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Der Engel Schwieg.

Der Engel Schwieg.

Titel: Der Engel Schwieg.
Autoren: Heinrich Böll
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KiWi 345
    Über das Buch
    Der Engel schwieg, 1949-1951 geschrieben ist Bölls erster Roman; der im Nachkriegsdeutschland spielt. Er beginnt am 8. Mai 1945, dem
    Tag der Kapitulation, und führt mitten hinein in die Trümmerlandschaft
    einer deutschen Großstadt. Vielleicht war das der Grund, weshalb das Manuskript, das ein Jahr lang zur Veröffentlichung vorlag, dann doch nicht erschien. Der damalige Verlag nahm auf den Wandel des Publi- kumsgeschmacks Rücksicht: Man wollte nicht mehr an das unmittelbar zurückliegende Elend erinnert werden.
    So blieb das Manuskript liegen und wurde für Böll Steinbruch und Humus zugleich. Heute liest sich das Buch wie die Kraftquelle der
    Erinnerung, die das Böllsche Werk geprägt hat. Böll zeigt in ihm die
    Existenz des Menschen in der Stunde Null. Ein Soldat, mit falschen Papieren desertiert, kehrt in seine zerbombte Heimatstadt zurück, auf der Suche nach Brot, nach einer Bleibe und nach Menschen. Er findet Menschlichkeit, aber auch die Härte des Eigeninteresses, verbrämt mit christlicher Doppelmoral. Unangefochten davon bleibt die Liebesge- schichte, ›klar und spröde, die der Phrasenlosigkeit der heimkehrenden Generation entspricht, die weiß, daß es keine Heimat auf dieser Welt gibt‹. (Böll)

    Der Autor
    Heinrich Böll, 1917 in Köln geboren, nach dem Abitur Buchhandels- lehre. 1939-45 Soldat, dann Gefangenschaft; nach dem Krieg Student
    und Hilfsarbeiter in der Tischlerei des Bruders; seit 1950 freier Schrift-
    steller in Köln. Für sein Werk erhielt er u.a.: 1967 den Büchner-Preis und 1972 den Nobel-Preis für Literatur, war Präsident des bundesdeut- schen und des internationalen PEN-Clubs. Er starb am 16. Juli 1985.
    Heinrich
    Böll

    Der Engel schwieg Roman

    Mit einem Nachwort von Werner Bellmann

    Kiepenheuer & Witsch
    Aus dem Nachlaß herausgegeben
    von Annemarie, René, Vincent und Viktor Böll und Heinrich Vornweg

    für den Druck eingerichtet von Werner Bellmann und Beate Schnepp. – Nachwort: Werner Bellmann

    5. Auflage 1997
    © 1992, 1994 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf
    in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm
    oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt
    oder verbreitet werden. Umschlaggestaltung Philipp Starke, Hamburg
    Umschlagfoto Sächsische Landesbibliothek –
    Staats- und Universitätsbibliothek Dresden Dezernat Deutsche Fotothek /Fritz Eschen Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck ISBN 3-462-02374-8

    Scanner & K-Leser:

I
–––––––––

    Der Feuerschein aus dem Norden der Stadt war stark genug ihn die Buchstaben über dem Portal erkennen zu lassen: »… cent-Haus« las er und stieg vorsichtig die Stufen hinauf; aus einem der Kellerfenster rechts von der Treppe kam Licht, er zögerte einen Augenblick und versuchte, etwas hinter den schmutzigen Scheiben zu erkennen, dann ging er langsam wei- ter, seinem eigenen Schatten entgegen, der oben an einer unver- sehrten Wand höher stieg und wuchs und breiter wurde, ein schwaches Gespenst mit schlackernden Armen, das sich aufbläh- te und dessen Kopf schon über den Rand der Mauer hinweg ins Nichts gekippt war. Er trat über Glassplitter nach rechts und erschrak: sein Herz klopfte heftiger, und er fühlte, daß er zitterte: rechts in der dunklen Nische stand jemand, jemand, der sich nicht bewegte; er versuchte, etwas zu rufen, das wie »Hallo« klang, aber seine Stimme war klein vor Angst, und das heftige Herzklopfen behinderte ihn. Die Gestalt im Dunkeln rührte sich nicht; sie hielt etwas in den Händen, das wie ein Stock aussah – er ging zögernd näher, und auch, als er erkannte, daß es eine Plastik war, ließ das Klopfen seines Herzens nicht nach: er ging noch näher und erkannte im schwachen Licht einen steinernen Engel mit wallenden Locken, der eine Lilie in der Hand hielt; er beugte sich vor, bis sein Kinn fast die Brust der Figur berührte, und blickte lange mit einer seltsamen Freude in dieses Gesicht, das erste Gesicht, das ihm in der Stadt begegnete: das steinerne Antlitz eines Engels, milde und schmerzlich lächelnd; Gesicht und Haar waren mit dichtem dunklem Staub bedeckt, und auch in den blinden Augenhöhlen hingen dunkle Flocken; er blies sie vorsichtig weg, fast liebevoll, nun selbst lächelnd, befreite das ganze milde Oval von Staub, und plötzlich sah er, daß das Lä- cheln aus
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