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Wo immer Du bist, Darling

Wo immer Du bist, Darling

Titel: Wo immer Du bist, Darling
Autoren: Alexandra Stefanie Hoell
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man sie aus Büchern kannte, war es nicht gewesen.
    Nach Richards Meinung besaß sie anscheinend auch keine Fähigkeit dazu. Er hatte sie zwar nicht direkt als frigide bezeichnet, aber weit davon entfernt war er nicht mehr gewesen. Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie arrogant er geklungen hatte.
    Santos’ Hand rutschte etwas höher und riss sie aus ihren Gedanken. Die Zähne zusammengebissen versuchte sie, den winzigen Abstand zu ihm beizubehalten, während er das Pferd einen kleinen Absatz hinauftrieb.
    Stundenlang setzten sie den Weg fort, bewegten sich bergauf, dann wieder talwärts. Sie ritten bis tief in die Nacht hinein, ohne Pause, ohne Verpflegung und leider auch ohne eine neue Gelegenheit, das Weite zu suchen.
    Als die Männer endlich von den Pferden absaßen, war sie am Ende ihrer Kräfte – und ihrer Weisheit. Wäre es nicht so demütigend gewesen, sie hätte vor lauter Verzweiflung geweint. Ihre Lage wurde immer aussichtsloser. Selbst wenn ihr noch einmal eine Flucht gelang, was nach ihrem missglückten ersten Versuch doch ziemlich unwahrscheinlich war, hätte sie nicht den Hauch einer Chance, sich in dieser Wildnis zurechtzufinden. Schweren Herzens gestand sie sich ein, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als abzuwarten und zu hoffen, dass die Sache ein gutes Ende nahm.
    Santos zog sie rüde vom Pferd und schleifte sie bis zu einer abseitsstehenden Eiche. Dort fesselte er sie knapp genug an den Stamm, dass sie sich nicht hinsetzen konnte, ohne ihre Arme schmerzhaft zu verdrehen.
    Stolz blieb Anja stehen, auch wenn ihre Beine vor Anstrengung und Hunger schlotterten, auch wenn es ihr nichts brachte, außer einen letzten Rest an Würde zu wahren.
    Ramon verfolgte die Aktion ohne erkennbare Regung, während er ein Lagerfeuer entfachte. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, was der Mann hinter dieser kalten, emotionslosen Maske wohl dachte. Er schien nicht ganz so brutal zu sein wie Santos , soweit sie das nach seinem Verhalten bei ihrem Fluchtversuch beurteilen konnte. Das war das bisher einzige Mal gewesen, bei dem er mit ihr gesprochen, geschweige denn ein gewisses Maß an Gefühlen gezeigt hatte.
    Santos kehrte zu den anderen Männern zurück und sprach einige schnelle spanische Sätze, deren Inhalt alle bis auf Ramon äußerst belustigend fanden.
    Er sah kurz in ihre Richtung. Nur seine Wangenmuskeln traten deutlich hervor, als er ruhig, beinahe unbeteiligt das Wort an Santos richtete. Weil die Brüder während des Gesprächs immer wieder zu ihr herüberblickten, konnte Anja unschwer ableiten, um wen es ging.
    Santos beendete das Thema mit einer wegwerfenden Handbewegung und wandte sich ab. Ramon zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder zum Feuer.
    Als die Männer später die Verpflegung wegpackten, ohne ihr einen Bissen abgegeben zu haben, wurde ihr klar, dass sie sich ihre Essensration durch den Fluchtversuch verspielt hatte.
    Unbeugsam blieb sie aufrecht stehen, als berührte sie das alles nicht im Geringsten. Lieber würde sie sterben, als auch nur um einen Krümel zu betteln. Um sich von dem Hungergefühl abzulenken, ließ sie ihre Gedanken bewusst zu den Ereignissen mit Richard zurückdriften.
    Passend zu seiner Aussage über ihre Abneigung gegen Körperkontakt war er natürlich davon ausgegangen, ihr mangelnder Enthusiasmus beim Sex läge allein an ihr und nicht daran, dass er sich auch nicht gerade übertriebene Mühe gegeben hatte, auf sie einzugehen. Offenbar hatte ihre Zurückhaltung ihn mächtig gestört, doch statt mit ihr darüber zu reden, hatte er sie mit einer anderen Frau betrogen.
    Es tat immer noch weh. Nicht so sehr, dass sie nun von ihm getrennt war, sondern vielmehr der Vertrauensbruch, der damit einherging. Ob sie wohl je wieder bereit wäre, sich von ganzem Herzen auf einen Mann einzulassen?
    Sie begriff langsam, dass Carolin mit ihrem spontanen Dankgebet nach der Trennung goldrichtig gelegen hatte. Der gut aussehende, aalglatte Dr. Richard Hassenfelder hatte ihr unterm Strich nur Kummer gebracht.
    Dabei hatte alles so romantisch begonnen. Jetzt, Monate später, konnte sie nicht mehr fassen, wie märchenhaft sich ihre Beziehung zunächst entwickelt hatte.
    Richard war vor knapp einem Jahr als neuer Assistenzarzt auf ihre Station gekommen. Sechs Jahre älter als sie, blendend aussehend, der Schwarm einer jeden Schwester und Patientin. Das allein hätte ihr eigentlich Warnung genug sein müssen. Trotzdem hatte sie nur zu gern eingewilligt, als er sie nach einem Date
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