein richtiges Blutbad gegeben. Drei Opfer waren zu beklagen, alle noch im Schulalter. Die Mutter eines der Kinder hatte alles mit angesehen, und ihre Schreie klangen noch in seinen Ohren.
    Was für Arschlöcher! Schnaufend wuchtete Nathan die Hantelstange in die Höhe. Und noch mal. Und noch mal. Was für verdammte Arschlöcher!
    »Sehr beeindruckend.«
    Nathan beugte die Ellenbogen etwas nach hinten und legte die Hantelstange in ihre Halterung. Eine Frau stand in der Garagentür. Er richtete sich auf und wischte sich den Schweiß aus den Augen.
    Nein, er hatte keine Halluzinationen. Vor einem rauschenden Regenvorhang stand tatsächlich Alex Lovell. Hier in seiner Garage. Das nasse dunkle Haar klebte ihr am Kopf.
    Sie trat näher, eine Hand in die Hüfte gestemmt. »Aber wenn man genauer hinschaut, siehst du doch etwas lädiert aus.«
    Seit Monaten war er Alex nicht mehr so nahe gewesen. Er bemerkte den Kratzer an ihrem Kinn, die schmutzigen Arme, die Grasflecken auf der Jeans.
    Er blickte in ihre hellbraunen Augen. »Hast du in letzter Zeit mal in einen Spiegel geschaut?«
    »Nö.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Schlimmer als bei dir kann’s aber kaum sein. Mal wieder ein Geständnis aus jemandem rausgeprügelt?«
    Ihr Sarkasmus war ein bisschen zu treffend, als dass er
ihm nicht unangenehm gewesen wäre. Er hob das Handtuch vom Boden auf und trocknete sich das Gesicht.
    »Wie hast du mich überhaupt gefunden?«, fragte er.
    »Hm.« Sie neigte den Kopf ein wenig. Die Frage kränkte sie offensichtlich.
    Er hatte ganz vergessen, wie klein sie war. Von seinem Platz auf der Bank blickte er geradewegs auf ihren Busen. Er hatte ihn vorher nie wirklich wahrgenommen, aber in diesem nassen T-Shirt …
    »Pass auf, dass dir nicht die Augen rausfallen. Eins scheint eh schon nicht mehr ganz in Ordnung. Aber im Ernst, ich muss mit dir reden.« Zum ersten Mal ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. Doch nicht der schwarze Ford Mustang, Baujahr 1966, sondern die andere Hälfte der Garage schien sie zu interessieren. Offenbar machte sie sich nichts aus Autos.
    Mit dem Handtuch um den Hals erhob er sich. Allmählich gewann er die Fassung zurück. Alex Lovell war bei ihm zu Hause. Sein Puls ging schneller, aber das lag womöglich am Training.
    Ihre Blicke begegneten sich kurz, ehe sie einen Schritt zur Seite trat. »Was ist denn in den Regalen da drüben?«
    »Das musst du meine Exfrau fragen.«
    Sie wandte ihm den Rücken zu und schritt die Wand ab. Manche Männer hatten Bohrmaschinen und Werkbänke in der Garage. Aber bei Nathan standen dort seit Jahren lauter Weihnachtsmänner. Und Kränze. Und Kisten über Kisten voller Christbaumschmuck.
    Alex betrachtete die vielen leeren Regalfächer. »Deine Ex-Frau hat wohl viel gelesen?«
    »Sie hat einen Weihnachtstick. Die halbe Garage war
voll mit dem Zeug. Als sie ausgezogen ist, hat sie aber das meiste davon mitgenommen.«
    »Klingt ja fast, als ob du’s vermissen würdest.«
    »Lass uns reingehen und ein Bier trinken.« Und mach nicht so ein Gesicht . Je länger er sie ansah, desto unguter wurde das Gefühl in der Magengrube. Alex steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten, und wenn sie mit ihm darüber reden wollte, mussten sie wirklich unangenehm sein.
    Er hielt ihr die Tür auf, und als sie an ihm vorbei ins Haus ging, fiel sein Blick wieder auf ihr nasses T-Shirt. Er hätte sie schon vor Monaten anrufen sollen. Und das war nicht das Einzige, was er versäumt hatte.
    Sie kamen in die Küche.
    »Riecht nach Hamburgern«, meinte sie.
    »Spareribs«, verbesserte er. »Hast du Hunger?«
    »Nein.« Sie zog einen Stuhl unter dem Esstisch hervor und ließ sich mit einem Seufzer darauffallen. Als
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