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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet
Autoren: L Griffin
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ist?«
    »Weil ich sie nicht finde. Nirgends. Sie reagiert weder auf Anrufe noch auf SMS.«
    Er ließ die vor der Brust verschränkten Arme fallen, und sein Gesicht nahm einen entspannteren Ausdruck an. »Vielleicht hat sie die Stadt verlassen.«

    »Das hatte sie. Aber sie ist zurückgekommen.« Alex wandte den Blick zur Decke, um nicht auch das letzte bisschen Ruhe zu verlieren, das sie für dieses Gespräch dringend brauchte.
    »Sie hat die Stadt schon vor Monaten verlassen«, erklärte sie. »Ich hab ihr dabei geholfen abzutauchen. Du weißt schon – von der Bildfläche verschwinden.«
    Sie beobachtete seine Reaktion. Manche ihrer Mittel und Wege gingen über das gesetzlich Erlaubte hinaus, und sein Stirnrunzeln sagte ihr, dass er das wusste.
    »Machst du das oft?«
    »Was?«
    »Leute verschwinden lassen.«
    Sie zuckte die Achseln. »Tja, das ist eine Art Marktlücke. Manchmal wollen Leute noch mal von vorne anfangen. Aus verschiedenen Gründen. Ich zeige ihnen, wie sie’s anstellen müssen. Ich glaube, ich kann das ganz gut.«
    Aber nicht gut genug. Diesmal jedenfalls nicht. Alex starrte auf ihre verdreckten Schuhe. Meine Güte, wie fertig sie aussah. Vielleicht hätte sie doch nicht herkommen sollen.
    »Aber wenn du ihr gezeigt hast, wie sie verschwinden kann – woher weißt du dann, dass sie wirklich tot ist?«
    Alex stand auf und ging zum Spülbecken. Sie drückte auf den Seifenspender und wusch sich Hände und Arme. Anschließend drängte sie ihn ein wenig zur Seite, um eine Schublade aufzuziehen.
    »Ich hab Melanie im Oktober getroffen.« Sie trocknete sich mit einem frischen Geschirrtuch ab und kämmte sich das Haar mit den Fingern. »Sie kam nach einem Streit
mit ihrem Mann zu mir. Er hatte sie fürchterlich verprügelt.«
    »Du hättest die Polizei rufen sollen.«
    »Das wollte ich auch, aber sie nicht.« Alex warf das Geschirrtuch auf die Arbeitsplatte. »Ich hab angefangen, alles für ihr Verschwinden vorzubereiten. Das hat ein paar Tage gedauert. Sie hat mir eine Anzahlung gegeben und gesagt, dass wir den Rest später klären würden. Sobald sie einen Job hätte. Ich hab ihr empfohlen, es mit Kellnern zu versuchen.«
    »Warum?«
    »Man kriegt sein Geld meist bar, in Form von Trinkgeld. Wenn man jemand findet, der einen schwarzarbeiten lässt, klappt das ganz gut. Anfangs standen wir noch eine Weile in Verbindung, aber dann hab ich nichts mehr von ihr gehört. Heute habe ich ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass sie ihre Tarnung selbst kaputtgemacht hat.«
    »Wie das?«
    Alex stieß einen Stoßseufzer aus. »Auf jede erdenkliche Weise. Sie hat ihren Job als Kellnerin aufgegeben und in einer Art Klinik angefangen, fast die gleiche Arbeit, die sie hier hatte.«
    »Was das Auffinden viel leichter macht«, bemerkte Nathan.
    »Genau. Und ich habe herausgefunden, dass sie nach Austin geflogen ist. In den letzten zwei Monaten war sie ein paar Mal für ein verlängertes Wochenende hier. Schließlich ist sie sogar hierher zurückgezogen. Quasi direkt zu ihrem Arschloch von Ehemann.«
    »Sie ist wieder zu ihm gezogen?«

    »Nein«, sagte Alex verächtlich. »Aber das macht auch keinen Unterschied. Sobald ich wusste, dass sie wieder in der Stadt war, hatte ich sie innerhalb von zehn Minuten gefunden. Bei ihm ging’s vermutlich noch schneller. Ich bin hingefahren …«
    »Jetzt sag bloß, du bist zu diesem Kerl?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte sie. »Aber ich bin in ihr Haus …«
    »Du bist eingebrochen?«
    »Und als ich da war, brach Feuer aus.«
    »Feuer? Was zum Teufel hast du denn gemacht?«
    »Ich hab gar nichts gemacht! Irgendwer hat es abgefackelt! Absichtlich. Es kann nicht anders sein. Ich bin sicher, dass ein Verbrechen passiert ist. Außerdem sind auf der Veranda hinterm Haus Blutspuren.«
    »Was hat denn die Feuerwehr gesagt?«
    Sie sah zu Boden.
    »Alex? Du hast das doch gemeldet, oder? Erzähl mir nicht, dass du dich einfach aus dem Staub gemacht hast.«
    Beschämt schloss sie die Augen. Sie war weggelaufen wie ein Teenager, aus Angst erwischt zu werden. Sie hatte Mist gebaut. Doch das konnte sie jetzt nicht mehr ändern und ungeschehen machen.
    Sie schlug die Augen wieder auf. Nathan. Wenn sie ihm ihre plötzliche Panik nur verständlich machen könnte! Doch zugleich wollte sie, dass er seine gute Meinung von ihr behielt. Nach den Ereignissen im vergangenen Herbst hatte er sie für klug und vielleicht sogar für mutig gehalten, da war sie sicher. Heute war sie jedoch weder
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