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Winterland

Winterland

Titel: Winterland
Autoren: Åke Edwardson
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wieder«, sagte Winter und legte auf.
     
    Er hatte Bücher und Papiere aus den Regalen geräumt. Zwanzig Minuten waren seit dem Gespräch mit Ringmar vergangen. Winter hatte Literatur und Aufzeichnungen über die Kochkunst der ganzen Welt gefunden, aber keine Fotografien.
    Er stand auf und dachte nach.
    Hirschmann hatte doch viel für Geheimnisse übrig gehabt, halb im Spaß und halb im Ernst.
    Ob es hier auch ein geheimes Fach gab?
    Mehr im Ernst als im Spaß?
    Winter nahm so viele Bücher von dem linken Regal herunter, dass er es verrücken konnte. Dann zog er das Regal einen halben Meter von der Wand weg. Dahinter konnte er den Schalter für die Beleuchtung sehen.
    Daneben war ein anderer Knopf, etwas kleiner und fast hinter dem Lichtschalter verborgen. Wer die Hand und den Arm nur von außen hineinsteckte, konnte ihn unmöglich erreichen.
    Winter drückte darauf.
    Nichts geschah.
    Er sah sich um. Nichts rührte sich in dem Arbeitszimmer, das von der Regalbeleuchtung in einen blauen Schimmer getaucht wurde. Es erinnerte an die Beleuchtung in Hirschmanns Restaurantküche, wo vor genau vierundzwanzig Stunden das Schreckliche geschehen war.
    Winter drückte etwas fester.
    Er hörte einen seltsamen Laut, der wie Vogelgesang klang. Das Geräusch kam von der anderen Seite des Raumes, wo auch eine Wand mit Bücherregalen war. Er drückte wieder, und der Laut war wieder zu hören. Es war kein Vogel. Es war ein Schloss, das sich geöffnet hatte, eine nicht geölte Tür, die widerwillig aufgegangen war.
    Winter ging zur anderen Seite des Raumes hinüber. Er holte von dem ersten Regal so viele Bücher, dass er auch dieses Regal vorziehen konnte.
    Der Tresor stand offen. Es war eines der einfacheren Modelle. Jeder noch so dürftig ausgebildete Einbrecher hätte ihn ohne Schwierigkeiten aufgekriegt.
    Aber dazu musste man wissen, wo er war, dachte Winter, beugte sich herab und sah hinein. Zuerst konnte er nichts erkennen, doch nach kurzer Zeit hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Er steckte niemals seine Hand in einen unbekannten Raum. Das war eine gute Grundregel.
    In dem kleinen Räumchen konnte er einen Ordner erkennen. Er nahm ihn heraus. Ansonsten lag nichts in dem Tresor. Er hielt den Ordner vor sich. Quer darüber stand nur ein einziges Wort geschrieben:
    Viareggio.
    Er öffnete den Ordner vorsichtig. Der erste Teil enthielt ein paar Rezepte. Rechts war eine Kolumne mit Jahreszahlen, die fünfzehn Jahre zurück reichten, allerdings zwei oder drei Jahre übersprangen.
    Die nächste Abteilung enthielt noch mehr Rezepte.
    Dort gab es eine Rubrik: »Die besten Rezepte der Welt«.
    Winter blätterte vorsichtig zur nächsten Abteilung, ohne die Rezepte zu lesen. Eine neue Rubrik: »Forts. Die besten Rezepte der Welt«.
    In anderem Zusammenhang hätte das komisch wirken können, doch Winter fand nichts an dem, was er jetzt tat oder sah, komisch. Er spürte plötzlich eine Kälte im Körper aufsteigen, als ob seine Temperatur innerhalb von zwanzig Sekunden um zwanzig Grad gesunken wäre. War da ein Geräusch im Haus zu hören? Er sah auf, doch da draußen war alles still. Alte Häuser gaben manchmal Laute von sich, eigentlich ständig, sie knurrten wie alte knorrige Kerle. Oder auch wie jüngere knorrige Kerle.
    Winter wandte sich der nächsten Abteilung zu, wo er eine Sammlung Fotos fand, immer fein säuberlich vier auf eine Seite geklebt.
    Und er blätterte weiter und weiter und weiter.
    Die Umgebung auf den Fotos war immer dieselbe.
    Er erkannte sie von dem Bild in Angelas Zeitschrift.
    Auf allen Bildern war Hirschmann von Menschen umgeben, doch waren es auf jedem Bild andere Leute. Winter betrachtete das erste Blatt. Nur Lars Hirschmann war immer gleich unter all den Gesichtern, die er hier sah. Hirschmann und die Mauer hinter ihm mit dem Namen der Stadt, in der sie sich befanden.
    Winter blätterte vor und zurück. So viele Gesichter. Männer, Frauen, jüngere, ältere. Ein paar mit weißen Mützen, andere nicht, alle in weißen Schürzen, manche in weißen Kochjacken. An den Frisuren konnte er erkennen, dass seit diesen Aufnahmen einige Zeit vergangen war. Auf einigen Bildern, von denen er vermutete, dass sie in den achtziger Jahren aufgenommen worden waren, hatten die Männer längere Haare. Auf den Seiten im Ordner war kein Datum eingetragen. Es war, als hätte Hirschmann diese Fotos ebenso wie die Rezepte für sich selbst sprechen lassen wollen. Winter versuchte, ein Rezept zu lesen, doch plötzlich
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