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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet
Autoren: L Griffin
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sie sich die dreckverschmierten Arme abrieb, wurde sie von einem Zittern geschüttelt.
    Nathan zog eine Schublade auf und warf ihr ein Geschirrtuch zu. »Hier.«
    »Danke.«
    Sie fuhr sich mit dem Tuch über das Gesicht und den Nacken. Dabei entdeckte er über ihrer Oberlippe die kleine, halbmondförmige Narbe. Sie musste sieben Monate alt sein.
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    Er zwang sich, ihr nicht auf den Mund, sondern in die Augen zu blicken. »Wobei denn?«
    Sie senkte den Blick auf ihre schlammverkrusteten
Joggingschuhe. »Das fällt mir schwerer, als ich dachte.« Dann hob sie mit einem Ruck den Kopf. »Könnte ich vielleicht was zu trinken haben, bitte? Eine Cola oder so?«
    Er öffnete den Kühlschrank und zog zwei Flaschen Budweiser heraus, obwohl sie ihm bei ihrem ersten Treffen erzählt hatte, dass sie kein Bier mochte. Er drehte die Verschlüsse auf und reichte ihr eins der Biere.
    »Danke.« Nach einem großen Schluck stellte sie die Flasche auf den Tisch. Dabei überkam sie erneut ein Zittern.
    Nathans Magen verkrampfte sich. Die Alex, die er kannte, war nicht so leicht zu erschüttern. Doch jetzt zitterte sie nicht vor Kälte, sondern vor Angst. Als sie einen weiteren Schluck trank, glitt sein Blick über ihren schlanken Hals und das dreckbespritzte T-Shirt hinab. An dem Loch in ihrer Jeans blieb er hängen.
    »Du blutest ja!« Er zog das Handtuch vom Hals, feuchtete es unter dem Wasserhahn an und kniete sich vor sie auf den Boden.
    »Das ist nicht schlimm.«
    Aber er schob ihr bereits die Jeans nach oben. Dabei fand er einen Knöchelholster mit einer SIG P228. Eigentlich sollte ihn die Pistole nicht weiter überraschen, aber es war so. Ihr blasser Unterschenkel war blutverschmiert, und sie zuckte zurück, als er den Stoff weiter nach oben schob und eine tiefe Schürfwunde auf dem Knie freilegte.
    »Was ist denn da passiert?« Er tupfte das Blut ab.
    »Ich bin hingefallen. Vorhin. Das ist nur ein Kratzer – autsch !«

    Mit vorwurfsvollem Blick zog er einen großen Holzsplitter aus der Wunde. Ein Schwall Blut strömte aus der Abschürfung, und er presste das Handtuch dagegen.
    »Halt das mal.« Er nahm ihre Hand und legte sie auf das Handtuch. »Ich hol was zum Verbinden.« Er hatte zwar nicht viel Verbandszeug im Haus, aber im Badezimmerschrank fand er Gaze und Wasserstoffperoxid zum Desinfizieren.
    Wieder kniete er sich vor sie. »Halt still.«
    »Mann, das tut weh!« Sie klammerte sich an seine Schulter, während das Desinfektionsmittel auf der Wunde Blasen warf. Er goss noch etwas davon darauf und packte ihren Fuß, der nach vorne in Richtung seines Magens schnellte.
    »Brrr, Pferdchen! Nicht so wild.«
    Sie verstärkte den Griff auf seine Schulter und stieß eine Schimpfkanonade aus.
    Allmählich hörte die Blutung auf. Sie trank einen Schluck, ohne auf ihn oder das Knie zu blicken. Als ihre Flasche leer war, war auch die Wunde mit Gaze und Tape verbunden.
    Er setzte sich auf die Fersen und sah sie an. »Was hast du gesagt? Du brauchst meine Hilfe?«
    »Das weiß ich jetzt nicht mehr.« Sie kippelte mit dem Stuhl leicht nach hinten. »Du bist ja ein Sadist!«
    Er sah sie erleichtert an. Zum Glück war das Feuer in ihre Augen zurückgekehrt.
    »Komm schon. Raus mit der Sprache, Alex.«
    Sie zog sich mit einem Ruck das Hosenbein herunter, ehe sie tief Luft holte und ihn ansah.
    »Ich muss einen Mord anzeigen.«

     
    Er kniete vor ihr und hatte den Blick nach oben gewandt, doch aus seiner Miene wurde sie nicht schlau. Wahrscheinlich wegen der scheußlichen lila Schwellung um sein Auge. Er rieb sich den Nasenrücken und verzog das Gesicht.
    »Alex …«
    Er hielt inne und ging zur Küchenzeile. Er lehnte sich dagegen, fuhr mit beiden Händen durch sein verstrubbeltes dunkles Haar und betrachtete sie so lange, bis sie sich am liebsten verkrochen hätte.
    »Du solltest lieber mit einem Anwalt sprechen«, meinte er schließlich.
    Einem Anwalt? Was zum …! »Ich hab doch niemand umgebracht!«, stieß sie hervor.
    Aber sie merkte, dass er ihr nicht glaubte.
    »Ich glaube, eine Bekannte von mir wurde ermordet.« Die Worte machten sie schwindlig. »Eine Mandantin.«
    »Was heißt, du glaubst, dass sie ermordet wurde?«
    »Nein, ich weiß es. Jedenfalls glaube ich …«
    »Wo ist sie?«
    »Wie?«
    »Deine Mandantin. Wo ist die Leiche?«
    »Das weiß ich nicht. Das ist ja das Seltsame. Ich hab nach ihr gesucht …«
    »Wenn du nicht weißt, wo sie ist, wie kannst du da sicher sein, dass sie tot
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